Grenzenlos laden: Wie die AFIR das Reisen mit dem E-Auto in Europa neu definiert

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Sommerzeit ist Urlaubszeit –und immer öfter steht für die Familienreise, den Roadtrip zu zweit oder den Campingausflug quer durch Europa ein Elektroauto vor der Haustür. Doch während noch vor wenigen Jahren ungewiss war, wo der nächste Ladepunkt wartet, ist eine Reise ins europäische Ausland heute zunehmend ein gut planbares Erlebnis. Nicht zuletzt dank der neuen Vorschriften der Alternative Fuels Infrastructure Regulation (AFIR). Von Portugal bis nach Norwegen entwickelt diese EU-Verordnung die elektrische Mobilität schrittweise weiter und verspricht eine bessere, einheitliche Ladeinfrastruktur.

Doch wie weit ist der Fortschritt wirklich? Welche Chancen und Hürden ergeben sich für Anbieter, Infrastrukturbetreiber und Reisende? Und was bedeutet das konkret für die Sommerreise 2025?

Reisen ohne Reichweitenangst: Der E-Auto-Urlaub wird normal

Elektromobilität ist im Alltag angekommen und längst auch im Urlaub. Laut einer aktuellen Studie von Alphabet Fuhrparkmanagement  sind bereits 82 Prozent der Elektroautofahrerinnen und -fahrer in Deutschland mindestens einmal mit einem vollelektrischen Fahrzeug in die Ferien gefahren. Kein Wunder, denn: Mit modernen Fahrzeugen, die Reichweiten von 400 Kilometern und mehr meistern können, besseren Ladeplanungstools und der Verbreitung von Schnellladestationen sind heute selbst längere Reisen mit dem Elektroauto praktikabel.

Auch in der Camping-Szene hält das Elektroauto Einzug. So gaben in einer (nicht repräsentativen) Umfrage des Auto Club Europa (ACE), knapp 20 Prozent der Befragten an, bereits Anhänger oder Wohnwagen mit einem E-Auto gezogen haben. Die Zahlen zeigen: Elektromobilität ist mittlerweile Realität auf Europas Straßen – auch jenseits der eigenen Landesgrenzen.

Europa im Ländervergleich: Noch viel Luft nach oben

Dennoch: Die Zufriedenheit steht und fällt mit dem Ladeerlebnis unterwegs. Und da zeigen sich weiterhin Schwächen. So betont beispielsweise der ADAC, dass eine gute Flächenabdeckung und ausreichend Schnellladepunkte essenziell sind, damit sich E-Mobilität auch beim Reisen durchsetzt. Zwar kommen derzeit im Schnitt bereits rund sieben E-Fahrzeuge auf einen öffentlichen Ladepunkt – ein Wert, der über der EU-Empfehlung liegt. Doch die Zahlen täuschen über starke regionale Unterschiede hinweg. Während Länder wie Deutschland, Frankreich oder die Niederlande jeweils über 150.000 Ladepunkte zählen, sind viele osteuropäische Staaten noch deutlich unterversorgt.

Nutzerinnen und Nutzer kritisieren zudem selbst Ende des vergangenen Jahres noch den Wildwuchs bei Bezahlmethoden: 15 Prozent der Befragten beklagen sich über zu viele verschiedene Ladekarten oder Apps, 12 Prozent bemängeln uneinheitliche Zahlprozesse nur bezogen auf Deutschland.

pv magazine Deutschland - Neue Ausgabe

Die AFIR ist auch Thema in der neuen pv magazine Ausgabe, genauer: in den Beiträgen zu unserer Marktübersicht für Wallboxen. Die Beiträge im Einzelnen:

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AFIR: Ein Versuch, das Laden zu vereinheitlichen

Hier setzt die AFIR an. Die EU-Verordnung ist Teil des „Fit for 55“-Klimapakets und soll durch klare Mindeststandards für Ladeinfrastruktur ein einheitlicheres Ladeerlebnis in ganz Europa schaffen. Ziel ist es, Hemmnisse bei der grenzüberschreitenden Nutzung von E-Fahrzeugen abzubauen und so die Akzeptanz zu erhöhen. Sie sieht vor, dass bis 2025 entlang der Hauptverkehrsachsen (dem sogenannten TEN-T-Netz) alle 60 Kilometer Ladepunkte mit mindestens 150 Kilowatt Leistung errichtet werden. Für den Schwerlastverkehr gelten sogar 350 Kilowatt als Pflicht, welche vollumfänglich bis 2030 ausgebaut werden müssen. Damit einher gehen eine Reihe technischer und nutzerfreundlicher Anforderungen:

  • Zahlungsfreiheit: Ad-hoc-Laden ohne vorherige Registrierung muss möglich sein – etwa via Kreditkarte oder QR-Code und mit Roaming-Fähigkeit.
  • Technische Interoperabilität: Das Combined Charging System (CCS) wird als europaweiter Standard für DC-Ladung festgelegt.
  • Datentransparenz: Ab 2025 müssen Betreiber statische und dynamische Informationen zu Standort, Preis und Auslastung kostenfrei über Schnittstellen wie National Access Points (NAP) in Echtzeit öffentlich zugänglich machen. Die Anforderungen basieren dabei auf der EU-Verordnung (EU) 2025/655, für technische Spezifikationen zu APIs (Programmierschnittstellen) und Datenformaten.

AFIR in der Praxis: Was auf CPOs zukommt

Für Ladeinfrastrukturbetreiber (Charge Point Operator, CPO) wie beispielsweise Mer bringt die AFIR nicht nur technische Anpassungen mit sich, sondern auch einen strategischen Wandel. Die Vorgaben machen Investitionen in Nachrüstungen, Backend-Anpassungen und Schnittstellenarchitekturen unumgänglich.

Besonders herausfordernd bleibt auch mit der AFIR das Thema Netzanschluss, etwa im ländlichen Raum oder entlang von Autobahnen, wo der Ausbau stark von der Kooperation mit Netzbetreibern abhängt. Auch bestehende Standorte müssen, falls noch nicht vorhanden, bis 2026 technisch aufgerüstet werden, etwa durch offene Bezahlsysteme, Roaming-Fähigkeit, transparente Preisinformationen und ISO 15118-Kompatibilität. Hinzu kommt die komplexe Abstimmung mit nationalem Recht, das nicht immer reibungslos zur europäischen Verordnung passt.

Doch wer bereits heute über ein starkes Partnernetz, technologische Standards wie Plug & Charge und AFIR-relevante Standorte verfügt, kann sich im Wettbewerb als Qualitätsanbieter profilieren – insbesondere im wachsenden Lkw-Segment.

Ein Blick in die Zukunft

Die AFIR ist kein Allheilmittel. Ein Aspekt, den sie beispielsweise bisher nur am Rand streift, ist die Ladeinfrastruktur an den Urlaubszielen selbst. Während der Fokus vor allem auf Fernstraßen liegt, bleiben Ladepunkte an Hotels, Ferienwohnungen und Campingplätzen eine Baustelle – sie sind nicht verpflichtend geregelt. Dabei sind sie für Reisende oft der entscheidende Komfortfaktor.

Hier besteht eine Lücke, die privatwirtschaftlich gefüllt werden kann. Für Betreiber ergibt sich daraus ein weiteres wichtiges Handlungsfeld, das touristische Regionen langfristig noch stärker in die Mobilitätswende einbinden kann. Für Besitzer von Ferienanlagen ergibt sich zudem die Möglichkeit, nicht nur die Attraktivität zu erhöhen, sondern auch ökologische Verantwortung zu zeigen.

Johannes Sell, Product Development Manager Public, Mer Germany — Der Autor Johannes Sell ist Product Development Manager Public bei Mer Germany. Dort verantwortet er seit über zwei Jahren die Weiterentwicklung von Angeboten im Bereich des Public Charging um den Zugang zu öffentlichen Lademöglichkeiten zu verbessern und E-Mobilität im Alltag einfacher nutzbar zu machen.

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