Wenn die Solarpflicht auf ein überlastetes Stromnetz trifft

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In der Politik hat sich schon vor einiger Zeit die Erkenntnis durchgesetzt, dass Photovoltaik-Anlagen auf Gebäuden und anderen bereits versiegelten Flächen wie Parkplätzen gegenüber Anlagen auf der grünen Wiese vorzugswürdig sind. Sie greifen weniger in die Natur ein und können – zumindest in der Theorie – die vorhandene Leitungsinfrastruktur nutzen. Mit verschiedenen Regelungen wird daher versucht, den Neubau entsprechend zu steuern.

Solarpflicht

Ein wesentlicher Baustein ist dabei eine gesetzliche Solarpflicht, wie sie in den letzten Jahren von einer Mehrheit der deutschen Bundesländer zum Klimaschutz eingeführt worden ist. So schreibt beispielsweise das Klimagesetz Baden-Württemberg in § 23 vor, dass beim Neubau eines Gebäudes oder eines Parkplatzes sowie bei einer Dachsanierung grundsätzlich eine Solaranlage installiert werden muss. Für Nordrhein-Westfalen findet sich die Verpflichtung in § 42a (Gebäude) beziehungsweise § 48 (Parkplätze) der Landesbauordnung. Dem Bauherrn steht es dabei frei, ob er die Anlage selbst installiert und betreibt oder die Dachfläche beziehungsweise den Parkplatz zu diesem Zweck an einen Dritten verpachtet.

Selbst wenn ein Bundesland (noch) keine gesetzliche Solarpflicht hat, können kommunale Bebauungspläne eine solche Verpflichtung enthalten. Die EU legt mit der Gebäuderichtlinie noch einen drauf: Als ein Schritt zu klimaneutralen Häusern in Europa werden ab 1. Januar 2027 schrittweise alle Bauherren zur Errichtung von Solarenergieanlagen verpflichtet. Bei öffentlichen Gebäuden wird es sogar eine Nachrüstverpflichtung geben. Die Einzelheiten sollen die Mitgliedstaaten regeln.

Einspeisevergütung als Anreiz

Die erste Fassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes aus dem Jahr 2000 sah bekanntlich für Strom aus solarer Strahlungsenergie eine pauschale Vergütung von 99 Pfennig pro Kilowattstunde vor, ohne dass es auf die Größe oder den Standort der Anlage ankam. Die Vergütung sollte jährlich um 5 Prozent sinken und auslaufen, wenn eine installierte Leistung von 350 Megawatt erreicht ist.

Mittlerweile sind laut dem Statistischen Bundesamt in Deutschland Photovoltaik-Anlagen mit einer Nennleistung von insgesamt rund 111.140 Megawatt installiert (Stand: August 2025) und die Regelungen zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen sind deutlich komplexer geworden. Die heutige Fassung des EEG unterscheidet im Wesentlichen zwischen der Marktprämie, der Einspeisevergütung und dem Mieterstromzuschlag. Kurz vor der Bundestagswahl wurde mit dem „Solarspitzengesetz“ eingeführt, dass bei negativen Strompreisen am Spotmarkt prinzipiell keine Vergütung gezahlt wird. Dies erschwert einem potenziellen Anlagenbetreiber die Kalkulation der Wirtschaftlichkeit.

Netzanschluss

Bei Erlass der Solarpflicht sind die Bundesländer wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass die Anlagen an das Stromnetz angeschlossen werden und der Anlageeigentümer eine Einspeisevergütung erhält. An sich wären die Netzbetreiber nach dem EEG auch verpflichtet, Photovoltaik-Anlagen unverzüglich und vorrangig an ihr Netz anzuschließen. Aber Papier ist bekanntlich geduldig. Es häufen sich Berichte, dass Anschlussbegehren wegen Überlastung des Netzes auch bei kleineren Solaranlagen zurückgewiesen werden.

In dieser Situation hat der von einer Solarpflicht betroffene Bauherr prinzipiell drei Handlungsoptionen:

  • Er geht gegen den Netzbetreiber vor und zwingt ihn zum Anschluss der Solaranlage.
  • Er bemüht sich um eine Ausnahme von der Solarpflicht und verzichtet auf die Installation der Photovoltaik-Anlage.
  • Er verzichtet auf die Einspeisung des Stroms in das Netz und nutzt diesen ausschließlich selbst.

Jede dieser Optionen ist mit ihren eigenen Herausforderungen verbunden.

Klage gegen den Netzbetreiber? Der gesetzliche Anspruch auf Netzanschluss und Übermittlung eines genauen Zeitplans kann vor Gericht eingeklagt werden. Etwas versteckt findet sich im EEG sogar eine Regelung, die dem Anlagenbetreiber zu einer schnellen gerichtlichen Entscheidung gegen den Netzbetreiber verhelfen kann. Nach § 83 kann das Gericht vor einer endgültigen Entscheidung eine einstweilige Verfügung aussprechen. Ein solches Eilverfahren sollte in wenigen Wochen abgeschlossen sein. Das Gerichtsverfahren ist jedoch mit Kosten verbunden und lohnt sich daher im Regelfall allenfalls bei größeren Anlagen.

Ausnahmen von der Solarpflicht: Einfacher und preiswerter erscheint es daher für den Bauherrn, bei der Baubehörde eine Ausnahme von der Solarpflicht zu beantragen. Das rechtliche Argument ist dabei stets die Unverhältnismäßigkeit. Diese kann sich daraus ergeben, dass der Bau und Betrieb der Photovoltaik-Anlage für den Bauherrn wegen der fehlenden Einspeisevergütung zum Zuschussgeschäft wird. Beispielsweise gilt eine Anlage nach der nordrhein-westfälischen Solaranlagen-Verordnung als unwirtschaftlich, wenn die Amortisationszeit mehr als 25 Jahre beträgt.

Der Teufel steckt jedoch im Detail. So kann in einigen Bundesländern die Solarpflicht auch durch eine solarthermische Anlage zur Wärmeerzeugung erfüllt werden. Dann spielen der Netzanschluss und die Einspeisevergütung offensichtlich keine Rolle. Zudem ist nicht geregelt, wie belastbar der Nachweis der Unwirtschaftlichkeit sein muss. Genügt die pauschale Aussage des Netzbetreibers, dass er keine Photovoltaik-Anlagen anschließt? Oder muss der Bauherr erst die Anlage planen und dann die förmliche Ablehnung seines Anschlussbegehrens abwarten?

Inselbetrieb: Als letzte Option zur Erfüllung der Solarpflicht bleibt der Inselbetrieb. Hier liegen die Herausforderungen weniger in rechtlichen als in technischen und wirtschaftlichen Fragen. Ein wesentlicher Faktor ist dabei natürlich der eigene Stromverbrauch und ob dieser ohne Speicher sinnvoll bedient werden kann. Denn eine Verpflichtung zum Bau von Stromspeichern für den Sonnenstrom besteht in keinem Bundesland.

Fazit

Beim Thema Solarpflicht zeigt sich einmal mehr, dass viele Köche den sprichwörtlichen Brei verderben. Der Gesetzgeber schafft eine Verpflichtung, für deren Umsetzung der Bauherr auf den Netzbetreiber angewiesen ist, wenn die Baubehörde keine Ausnahme zulässt. Dies hat großes Frustrationspotenzial. Im Interesse der Energiewende sollten die Abläufe daher so vereinfacht werden, dass die Solarpflicht gerne umgesetzt wird.

Dennis Kümmel, Rechtsanwalt, Kanzlei FPS Fritze Wicke Seelig– Der Autor Dennis Kümmel ist Rechtsanwalt im Frankfurter Büro der Kanzlei FPS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH & Co. KG. Als Fachanwalt für Verwaltungsrecht berät er zum Bau-, Umwelt- und Energierecht. –

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