Methanol aus erneuerbaren Energien – Chance für eine grüne industrielle (R)evolution im ländlichen Raum

Teilen

Schaut man den Markt der Entwicklung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen an, so scheint es nur noch einen Trend zu geben: Steil nach oben. Endlich -, muss man sagen, denn wenn der Wirtschaftsminister schon zugeben muss, dass Deutschland zukünftig deutlich mehr Strom verbrauchen wird als bisher geplant, dann kann diese zunehmende Stromlücke nur durch den massiven Ausbau von erneuerbaren Energien wie Photovoltaik und Windkraft geschlossen werden.

Dass der Zubau mit den angedachten Ausschreibungsvolumina für nach dem EEG geförderten Photovoltaik-Anlagen nicht allein gelingen kann, scheint offensichtlich. Darauf kommt es aber längst nicht mehr an, denn förderfreie große Solarparks können längst wirtschaftlich betrieben werden und werden jenseits der bisherigen Maximalgrenze von 20 Megawatt entwickelt. Sie werden in den kommenden Jahren durch ihre schiere Größe für einen exponentiellen Zuwachs an sauberer Energie sorgen.

Bleibt das Thema mit den benötigten Flächen und der Akzeptanz.

Die üblicherweise bevorzugten Konversionsflächen, Straßen – und Schienenrandstreifen sowie bauliche Anlagen, sind begrenzt und oft nicht geeignet, Solarparks zu den notwendigen Kosten zu bauen und zu betreiben. Außerhalb des EEG besteht grundsätzlich die Möglichkeit, Solarparks überall dort zu bauen, wo dies nicht baurechtlich ausgeschlossen ist. Diese Flächenkulisse ist von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich. Auf Deutschland bezogen beträgt die landwirtschaftliche Fläche, die für den Anbau von Energiepflanzen wie Mais und Raps genutzt wird etwa 2,2 Millionen Hektar*. Schon ein Bruchteil dieser Flächen genügt, um das Problem der Flächen für den Ausbau der Photovoltaik-Freiflächenanlagen zu lösen.

Wäre da nicht das oft aussichtslose Ringen um die Akzeptanz in den Gemeinden vor Ort, denen man diese riesigen Parks vor die Haustür stellt. Gerade in strukturschwachen Regionen wie dem Nordosten unseres Landes fragen Gemeinden zu Recht: Warum sollen wir unsere landwirtschaftliche Fläche dafür hergeben, dass der saubere Strom über teure Trassen in die südlichen und westlichen Landesteile transportiert wird, um dort für die industrielle Wertschöpfung zu sorgen.

Es wäre naiv zu glauben, dass das Versprechen auf zukünftige Gewerbesteuereinnahmen und die finanzielle Beteiligung der Kommunen und Bürger durch die Anlagenbetreiber auch nur ansatzweise vergleichbar wäre mit der Wertschöpfung anderer Regionen, in denen der erzeugte Strom „veredelt“ wird. Da sind sicher solche Initiativen wie „Gute Planung von PV-Freilandanlagen“ ein erster wichtiger Schritt zur Akzeptanzsteigerung, aber noch lange nicht das Ende der Möglichkeiten.

Es braucht ein neues „Selbstbewusstsein“ der Gemeinden!

„Saubere Energie“ ist grünes Gold, so wie früher Öl als schwarzes Gold bezeichnet wurde. Gewerbe und Industrie brauchen diesen Schatz und verstehen dessen Verfügbarkeit als absoluten Standortvorteil bei der zukünftigen Standortwahl. Gemeinden sollten bei der Genehmigung von Baumaßnahmen oder der Auswahl von konkurrierenden Entwicklungsprojekten stark darauf achten, dass an den jeweiligen Standorten mehr entsteht als nur der blanke Solar- oder Windpark mit Alibi-Elektroladestation.

Auf Rückenwind aus den Bundesministerien sollte nicht gewartet werden. Bedauerlicherweise haben es das Bundeswirtschafts- und das Bundesverkehrsministerium mit ihrer Nationalen Wasserstoffstrategie vom Juni 2020 und der „Important Projects of Common European Interest“ (IPCEI)-Förderung aus dem Mai 2021 verpasst, die Entwicklung des ländlichen Raums und strukturschwacher Gebiete mit Hilfe der Wasserstofftechnologie zu forcieren. Eine Großzahl an 62 ausgewählten Großprojekten ging erwartungsgemäß in die Entwicklung von Infrastrukturmaßnahmen und industriellen Großprojekten, angeführt von Großkonzernen, und gerade nicht in die Entwicklung innovativer dezentraler Lösungen.

Hingegen würden dezentrale Lösungsansätze den Kommunen die Hebel in die Hand geben, viel stärker darauf zu drängen, industrielle Wertschöpfung in ihre Region zu holen und damit langfristig sichere Arbeitsplätze und Wohlstand zu schaffen und in der Folge die Akzeptanz gerade bei den Bürgern zu erhöhen.

Methanol-Produktion als Chance für eine grüne industrielle (R)evolution im ländlichen Raum

Der Produktion von Methanol aus grünem Wasserstoff und biogenem CO2 kommt dabei eine besondere Bedeutung zu, da alle Rohstoffe im ländlichen Raum direkt zur Verfügung stehen und auch alle Nebenprodukte im Wege der Sektorenkopplung Abnehmer finden – und das ganz ohne große, teure und langfristige Infrastrukturinvestitionen.

Genau hier werden wir mit unserem Start-up „East Energy“ ansetzen und den entscheidenden Teil der Wertschöpfung, die Veredelung des Stroms aus Erneuerbarer Energie, vor Ort in den Kommunen belassen. Als Mecklenburger Unternehmen mit Sitz in Rostock fühlen wir uns der Region Nordostdeutschland besonders verbunden und werden die Standortvorteile unserer Region als Produzent von erneuerbaren Energien aus Solar, On- und Offshore-Wind und Biomasse nutzen, um den Kommunen zu zeigen, wie ganzheitliche Wertschöpfung in diesen bisher strukturschwachen Gebieten gelingen kann.

An aktuell drei regionalen Clustern in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg planen wir mit Hilfe eigener neuer und förderfreier Photovoltaik-Freiflächenanlagen grünen Strom zu produzieren, mit dessen Hilfe wir direkt vor Ort in bestehenden Gewerbe- und Industriegebieten in eigenen Elektrolyseuren grünen Wasserstoff produzieren werden. Das für die Methanol-Produktion notwendige biogene CO2 beziehen wir von Biogasanlagen und Holzschnitzelkraftwerken aus der unmittelbaren Nähe mittels Abscheidung, bevor dieses klimaschädlich in die Atmosphäre abgegeben würde. Durch Methanol-Synthese erzeugen wir am gleichen Standort aus dem Wasserstoff und dem Abfallprodukt CO2 Roh-Methanol, welches im Anschluss mittels Destillation zu einem reinen Methanol veredelt wird. Die während dieser Prozesse entstehenden enormen Mengen an Prozesswärme werden wir kommunalen und industriellen Fern- und Nahwärmenetzen zur Verfügung stellen. Der im Prozess entstehende Sauerstoff ist begehrter Rohstoff in Brauchwasseraufbereitungsanlagen. Das Bio-Methanol wird an unterschiedlichste Abnehmer im Rahmen der Treibhausgas-Minderungsquoten vermarktet oder zukünftig sogar vor Ort weiterverarbeitet werden. Für den Betrieb der Anlagen, die Logistik sowie den Service werden langfristig gut ausgebildete Fachkräfte benötigt, wodurch in den Regionen neue hochwertige Industriearbeitsplätze entstehen.

Das Angebotsbündel aus preiswertem grünen Strom, grünem Wasserstoff, Bio-Methanol, Prozesswärme und Sauerstoff für die bestehenden Gewerbe- und Industriegebiete wird in den jeweiligen regionalen Clustern zu erheblichen Standortvorteilen führen und dafür sorgen, dass sich neue Gewerbe- und Industrieunternehmen ansiedeln. Dies ist der Beginn der grünen industriellen Revolution im ländlichen Raum und eine Blaupause für weitere innovative Entwicklungen rund um die Themen erneuerbare Energien und Sektorenkoppelung.

— Der Autor Dirk Petschick ist Geschäftsführer der East Energy Verwaltungs GmbH. Das 2020 gegründete Unternehmen mit Sitz in Rostock plant, baut und betreibt unter der Marke Sun2Grid Photovoltaik-Kraftwerke, die den grünen Strom zum Betrieb eigener Anlagen zur Sektorenkopplung, von der E-Tankstelle bis zum Bio-Methanol-Kraftwerk, liefern. Unter der Marke Sun2Gas plant, baut und betreibt das Unternehmen Bio-Methanol-Kraftwerke, die aus grünem Wasserstoff und CO2-Rückgewinnung Bio-Methanol vor Ort produzieren und an regionale, aber auch überregionale Abnehmer vertreiben. —-

 

*Anmerkung der Redaktion: Diese Zahl ist nach dem Leserhinweis (siehe Kommentare) nachträglich korrigiert worden.

Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion@pv-magazine.com.

Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.