Die Entwicklung von förderfreien Solarparks, sogenannte Merchant- oder PPA-Projekte, zieht in Deutschland enorm an. Immer mehr Projekte werden auf Flächen geplant und realisiert, die nicht nach dem EEG förderfähig sind. So könnten nach Datenerhebungen von Enervis im Jahr 2021 in diesem Segment gut vier Gigawatt an kumulierter Anlagenleistung den Aufstellungsbeschluss im Rahmen eines Bebauungsplanverfahrens erhalten. Dies ist ein absoluter Rekordwert im Vergleich zur bisherigen Entwicklung. In den beiden vorherigen Jahren lag der Wert noch im Bereich von ein bis zwei Gigawatt pro Jahr.
Damit ist das Segment für Kraftwerke mit Stromabnahmeverträgen (PPA) auf einem guten Weg, den Zubau von Freiflächenanlagen mit Förderung über die EEG-Ausschreibung einzuholen oder sogar zu überholen. Dieses Jahr werden hier runden zwei Gigawatt an Photovoltaik-Projekten Zuschläge aus den drei Freiflächen-Ausschreibungen und den beiden Innovationsausschreibungen erhalten. Der zu erwartende Zubau von Photovoltaik mit Zuschlägen aus den Ausschreibungen wird 2021 voraussichtlich in einer ähnlichen Größenordnung liegen.
Daneben kommen derzeit auch zahlreiche Photovoltaik-Anlagen mit Vergütungsanspruch in der klassischen EEG-Direktvermarktung ohne eine Förderung aus. Grund dafür sind die aktuell hohen Photovoltaik-Marktwerte, so dass Strommarkterlöse die Bedeutung der EEG-Vergütung als Erlösquelle für Photovoltaik-Projekte generell deutlich reduzieren.
Treiber der Entwicklung von PPA-Anlagen
Der wichtigste Treiber für den starken Zuwachs von PPA-Projektplanungen ist die attraktive Erlösperspektive. Dafür ist der Verlauf der im Markt typischen PPA-Preise die beste Näherung und diese sind in den letzten Monaten analog zu den deutschen Strompreisen deutlich angestiegen. Aktuell liegen die Preise für 10-jährige PPAs typischerweise über 50 Euro pro Megawattstunde. Damit lassen sich zahlreiche Freiflächen-Solarparks mit marktüblicher Kostenstruktur ohne Förderung finanzieren.
Ein weiterer wichtiger Faktor für den PPA-Boom ist das große Flächenpotenzial. Nimmt man an, dass 2 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche in Deutschland, die nicht EEG-förderfähig ist, mit Photovoltaik bebaut werden kann, so ergibt sich eine Fläche von fast 250.000 Hektar. Davon ist derzeit nur ein kleiner Teil bebaut und es lässt sich ein Zubaupotenzial von etwa 200 Gigawatt ungeförderter Photovoltaik abschätzen.
Regionale Schwerpunkte der PPA-Projekte
Ein großer Teil der Solarparks auf nicht EEG-förderfähigen Flächen wird in Ostdeutschland entwickelt, jedoch mehren sich auch in anderen Regionen die PPA-Projekte. Die Karte zeigt Landkreise in dunklem grün, in denen aktuell solche Projekte entwickelt werden und in unserem PV-Datensatz erfasst sind. Die Daten stammen aus dem Sommer 2021.
Was könnte die Entwicklung bremsen?
Eine zunehmende Hürde für den Ausbau von großen Photovoltaik-Anlagen stellen begrenzte Verteilnetzkapazitäten dar. Gerade in Regionen mit viel Photovoltaik-Einspeisung kommen die Netze bereits heute an ihr Limit, sodass der Netzentschluss zunehmend kompliziert und durch weiter entfernte Netzverknüpfungspunkte und die Notwendigkeit neuer Umspannwerke teilweise sehr teuer wird.
Der Aufwand und die Dauer der Genehmigungsplanung von großen Solarparks ist zwar noch moderat im Vergleich zu Windparks in Deutschland. Dennoch ziehen sich Bebauungsplanverfahren von größeren Projekten teils deutlich in die Länge, wie aus einer Auswertung von über 2.000 Photovoltaik-Freiflächenprojekten in unserem Datensatz hervorgeht. Der Median für die Dauer vom Aufstellungsbeschluss bis zum Satzungsbeschluss liegt bei 13 Monaten. Viele größere Projekte mit mehr als 50 Megawatt Leistung brauchen jedoch länger als EEG-Projekte bis 20 Megawatt.
Der aktuell zu beobachtende Anstieg der Investitionskosten ist ein weiterer potenzieller Bremsklotz für das Wachstum im PPA-Segment. Ein Grund dafür sind steigende Rohstoffpreise: Stahl, Aluminium, Silber und Kupfer machen einen wesentlichen Teil der Kostensteigerung aus. Zusätzlich tragen ausgerechnet höhere Kohlepreise zu erhöhten Produktionskosten für Module bei, da für die Wertschöpfungskette in China der Brennstoff Kohle ein wichtiger Faktor ist. Jedoch korrelieren die Rohstoffpreise tendenziell mit den Strompreisen am Spot- und Terminmarkt, sodass Marktwerte bei höheren Rohstoffkosten ebenfalls ansteigen und auch das PPA-Erlöspotenzial verbessern.
Ausblick
So positiv die aktuelle Entwicklung für den Zubau von Merchant-Projekten sein mag, ist zu bedenken, dass das Strompreisniveau in Spot- und Terminmärkten und damit die PPA-Preise auch wieder fallen können. Denn PPA-Preise hängen an der Strommarktentwicklung und sind daher per se volatil; sie ändern sich somit während der Projektierungsphase. Um zu verhindern, dass Photovoltaik-Projekte in der Entwicklung durch fallende PPA- unter Druck geraten oder sogar scheitern, ist es daher ratsam, die Wirtschaftlichkeit rigoros zu optimieren.
Bei Projekten mit besonders hohen Pachtkosten, kleinen oder anderweitig suboptimalen Flächen oder einem sehr teuren Netzanschluss, sollten Investitionen in die Projektentwicklung stets besonders gut überlegt sein. Ein Aspekt, welcher bei der wirtschaftlichen Optimierung teilweise (noch) vernachlässigt wird, ist der Wert des Erzeugungsprofils eines Photovoltaik-Projektes am Strommarkt. Da Stunden mit wenig Sonneneinstrahlung tendenziell höhere Strompreise aufweisen, während die Strompreise in Stunden mit viel Solarerzeugung zunehmend unter Preisdruck geraten, können alternative Anlagendesigns zur zeitlichen Optimierung des Erzeugungsprofils durchaus attraktiv sein. Da der Strommarkt als zentraler Benchmark für die PPA-Bepreisung fungiert, spielt das Erzeugungsprofil auch für den PPA-Preis eine wichtige Rolle. In einer ganzheitlichen Betrachtung von Kosten, Erzeugungsprofil und Strommarkterlösen werden nach unseren Berechnungen deshalb zunehmend neue Anlagenkonzepte wie Ost-West-Ausrichtung, senkrechte Aufstellung mit bifazialen Modulen und einachsige Tracker im Vorteil sein.
— Der Autor Benedikt Ziegert arbeitet als Berater bei der energiewirtschaftlichen Beratungsgesellschaft Enervis Energy Advisors GmbH in Berlin und unterstützt Unternehmen bei taktischen und strategischen Fragestellungen der Photovoltaik-Branche. Unter anderem ist er für die PV-Auktionsmodellierung und Auktionsstudien verantwortlich. —
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Die armen Großanlagenbauer! Bei 6,5 Eurocent pro kWh für Anlagen welche im Vergleich nicht einmal die Hälfte kosten , was ein Häuslebauer für seine Anlage bezahlen muss. Auch der Privatmann bekommt nicht mehr EEG als die Konzerne bei diesen Großanlagen. Die Politik muss diesen Unternehmen vorschreiben, die Bevölkerung mitzunehmen und die Gemeinden auch zu beteiligen. Sonst passiert das gleiche wie bei den Windrädern. Die Akzeptanz kippt dann ganz schnell um in Abneigung und auch Hass. Ich wohne am stadtrand von Berlin und habe mir den Solarpark in Weesow schon angeschaut. Es gibt hier Maisfelder mit mehreren hundert Hektar am Stück. Solarenergie ist 100 fach effektiver als Mais für Bioanlagen. Solarmodule mit Blühstreifen dazwischen würden diesen durch Trockenheit über die letzten 5 Jahre stark ramponierten Böden sehr gut tun. Hier würde sich auch eine umfangreiche Produktion von Wasserstoff anbieten, da Windstromerzeugungsanlagen kombiniert werden können. Dadurch wäre der Netzausbau auch wesentlich billiger.
Ernst Gruber sagt:
. Die Politik muss diesen Unternehmen vorschreiben, die Bevölkerung mitzunehmen und die Gemeinden auch zu beteiligen. Sonst passiert das gleiche wie bei den Windrädern. Die Akzeptanz kippt dann ganz schnell um in Abneigung und auch Hass
@ Ernst Gruber.
In erster Linie muss die Politik dafür sorgen, dass sich nicht zwei separate Energiewenden entwickeln, wie das gerade der Fall ist. Während mit PPA Verträgen der Ökostrom unbeschadet mit seinem Grünen Privileg – entsprechend honoriert – zum Kunden kommt, müssen die kleinen dezentralen EEG Erzeuger ihren Strom nach wie vor am Spotmarkt der Strombörse – zu Graustrom degradiert – mit all den negativen Folgen, als Überschuss verramschen lassen. Dazu kommt, dass auf der einen Seite im Zuge der Klimaeuphorie PV Pflicht für alle Dächer gefordert wird, auf der anderen Seite aber der atmende Deckel dafür sorgt, dass die Vergütungen für diese „Pflichtdächer“ bei zunehmenden Einspeisungen, kontinuierlich sinken. Wenn da nicht bald bei einigen Politikern der Groschen fällt, lachen die von der anderen Seite der Energiewende sich mal wieder ins Fäustchen.
Neu hinzu gekommene Leser können im Folgenden sehen wie der EEG Strom der „Kleinen“ seit 2010 behandelt wird.
Siehe hier unter Auswirkungen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Ausgleichsmechanismusverordnung
Lieber Herr Diehl. Ich lese diese Seiten regelmäßig und in jedem ihrer Beiträge prangern sieht die Ungerechtigkeit bei dem System der Kleinerzeuger an. Ich sehe es auch als eine bodenlose Unverschämtheit an, das Ökostrom nicht mehr vorrangig verbraucht werden muss. Dies muss die neue Regierung schnellstens ändern. Ich habe das aber nicht in meinen Beitrag geschrieben, da sie täglich dies anprangern.
@ Ernst Gruber.
Sorry wenn es etwas unglücklich rüber gekommen ist. Ich hätte nicht schreiben sollen „In erster Linie muss die Politik…..“ sondern ergänzend zu Ihrem Beitrag.
Übrigens von meinen gebetsmühlenartigen Hinweisen auf diese energiepolitische „Volksverdummung“ lasse ich deshalb nicht ab, weil es zum einen zeigt wie sich das in allen Bereiche der Energiewende
negativ nieder schlägt, und zum anderen hoffe ich, dass immer mal neue Leser, möglicherweise auch Politiker, hier fündig werden.
@ Hans Diehl.
Ihre Meinung erreichen hier leider nur wenige.
99% der deutschen Bürger sind der Meinung das Ökostrom sehr wertvoll ist. Dieselbe Anzahl an Bürgern weiß aber nicht, dass der Kohlestrom Vorrang hat. Dies wird auch offensichtlich bewusst nicht kommuniziert. Auch kein Medienkonzern wird sich dazu bereit erklären, denn er müsste wirtschaftliche Konsequenzen fürchten.
@ Ernst Gruber.
Wenn ich diesbezüglich von gravierender Unkenntnis gehört oder gelesen habe, habe ich öfter schon mal meine Meinung, ( belegte Tatsachen ) so wohl an Kontaktadressen der politischen Parteien, als auch an Redaktionen verschiedener Zeitungen gemailt, und dabei auf dieses Forum hingewiesen.
Manchmal habe ich auch zustimmende Rückmeldungen von Autoren bekommen. Ich muss ihnen allerdings zustimmen, wenn Sie von wirtschaftlichen Folgen für Medienkonzerne schreiben. Was die Autoren dann schreiben „dürfen“ bestimmen andere.
Am Ende der Neunzigerjahre besuchte ich eine Veranstaltung mit H.J.Fell. Der begann seinen Vortrag in dem er vier bekannte Zeitschriften ins Publikum hielt, mit der Bemerkung, alles was sie hier über die Energiewende lesen, müssen sie nach den beiden letzten Seiten beurteilen. Die zeigte er dann mit großflächigen Anzeigen von RWE, EON oder Vattenfall.