Live-Blog vom 36. PV-Symposium 2021

Wärmewende in der Stadt: Speicher-BHKW für 100 Prozent Fluktuationsausgleich

Paul Grunow vom PI Photovoltaik-Institut Berlin erinnert in seinem Vortrag an die Ursprungsidee von Power to Gas: die Rückverstromung, mit Wasserstoff als Langzeitspeicher. Daran knüpft er an mit seinem Konzept des Speicher-BHKW, einer kleinen Brennstoffzelle mit integriertem Elektrolyseur. Die Anlagen sollen stromgeführt gefahren werden und so winterliche Stromlücken schließen. Das Gasnetz, umgerüstet auf Wasserstoff, dient dabei als saisonaler und zugleich kostengünstiger Speicher.

„Die Speicher-BHKW haben ein ähnliches Durchdringungspotenzial wie die Aufdach-Photovoltaik“, ist Grunow überzeugt. Sie könnten die vorhandenen Gasheizungen ersetzen, vor allem in den Städten. Zwar sind die Anlagen klein – aber die Masse macht’s. Studien zeigten, dass die Transportkosten des Wasserstoffs kein Gegenargument sind, vor allem wenn man die bestehenden Gasleitungen auf diesen Energieträger umrüstet. Auch die Installationskosten sind nach Ansicht Grunows kein Problem, da diese für alle Heizungstechnologien ähnlich sind.

Solarstrom tanken – Vermeiden von Lastspitzen durch PV-optimiertes Laden

Batterie- vor Fahrzeugladung, heißt die Devise beim Lademangement á la SMA. Der Strombezug aus dem Netz wird auf ein Minimum begrenzt, berichtet Stephan Engel von SMA, da nachts das Laden so weit wie möglich aus der Batterie erfolgt. Eine Fluktuation bei der Photovoltaik-Erzeugung, bedingt durch den Wolkenzug, wird durch die schnell eingreifende Batterie ausgeglichen, so dass der Ladevorgang in diesen Momenten nicht unterbrochen werden muss. „Mit dem Zusammenwirken von Photovoltaik, Batterie und Wallbox kann man fast komplett autark werden“, so Engel. Zugleich trägt das System zur Netzglättung bei, vermeidet es doch Lastspitzen sowohl bei Einspeisung als auch beim Bezug.

Ein anderes Thema für SMA ist das dynamische Lastmanagement beim Laden einer größeren Zahl von Fahrzeugen, etwa bei Logistik-Dienstleistern, auf Firmenparkplätzen oder vor großen Hotels. Hier könne man schnell an die Grenze dessen kommen, was der Netzanschlusspunkt und das Netz dahinter vertragen. Ein System für das dynamische Lastmanagement regelt die Ladeleistung so, dass die Vorgaben zur Leistung am Netzanschlusspunkt eingehalten werden – und die Kunden trotzdem mit der verfügbaren Energie ihre Fahrzeuge wie gewünscht geladen bekommen, so Engel.

Biohaus-Stiftung sucht Mitstreiter für die Photovoltaik-Ausbildung in Haiti

Seit 2011 engagiert sich die Paderborner „Biohaus-Stiftung für Umwelt und Gerechtigkeit“ für den Ausbau der Photovoltaik in Haiti. Anfangs hat die Stiftung vor allem Anlagen installiert, die erste auf einem Kinderkrankenhaus auf dem Campus der Sozialorganisation Nuestros Pequenos Hermanos. „Nach einigen Erweiterungen hat die Anlage jetzt eine Leistung von 700 Kilowatt. Damit ist sie die größte Haitis – leider“, sagt Stiftungsvorsitzender Willi Ernst mit Blick auf den schleppenden Solar-Zubau im Land während einer der Mittagstische des Symposiums.

Drei Jahre später erweitert die Stiftung ihr Tätigkeitsfeld in Haiti: Sie organisierte, dass deutsche Solarexperten Schüler der Elektro-Klassen einer Berufsschule auf dem Campus mit der Installation und Wartung von Photovoltaik-Anlagen vertraut machen. Zu Beginn des Programms waren die Experten noch dauerhaft vor Ort. Wegen der sich rapide verschlechternden Sicherheitslage waren dann bald nur noch Kurzaufenthalte möglich. Seit Beginn der Corona-Pandemie geht auch das nicht mehr, den Unterricht hält nun ein ehemaliger Schüler. Bei speziellen Themen unterstützen Experten per Internet aus Deutschland. Die Kursmaterialien hat die Biohaus-Stiftung erstellt.

„Die Schüler werden nicht nur in technischer Hinsicht fit gemacht, sondern auch in betriebswirtschaftlicher – sie lernen, was man braucht, um sich selbstständig zu machen“, berichtet Ernst. Wer danach nicht ein eigenes Geschäft aufbauen will, findet meist schnell eine Anstellung. In den letzten Jahren wurden viele Solarbetriebe gegründet, meist von Haitianern, die zuvor in die USA ausgewandert waren, dort eine Photovoltaik-Ausbildung absolviert haben und dann zurückgekehrt sind.

„Die Perspektiven für die Photovoltaik in Haiti sind gut“, sagt der Paderborner. Nachfrage gebe es zum Beispiel von Hausbesitzern, von denen sich viele heute mit Diesel-Generatoren versorgen. Der Brennstoff ist teuer, die Anlagen sind laut – hier rennt man mit der Photovoltaik oft offene Türen ein. Auch auf Schulen und Gesundheitseinrichtungen entstehen Anlagen, ebenso im Gewerbesektor. Ernst betont aber auch: „In Haiti Geschäfte zu machen ist nicht einfach. Die staatlichen Strukturen sind katastrophal, die Kriminalität ist hoch.“

Wenn die Corona-Pandemie vorüber ist, will die Stiftung ihr Engagement in Haiti wieder ausweiten. So sollen sobald wie möglich erneut Experten aus Deutschland oder anderen europäischen Ländern für Kurzaufenthalte entsandt werden, die dann in drei oder vier Wochen ihr Wissen weitergeben. „Wer sich dafür interessiert, das nötige Fachwissen hat und idealerweise auch noch französisch spricht – bitte melden bei uns!“, so Ernst. Sollten auf absehbare Zeit keine Aufenthalte vor Ort möglich sein, könnten die Experten ihren Unterricht auch online von Deutschland aus abhalten.

Um den Unterricht so praxisnah wie möglich zu gestalten, stattet die Biohaus-Stiftung die Schule immer wieder mit Technologie aus. So hat sie gerade einen Container mit Materialien auf den Weg geschickt, um fünf Ausbildungsplätze einzurichten, an denen die Schüler lernen, Module zu verschalten. Für solche Aktivitäten ist die Stiftung auf die Unterstützung der Solar-Industrie angewiesen, in Form von Geld- oder Sachspenden. „Dafür bekommen die Unternehmen auch etwas zurück. Nicht nur das gute Gefühl, etwas für die Entwicklung eines der ärmsten Länder der Welt zu tun – sondern auch die Möglichkeit, ihr Engagement für das Marketing zu nutzen“, lockt Ernst.

Photovoltaik und Stromspeicher im Gewerbe

Michaela Zoll von der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin und ihr Team hat in einem Forschungsprojekt Simulationsanalysen für Photovoltaik-Speicher-Systeme in Gewerbebetrieben verschiedener Branchen durchgeführt. Warum es sinnvoll ist, sich mit den Energieflüssen zu beschäftigen, verdeutlicht sie am Beispiel eines realen Unternehmens: Den erzeugten Strom hat die Firma während der Woche nahezu komplett selbst verbraucht, so dass der Speicher nur am Wochenende zum Einsatz kam. Man sollte sein Verbrauchsprofil vor der Installation genau betrachten, rät Zoll – sonst läuft man Gefahr, Photovoltaik-Anlage und Speicher falsch zu dimensionieren.

Für ihre Analysen haben die HTW-Forscher 100 Lastprofile von kleinen bis mittelgroßen Gewerbebetrieben unterschiedlichster Branchen genutzt. Die Abweichungen dabei sind groß: Ein Hotel zum Beispiel hat zwischen 9 und 24 Uhr seinen Hauptverbrauch, früh morgens ist er niedrig. Das Lastprofil der Bäckerei ist hier quasi gegensätzlich, das der Spedition tagsüber nahezu ausgeglichen. Der Produktionsbetrieb braucht während des Tages ebenfalls weitgehend gleichmäßig viel Strom, nachts dagegen sehr wenig. Beim Milchviehbetrieb treten zu den Melkzeiten starke Lastspitzen auf.

Ohne Speicher liegt der Autarkiegrad in allen Branchen bei einem Kilowatt Photovoltaik-Leistung pro Megawattstunde Verbrauch in der Größenordnung von 30 Prozent. Wird zusätzlich ein Speicher mit einer Kapazität von einer Kilowattstunde pro Megawattstunde Verbrauch installiert, steigt der Autarkiegrad auf 52 bis 64 Prozent an – bei der Bäckerei ist der Wert am geringstem, beim Supermarkt am höchsten.

Wie viel Speicherleistung ist sinnvoll? Beim Supermarkt zum Beispiel liegt der Autarkiegrad bei 0,5 Kilowattstunden Speicherkapazität pro Megawattstunde Verbrauch bei 64 Prozent. Bei etwas weniger Kapazität sinkt der Grad nur minimal. Erst bei 0,1 Kilowattstunden Speicherkapazität fällt er deutlich.

Zoll empfiehlt Gewerbebetrieben, Speicher nur dann einzusetzen, wenn die Photovoltaik-Anlage groß genug ist – als Richtwert nennt sie 0,4 bis 0,6 Kilowatt installierter Leistung pro 1 Megawattstunde Verbrauch. Und: Der Speicher sollte im Verhältnis zur Photovoltaik-Anlage nicht zu groß sind, maximal 1 Kilowattstunde Kapazität pro 1 Kilowatt installierter Photovoltaik-Leistung.

Netzintegration von PV-Strom, Batteriespeicher und Sektorenkopplung - Aktuelle Möglichkeiten und Stolpersteine

In der alten, fossilen Energiewelt ging es darum, über Leitungen die örtliche Verfügbarkeit von Strom sicher zu stellen, so Urban Windelen vom Bundesverband Energiespeicher Systeme (BVES) – im neuen, postfossilen System darum, die örtliche Verfügbarkeit zu gewährleisten. Und dafür braucht es Speicher. Nicht allein Batteriespeicher, betont Windelen, sondern die ganze Palette an Technologien.

Dabei sind Speicher quasi das Schweizer Taschenmesser der Energiewende – ein Multifunktionswerkzeug, das gleichermaßen der Optimierung des Eigenverbrauchs, dem Peak Shaving, Insellösungen, der Sektorenkoppelung, der Spannungshaltung und Frequenzregulierung und einigem mehr dient. „Ohne Speicher an Sektorengrenzen kommen wir nicht zur Sektorenkoppelung – sie bringen Flexibilität in die Sektoren“, so Windelen.

Allerdings: Dieses Potenzial lässt sich bislang kaum abrufen, da der rechtliche Rahmen immer noch in der alten, fossilen, zentralisierten Energiewelt verhaftet ist. „Bei der Regulatorik steht die Ampel für Speicher auf Rot“, drückt es Windelen aus. Speicher dürfen nicht Speicher sein – die regulatorischen Bedingungen hindern dabei,  Energie zeitlich zu verschieben. Denn beim Einspeichern gilt der Strom als verbraucht und beim Ausspeichern als erzeugt, die bekannte Doppelbelastung ist die Folge.

Dabei hat die EU mit der Energiebinnenmarkt-Richtlinie die Voraussetzung geschaffen, Speicher als zentrales Instrument für Flexibilität und Stabilität nutzen zu können. Auch rückt die EU die Prosumer ins Zentrum ins Energiesystem. Auf dem Papier sieht das die Bundesregierung genauso, entsprechende Passagen finden sich unter anderem im Klimaschutzprogramm 2030. Real ist aber nichts passiert, so Windelen – die Doppelbelastung besteht weiter, ein Multi-Use von Speichern ist de facto nicht möglich.

Dabei liegen längst Lösungen auf den Tisch, wie sich Prosumer mit Speicher für das Energiesystem aktivieren lassen. Für Haushalte hat der BVES etwa das Konzept „Speicher Flex-Budget“ entwickelt – ein einfaches Ein-Zähler-Modell, mit dem sich alle Anwendungen adressieren lassen. „Jeder Anlagenbetreiber kann sich damit systemdienlich verhalten“, erklärt Windelen. Für Profi-Anlagen nennt er als mögliche Lösung die „Doppelte gewillkürte Vorrangregelung“, bei der Speicher als reiner Netzspeicher behandelt werden. Betreiber müssen nur zwei Zähler installieren, die Zusatzkosten sind überschaubar. Im Kern handelt es sich dabei um eine juristische 1:1-Umsetzung des technischen Vorgangs, die auf dem Konzept der EEG-Clearingstelle basiert. Alle notwendigen Abgaben und Umlagen werden damit bezahlt, die Doppelbelastung aber vermieden.

„Die EU hat verstanden, worum es im Energiesystem der Zukunft geht. Auch die Bundesländer haben sich eindeutig positioniert. Und auf Bundesebene gibt es eine Vielzahl von Förderprogrammen für Speicher – deren Nutzung aber regulatorisch massiv behindert wird, eine absurde Situation“, resümiert Windelen. „Die rechtlichen Lösungen liegen auf dem Tisch, die Speicherbranche ist bereit. Worauf warten wir?“

Modultechnologien für die integrierte Photovoltaik

Warum brauchen wir die Integrierte Photovoltaik? Ganz einfach, so Martin Heinrich, Teamleiter Modulprodukte am Fraunhofer ISE: Weil Freiflächen immer knapper werden. Das technologische Potenzial der Integrierten Photovoltaik liegt hierzulande bei sage und schreibe 3000 Gigawatt – etwa in der Agri-Photovoltaik, der Straßenüberdachung, den Gebäudefassaden oder Autokarosserien.

Neben der Doppelnutzung von Flächen hat die Integrierte Photovoltaik noch weitere Vorteile. So kann man bestehende Infrastruktur-Einrichtungen verwenden, etwa die Batteriespeicher von Elektroautos. Vor allem aber bietet die Integrierte Photovoltaik einen zusätzlichen Nutzen, zum Beispiel mit der Verschattung von Pflanzenkulturen, was zu Mehrerträgen führt. Oder dem Schutz des Straßenbelags vor Sonne und Niederschlag, so dass weniger Wartungsaufwand anfällt. Auch die thermische Isolation, der Lärmschutz, die Verbesserung der Aerodynamik von Fahrzeugen oder auch ein besserer Wasserabfluss und mehr Rutschfestigkeit bei Straßenbelägen sind wichtige Zusatzfunktionen. Wirtschaftlich von Vorteil ist auch, dass die Photovoltaik üblicherweise verwendete Materialien ersetzen kann, etwa an Fassaden oder Lärmschutzwänden. All dem stehen allerdings die höheren Kosten für Module und Wechselrichter entgegen.

Für die Integrierte Photovoltaik eignen sich grundsätzlich alle gängigen Zelltechnologien, kristalline Siliziumsolarzellen genauso wie etwa chalcogenide oder organische Zellen oder III-V-Zellen. Viel Potenzial haben die Perowskite. All diese Zelltypen haben spezifische Vor- und Nachteile.

Der Spielraum beim Design hängt in hohem Maße von der Verschaltung ab. Die Flach- und Runddrahtverschaltung lässt keine optisch hochwertige Lösung zu. Daher kommen diese Module vor allem für die Agri- und Floating-Photovoltaik sowie für Straßenüberdachungen in Frage. Deutlich mehr Möglichkeiten gibt es bei Schindelverschaltung und rückseitig kontaktierten Solarzellen. Diese Module eignen sich etwa für Fahrzeuge und Fassaden.

Wer einen besonderen Fokus auf die Ästhetik legt, hat zwei Möglickeiten: entweder All-Black-Module zu verwenden, mit denen sich die Photovoltaik verstecken lässt, auch mit zusätzlicher Beschichtung oder farbigen Zwischenschichten (was natürlich zu Effizienzverlusten führt) – oder die Photovoltaik in Szene zu setzen, die Zellen sichtbar machen, etwa in Kombination mit farbigen Folien oder einem Mosaik-Design mit rückseitenkontaktierten Solarzellen.

Rückseitengewinn bei PV-Systemen mit Bifazial-Modulen - eine analytische Freifelduntersuchung

Bifaziale Module erobern den Markt, sagt  Dirk Stellbogen vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) – der Photovoltaik-Roadmap ITRPV zufolge wird sie in den kommenden Jahren zur dominierenden Technologie werden, mit einem Marktanteil von 55 Prozent in 2031. Derzeit sind es fast 20 Prozent. Gegenüber der Prognose vom letzten Jahr haben sich die Werte noch einmal erhöht, so Stellbogen.

Verschiedene Studien zeigen, dass der Mehrertrag durch die Nutzung der Einstrahlung auf der Rückseite bei fest installierten, geneigten Anlagen bei 4,5 bis 14 Prozent liegt, bei einachsig nachgeführten Anlagen sind es zwischen 5,7 und 11,4 Prozent

Der Bifazial-Gewinn wird bestimmt durch das Strahlungsangebot, die Wandlungseffizienz für die Einstrahlung auf der Rückseite sowie Verluste durch Inhomogenitäten, die Abschattung durch das Tragegestell oder ähnliches. Der bifazial bedingte Mehrertrag ist stark von Standort und Anlagenaufbau abhängig. Simulationsrechnungen und Ertragsprognosen sind deshalb aufwändig, sagt Stellbogen. Man müsse immer auch mit Mittelwerten arbeiten. Ein Problem dabei: Die Albedo kann sich im Laufe der Zeit stark ändern, so dass die realen Werte später abweichen.

Das ZSW hat auf seinem Testgelände auf einem bestehenden Traggestell 17 bifaziale Module aufgebaut. Als Vergleichsgröße nutzen die Forscher eine interne monofaziale Referenz: Sie haben einige bifaziale Module auf der Vorder- beziehungsweise Rückseite abgeklebt. Ein solcher direkter Vergleich ermöglicht eine sehr aussagekräftige Bewertung von Zugewinnen und Verlustfaktoren, so Stellbogen.

In der zwischen November 2020 und März 2021 durchgeführten Freifelduntersuchung verzeichneten die Experten einen Bifazial-Gewinn von 9,1 Prozent. Die Performance Ratio der Rückseite lag bei etwa 52 Prozent. Das bedeutet rund 27 Prozent Verluste, unter anderem durch das nicht optimierte Gestell. Stellbogen ist überzeugt: „Angesicht von 9,1 Prozent Zugewinn sind bifaziale Module eine sehr sinnvolle Option für das Repowering von Solarparks!“

Leistungselektronik – Entwicklungen und Trends

Wie sieht der Markt für Wechselrichter derzeit aus? Christian Schöner vom Fraunhofer ISE gibt einen kurzen Überblick. Dreiphasige String-Wechselrichter bis 99 Kilowatt kommen derzeit auf einen Marktanteil von 50 Prozent, solche über 99 Kilowatt auf 36 Prozent. Auf Mikro-Wechselrichter entfallen 12 Prozent.

Bei Mikro-Wechselrichtern sieht Schöner den Trend zu einer zunehmenden Variation, die an die Entwicklung der jeweiligen Module angepasst ist. Ihre Lebensdauer nimmt zu, dank robuster Leistungselektronik sowie dem Verzicht auf mechanisch bewegte Teile. In diesem Segment herrscht hoher Preisdruck.

Bei den dreiphasigen String-Wechselrichtern bis 100 kVA (für Residential und Gewerbe/Industrie) beziehungsweise bis 250 kVA (für Kraftwerke und Gewerbe/Industrie) sind Multi-Level-Topologien heute Stand der Technik. Auch bei dreiphasigen Zentral-Wechselrichtern ab 250 kVA kommen verstärkt Multi-Level-Topologien zum Einsatz. Bei den  dreiphasigen String-Wechselrichtern bis 10 kVA für Residential beobachtet der Fraunhofer-Forscher einen Trend zu Kombinationen mit Batteriespeichern.

12. Edition der ITRPV: Neueste Ergebnisse und die Entwicklung von PV Modulen im Überblick

Size matters – Wafer und Module werden in den kommenden zehn Jahren immer größer. Das zeigt die 12. Edition der ITRPV, die Susanne Herritsch, Projektmanagerin des Fachverbands Electronics, Micro and New Energy Production Technologies (EMINT) im VDMA, vorstellt. Die weltweite Roadmap für Photovoltaik betrachtet die gesamte Wertschöpfungskette, vom Silizium bis zum System. Insgesamt 56 Teilnehmer, vor allem aus der Industrie, haben dazu beigetragen. VDMA hat wie gewohnt die Datensammlung und -aufbereitung übernommen.

Die neue ITRPV zeigt, dass sich die Preisdegression bei Wafern fortsetzen wird. Während 2020 bei Wafer- und Modulformaten große Diversität zu beobachten war, haben die Experten jetzt einen klaren Trend zu immer größeren Formaten ausgemacht. Die kleinen Formate G1 und M4 verlieren sehr schnell Marktanteile, zunächst zugunsten M6. Im Laufe des nächsten Jahrzehnts werden M10 und M12 aber stark an Marktanteilen gewinnen und zum Ende der Dekade die dominierenden Formate sein. Auch bei Casted Silizium werden M10 und größer deutlich an Bedeutung gewinnen.

In der Folge werden auch die Module immer größer. Perspektivisch wird eine Größe von 1,8 Quadratmetern im Residential-Bereich Standard, im Kraftwerksbereich von über 3 Quadratmetern. Module kleiner 2 Quadratmeter werden dort verschwinden. Herritsch weist ausdrücklich darauf hin, dass sich Zuwachs der Modulgrößen natürlich auch in den LCOE niederschlagen wird.

Bei monokristallinen Modulen sind p- und n-Typ derzeit die beherrschende Technologie. Mono p-Typ wird in der nächsten Dekade an Marktanteil verlieren, Mono n-Typ wird entsprechend gewinnen. Bei der Dotierung gibt Bor zunehmend Marktanteile an Gallium ab, in 2030 erwartet die ITRPV ausschließlich Gallium-Dotierung.

Bei den Zellen wird BSF bis 2025 vom Markt verschwinden. PERC und TOPCON werden auch in Zukunft Mainstream sein. Heterojunction-Zellen werden an Marktanteilen gewinnen, auf mehr als 15 Prozent zum Ende des Jahrzehnts. Auch Rückkontaktkonzepte nehmen an Bedeutung zu. Bei Tandemzellen rechnet die ITRPV mit einer Massenproduktion ab 2023.

Bei der Metallisierung wird der Einsatz von Silber weiter stark reduziert, entweder durch mehr Busbars oder durch eine zunehmend geringere Fingerbreite.

Und beim Wirkungsgrad? Tandemzellen werden bis 2025 rund 26,5 Prozent und bis 2031 etwa 28 Prozent Effizienz erreichen. Auch PERC legt beim Wirkungsgrad deutlich zu, erwarten die Experten. Single-Junction-Zellen nähern sich in der Produktion allerdings so langsam ihrem theoretischen Limit an. Auf Modulebene steigt der Wirkungsgrad von Tandem-Produkten bis 2031 auf 26 Prozent, bei Heterojunction sind es 23 Prozent, bei p-Typ PERC 22 Prozent.

Zudem werden bifaziale Module massiv an Marktanteilen gewinnen – und der Bifazial-Faktor wird in nächster Dekade deutlich zunehmen.

Nicht zuletzt wird sich die Modulqualität in den nächsten Jahren deutlich verbessern. Die Degradation im ersten Jahr wird von heute über 2 auf 1 Prozent  zurückgehen, durch Verbesserungen sowohl bei den Zellen (etwa Gallium-Dotierung) und als auch den Modulen (etwa Halb-Zellen-Technologie oder PID-resistente Enkapsulierung).

Energiegemeinschaften in der Schweiz

In der Schweiz gibt es derzeit etwa 2500 bis 3500 Photovoltaik-Anlagen, die Energiegemeinschaften – „Zusammenschluss zum Eigenverbrauch“ (ZEV) genannt – versorgen, schätzt Thomas Nordmann von der TNC Consulting AG. Eine offizielle Statistik existiert nicht. Etwa 120 Megawatt der ungefähr 445 Megawatt, die 2020 neu installiert wurden, gehen auf das Konto der ZEV. Der größte Anteil entfällt dabei auf Mehrparteienhäuser, dahinter folgen Industrie und Gewerbe. Die Anlagengröße reicht von 20 Kilowatt bis etwa einem Megawatt.

Die Refinanzierung von ZEV-Projekten ist nicht ohne, so Nordmann, da die Kosten und Risiken höher sind als bei konventionellen Installationen. Bei den möglichen Erlösen gibt es eine große Bandbreite. So unterscheiden sich die Strompreise schweizweit zum Teil erheblich. Auch gibt es große Differenzen bei den Summen, die die Versorger für den Überschussstrom zahlen – die Bandbreite reicht von 6 bis 13 Rappen, umgerechnet 5,5 bis 12 Cent (für Strom plus Herkunftsnachweis).

Nichts desto trotz sieht Nordmann hier großes Potenzial, auch weil sich die Photovoltaik mit dem Wärme- und Mobilitätssektor verknüpfen lässt. So ermöglichen die ZEV neue Geschäftsmodelle, ebenso entstehen neue Dienstleistungen und Produkte.

Energiegemeinschaften in Österreich

Tu felix Austria – das gilt nicht nur für Mehlspeisen und Berglandschaften, sondern auch für Energiegemeinschaften. Zumindest dann, wenn das Erneuerbare-Ausbau-Gesetz (EAG) demnächst wie geplant das Parlament passiert. Dann nämlich, so Prof. Hubert Fechner von der Österreichischen Technologieplattform Photovoltaik, ist der regulatorische Rahmen gegeben, um das riesige Potenzial dieses Modells zu heben.

Der Gesetzesentwurf sieht zwei Formen von Energiegemeinschaften vor. Zum einen die Erneuerbare-Energien-Gemeinschaften, die lokal oder regional aufgestellt sein können. Als Abgrenzung dient hier die Netzebene: Was auf Ortsnetz-Ebene passiert, zählt als lokale Gemeinschaft; regionale Zusammenschlüsse sind auf Mittelspannungsebene angedockt. Die Energie muss zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen kommen.

Zweites Modell sind die Bürgerenergiegemeinschaften, die österreichweit agieren können. Anders als die Erneuerbare-Energien-Gemeinschaften dürfen sie nur Strom liefern, nicht jedoch Wärme. Die Bürgerenergiegemeinschaften müssen als Verein, Genossenschaft oder in ähnlicher Rechtsform gegründet werden. Größere Unternehmen und Versorger dürfen keine Mitglieder werden. Und: Für die Abrechnung müssen Smart Meter installiert werden.

Für Erneuerbare-Energien-Gemeinschaften sieht das Gesetz einige attraktive Anreize vor: Die Elektrizitätsabgabe von 1,5 Cent pro Kilowattstunde wird für innerhalb der Gemeinschaft gehandelten Strom abgeschafft, die EE-Förderbeiträge entfallen. Zudem gelten reduzierte Netzentgelte – bei lokalen Gemeinschaften minus 60 Prozent, bei regionalen minus 30 Prozent. Für Bürgerenergiegemeinschaften soll es keine eigenen Anreize geben.

„Wir sind sehr zuversichtlich, dass sich hier bald viel tut“, sagt Fechner. Allein in Niederösterreich gebe es über 100 Gemeinden, die warten, dass das Gesetz in Kraft tritt, um Energiegemeinschaften aufzubauen. Das werde dem Photovoltaik-Ausbau mächtig Schub verleihen. Denn die Gemeinschaften werden nicht nur bestehende Anlagen einbringen, sondern auch in großer Zahl neue errichten, erwartet Fechner.

Damit entstehen zugleich neue Geschäftsmodelle. Allein 15 bis 20 Dienstleister tummeln sich bereits auf dem Markt, die Beratung beim Aufbau einer Energiegemeinschaft anbieten. Auch Versorger wittern hier Geschäfte und bieten als externe Partner Unterstützung an.

Fechner ist optimistisch, dass sich in 2022 bereits 30 bis 40 Energiegemeinschaften gründen werden, sofern das Parlament das Gesetz zeitnah verabschiedet.

Neue Prosumerlastprofile als Ersatz für die Lastgangzählung bei Kleinverbrauchern mit PV Anlage

Die Solarbranche erinnert sich noch gut an die leidige Ü20-Debatte im vergangenen Jahr, etwa was die Möglichkeiten zum Eigenverbrauch betrifft. Diese Kuh hat die Bundesregierung mit dem EEG 2021 zwar kurz vor Toresschluss vom Eis geholt. Eine damit lose verbundene Frage ist aber noch nicht ganz vom Tisch: Könnte der ursprünglich mal vorgesehene Smart-Meter-Rollout für Photovoltaik-Kleinanlagen doch noch kommen?

Jann Binder vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) geht dieses Thema über die Lastprofile an. Das Standardlastprofil (SLP) für Haushalte H0 prognostiziert den Lastgang ohne Leistungsmessung, mithilfe historischer Viertelstundenprofile einer repräsentativen Verbrauchergruppe. Die Versorger nutzen das SLP, um Energie für Folgetag und auch -jahr einzukaufen. Dabei berücksichtigen sie allerdings nicht den Eigenverbrauch von Solarstrom. Das führt bei Haushalten mit Photovoltaik-Anlage zu erheblichen Fehleinkäufen.

Binder und seine Kollegen haben nun simuliert, ob ein spezifisches Prosumerlastprofil (PLP) die Menge der Fehleinkäufe reduzieren kann. Dabei haben sie jeweils 118 Haushalte mit und ohne Photovoltaik-Anlage betrachtet. Der Eigenverbrauch lag im Schnitt bei 33 Prozent, was beim SLP zu einem Fehleinkauf in gleicher Höhe führt. Das Ergebnis: Auch ohne Berücksichtigung von Wetterdaten sinkt der Fehleinkauf auf etwa 20 Prozent. Nimmt man viertelstundenscharfe Wetterprognosen hinzu, sinkt der Wert auf 11 Prozent. Ähnliche Ergebnisse zeigt die Untersuchung, wenn ein Batteriespeicher integriert ist.

SLP sind einfach in der Umsetzung, führen aber zu großen Fehleinkäufen, resümiert Binder. „PLP sind aber nicht wirklich schwieriger, man muss nur anfangs einmal rechnen“, sagt der ZSW-Experte. Er schlägt vor, für das Erstellen der PLP die enormen Datenmengen aus den Portalen der Wechselrichter-Hersteller zu nehmen – anonymisiert natürlich. Sein Fazit: Ein Smart-Meter-Rollout für Kleinanlagen ist damit nicht nötig!

Grüner Wasserstoff aus Solar-Wind-Hybridkraftwerken in Norddeutschland

Was Raphael Niepelt vom Institut für Solarenergieforschung in Hameln (ISFH) im Wakeup-Call zum zweiten Tag des Symposiums als Wachmacher präsentiert, kann sich in seiner Wirkung durchaus mit einem starken Kaffee messen: Die Photovoltaik senkt die Kosten von grünem Wasserstoff „made in Germany“ erheblich.

Das ist keine exklusive Erkenntnis, die Analysten von Bloomberg New Energy Finance (BNEF) sind vor einigen Wochen zu einem ähnlichen Schluss gekommen. Simulationen des ISFH bestätigen dies.

Die Niedersachsen haben in ihrer Simulation den Wasserstoff-Bedarf des Stahlwerks der Salzgitter AG zum Ausgang genommen. Den Elektrolysestrom liefern Windräder, die als Inselsystem ausgelegt sind. Die Forscher kommen zu dem Ergebnis, dass hier 3,4 Gigawatt Windenergie-Leistung nötig sind – „enorm viel“, so Niepelt. Wie teuer der Wasserstoff ist, hängt entscheidend davon ab, wie stark die Kosten der Elektrolyseure bis 2030 fallen werden. Die Internationale Energie-Agentur (IEA) rechnet mit 50 Prozent. Dann kostet das Kilo Wasserstoff in diesem Szenario 2,52 Euro. Geht man aber wie BNEF von einer Kostenreduktion um 85 Prozent aus, sind es 1,96 Euro.

Was passiert, wenn man die Photovoltaik zur Erzeugung dazu nimmt? Das ist schon allein deshalb sinnvoll, weil sich Wind und Solar beim Ertrag gut ergänzen. Bei den von der IEA angenommenen Elektrolysepreisen sinken die Wasserstoffkosten um 10 Prozent. Und man kann die Windleistung um ein Drittel reduzieren – „das ist wichtig, da die Flächen für die Windenergie begrenzt sind“, betont Niepelt. Bei den BNEF-Elektrolysekosten sinkt der Preis gar um ein Drittel – und vor allem: Man kann auf die Windenergie ganz verzichten. Die Photovoltaik ist also günstigste Option, grünen Wasserstoff zu erzeugen, so die ISFH-Simulation. Als einen zentralen Grund dafür nennt Niepelt, dass die Strom-Gestehungskosten niedriger sind als bei Wind.

Die ISFH-Forscher haben die Simulation auch für andere Stahl-Standorte in Österreich und Italien sowie für einen starken Solar-Standort in Portugal  durchgeführt. Bei hohen Elektrolysekosten haben sie eine optimale Wasserstoff-Produktion mit ähnlichem Erzeugungsmix wie in Salzgitter identifiziert. In Südportugal kostet das Kilo Wasserstoff damit 1,62 Euro. Bei niedrigen Elektrolysepreisen wird an allen Standorten Solar-Wasserstoff günstiger als Wind-Solar-Wasserstoff. In Portugal betragen die Kosten dann nur noch etwa 1,01 Euro, in Apulien 1,08 Euro.

Dabei dürfen allerdings die Transportkosten nicht vernachlässigt werden, sagt Niepelt. Niedrigere Gestehungskosten an günstigen Erneuerbare-Standorten können durch die Transportkosten wieder aufgefressen werden.

Vorgehen und Erfahrung aus PPAs im Bestand und aus Innovationsausschreibungen

Philipp Ruf vom Projektentwickler Maxsolar beobachtet ein großes Interesse an PPA-Projekten seitens Versorger und Großverbraucher, auch von Flächenentwicklern und -eigentümern, genauso von Investoren. „Es gibt hier einen Boom, definitiv“, erklärt er. Das Modell sei aber gerade in seinen rechtlichen Feinheiten nicht jedem geläufig, daher gebe es hier einen großen Beratungsbedarf.

Die Wirtschaftlichkeit von PPA-Projekten hängt stark von Strompreisentwicklung, so Ruf. Umso wichtiger sei es, Vorhaben gegen verschiedene Szenarien zu testen.

Drei Projekte hat MaxSolar bereits ans Netz gebracht, mit Anlagen zwischen 1,5 und 8 Megawatt. Es ging dabei auch darum zu zeigen, dass auch mit Kleinanlagen PPA-Projekte möglich sind, sagt Ruf.

Zudem entwickelt das Unternehmen Projekte im Rahmen von Innovationsausschreibungen, mit Speicherlösungen – eine risikoarme Einführung von Anlagenkombinationen und deren Bewirtschaftung, so Ruf. Über das PPA werde der Strompreis abgesichert. Bei der Planung müssten zwei Fragen geklärt werden: Wie viele Volllastzyklen fährt der Händler, und wie viele garantiert der Lieferant? Hier gelte es, die aus technischer und wirtschaftlicher Sicht optimale Schnittmenge zu finden.

Aktuelle Herausforderungen und Chancen von Prosuming

Prosuming ist die„stille Revolution der Energieerzeugung“, so Christian Menge, Referent für Politik und Solartechnik beim BSW-Solar – und damit ein wichtiger Treiber der Energiewende. Das Fraunhofer ISI schätzt, dass die Photovoltaik-Eigenversorgung von 2,5 Terawattstunden in 2019 auf 5,5 Terawattstunden in 2023 steigen wird.

Es könnten noch deutlich mehr sein, wenn dem Modell nicht zahlreiche Steine in den Weg gelegt würden, so Menge. Hinderlich ist zum einen die EEG-Umlage auf den Eigenverbrauch. Zwar ist die Grenze für die Umlagenbefreiung mit dem EEG 2021 auf 30 Kilowatt angehoben worden. Die Pflicht sollte aber mit Blick auf Industrieanlagen und Quartierskonzepte generell abgeschafft werden, fordert der Experte.

Eine weitere Hürde ist, dass jede Stromabgabe an Dritte zu voller Umlagenpflicht führt, etwa wenn Strom an Nachbarn geliefert oder ein Elektroauto eines anderen Halters geladen wird. Das verhindert Mieterstrom- und Nachbarschaftsmodelle sowie Quartierskonzepte, kritisiert Menge. Die Personenidentität als Eigenverbrauchskriterium müsse abgeschafft werden.

Zudem bemängelt Menge, dass Quartierskonzepte erschwert werden, weil nicht klar definiert sei, was der geforderte „unmittelbare räumliche Zusammenhang“ bedeutet. Ein Lichtblick sei aber die Einführung des Begriffs „Quartier“ im EEG 2021. „Das ‚unmittelbar’ muss gestrichen werden“, fordert er.

Menge hofft nun, dass die kommende Bundesregierung die Bedingungen für Prosumer-Modelle verbessert. Mut macht ihm, dass das Interesse von Unternehmen an Eigenverbrauchskonzepten steigt.

Lösungsansätze für Ü20: Erfahrungsbericht aus der Beratung mit akzeptierten und eingerichteten Lösungen

Jörg Sutter, Vizepräsident der DGS, kann nur den Kopf schütteln, wenn er an das politische Hin und Her bei den Ü20-Anlagen im letzten Jahr denkt. Die DGS hat in der Phase zahlreiche Beratungsgespräche mit Anlagenbetreibern geführt. Viele von ihnen waren damals wirklich verzweifelt, weil das bis dato gültige EEG 2017 keine Anschlussregelung vorsah, berichtet Sutter. Die Zuständigkeit der Netzbetreiber endete nach 20 Jahren, ein Weiterbetrieb wäre damit illegal gewesen. Ende 2020 fielen 18.000 Anlagen aus der EEG-Förderung, im Laufe dieses Jahres kommen weitere 24.000 Anlagen hinzu.

Das EEG 2021 schafft nun drei Möglichkeiten für den Weiterbetrieb von Ü20-Anlagen, so Sutter:

  • Volleinspeisung, bei der die Energie mit dem Jahres-Marktpreis abzüglich einer Verwaltungsprämie vergütet wird – im letzten Jahr gab es etwa 2 Cent pro Kilowattstunde. Dieses Angebot läuft 2027 aus. Wechselt ein Betreiber nicht aktiv in ein anderes Modell, wird er automatisch als Volleinspeiser eingestuft.
  • Eigenverbrauch. Hier ist ein entsprechender Umbau der Anlage nötig. Laut VDE FNN bedeutet ein reiner Umbau auf Eigenversorgung keine wesentliche Änderung der Anlage, also ist keine Anpassung auf aktuelle Normen nötig.
  • Vereinfachte Direktvermarktung. Derzeit gibt es dafür vor allem lokale oder regionale Angebote, meist von Stadtwerken. Sie bezahlen in der Regel zwischen 4 und 6 Cent pro Kilowattstunde. Sutter erwartet, dass hier weitere Angebote dazu kommen werden.

Alle drei Modelle haben spezifische Vor- und Nachteile, sagt Sutter. Bei der Volleinspeisung spart man sich den Umbau, bekommt aber nur wenig Geld. Die Eigenversorgung ist attraktiv, dabei entstehen aber Umbaukosten. Und bei der Direktvermarktung ist der Markt sehr überschaubar.

Am meisten interessieren sich die betroffenen Betreiber an der Eigenversorgung, berichtet Sutter aus der Ü20-Beratung.  Allerdings sind die Umbaukosten mitunter nur schwer absehbar. Zudem ist unklar, ob auch bei Anlagen kleiner als sieben Kilowatt noch die Smart-Meter-Pflicht kommt. Wer eine Wallbox oder eine Wärmepumpe installiert hat, ist sogar schon heute von der Pflicht betroffen. Sutter weist zudem auf einen Rechner der DGS hin, mit dem Betreiber von Ü20-Anlagen die Wirtschaftlichkeit der einzelnen Optionen abschätzen können.

Und was hält er generell davon, eine Ü20-Anlage weiter zu betreiben, statt dort eine neue, leistungsstärkere zu installieren? Sein Tipp: Die Anlage vom Süddach runter, eine neue Anlage rauf – und die alte Anlage auf das Norddach, um damit Eigenversorgung zu machen!

Schweiz: Auf in die Berge!

Die höchsten Berge, die beste Schokolade, die verschwiegensten Banken – aber bei Solar- und Windenergie ist die Schweiz nur drittklassig: Gerade einmal vier Prozent steuern sie zum Strommix bei. Ein Drittel stammt aus Atomkraftwerken, den Löwenanteil liefern Laufwasser- und Speicherkraftwerke.

Rudolf Rechsteiner vom Beratungsbüro für Energiefragen re-solution aus Basel verweist auf ein ganz besonders Problem, dass die Schweiz als Nicht-EU-Mitglied hat: Im Winter tut sich eine große Stromlücke auf, weil die Nachbarn nicht verpflichtet sind, Strom zu liefern, da die Schweiz als Drittstaat gilt. Damit entstehe ein Versorgungsrisiko.

Was tun? Die Windenergie auszubauen scheitert regelmäßig vor Gerichten. Daher will die Schweiz nun einen starken Fokus auf die Photovoltaik richten, um die Winterlücke zu schließen. Ihr kommt dabei zugute, dass die Einstrahlung im Gebirge etwa so hoch ist wie in Spanien, sagt Rechsteiner. Flächen im Gebirge zu finden ist allerdings schwierig. Deshalb richtet sich der Blick vor allem auf Infrastrukturen wie Stauseen, Straßen und Lawinenschutzanlagen. Eine Pilotanlage auf einem Stausee in den Bergen zeigt, wie gut die Bedingungen hier sind: 1800 Kilowattstunden erzeugt sie im Jahr pro Kilowatt installierte Leistung.

Außerdem gebe es große Potenziale in Siedlungsgebieten, vor allem an Fassaden – hier könnten allein 17 Terawattstunden im Jahr erzeugt werden. Wenn die Module dort senkrecht installiert werden, ist das positiv für den Winterertrag.

Damit die Photovoltaik tatsächlich einen nennenswerten Beitrag zum Schließen der Winterlücke leisten kann, bedarf es angemessener Finanzierungsinstrumente. Die derzeit diskutierten Auktionen bedeuten in den Augen Rechsteiners nur eine Teil-Optimierung. Denn zum einen berücksichtigt das System nicht die Wertigkeit der Stromerzeugung nach Jahres- und Tageszeiten. Zum anderen bleibt das Problem der Preis-Kannibalisierung bestehen – je mehr Strom die Photovoltaik liefert, desto stärker drückt sie die Preise in den Keller.

Rechsteiner plädiert für eine Differenzierung des Auktionsdesigns: Die Finanzierungsinstrumente sollten als Steuerungswerkzeuge genutzt werden, indem die Wertigkeit der Energie berücksichtigt wird. Das könnte zum Beispiel bedeuten, im Winter eine doppelte Vergütung zu zahlen. Damit, so der Experte, werden andere Anlagen gebaut als bei herkömmlicher Auktionierung.

Österreich: Erneuerbares Ausbaugesetz im Kontext von PV-Flächen

In Österreich soll die Photovoltaik-Leistung bis 2030 von heute 2 auf 12 Gigawatt ausgebaut werden – ein extrem steiler Ausbaupfad. Das ist eine echte Herausforderung, sagt Herbert Paierl vom Branchenverband Photovoltaic Austria. In diesem Jahr werden etwa 400 bis 450 Megawatt zugebaut, erwartet er. Die Voraussetzung für den Ausbau schafft das neue Erneuerbare-Ausbau-Gesetz (EAG) sein, das demnächst vom Parlament verabschiedet werden soll. Dort ist eine 2/3-Mehrheit nötig, da das Gesetz Verfassungsrang hat.

Paierl betont die Bedeutung der Länder und Gemeinden beim Photovoltaik-Ausbau – sie haben die Raumordnungskompetenz. „In der Sonntagsrede sind alle dabei, nun müssen sie dem auch Taten folgen lassen und Flächen zulassen“, sagt Paierl. Gut die Hälfte des nötigen Zubaus soll auf Freiflächen erfolgen (Industriegebäude 16 Prozent, Wohngebäude 15 Prozent).

Mit dem EAG wird eine neue Fördersystematik gelten. Neben Investitionszuschüssen für Anlagen bis 1 Megawatt sieht es wettbewerblich ermittelte Prämien für eingespeisten Strom aus Anlagen ab 10 Kilowatt vor, mit mindestens 2 Ausschreibungsrunden zu insgesamt 700 MW im Jahr. Allerdings gibt es dabei einen großen Haken, kritisiert Paierl: Auf landwirtschaftlichen Flächen greift allerdings ein Abschlag auf die gebotene Prämie von 25 Prozent

Wird die Flächenakzeptanz für die PV die neue Herausforderung in den DACH-Märkten?

Der für das Erreichen der neuen Klimaziele nötige Photovoltaik-Zubau verlangt in den nächsten Jahren riesige Flächen, sagt Andreas Bett, Leiter des Fraunhofer ISE – „Flächen sind die neue Währung beim Erneuerbaren-Ausbau.“ Für eine installierte Photovoltaik-Leistung sind 5000 Quadratkilometer Fläche nötig. Das entspricht zwei Mal der Fläche des Saarlandes. Würde man ausschließlich Agri-PV-Anlagen errichten, wären wegen des geringeren Flächenertrags gar 8.500 Quadratkilometer notwendig.

Aus zwei Gründen ist Bett optimistisch, dass sich diese Flächen mobilisieren lassen. Zum einen die hohe Akzeptanz: Umfragen der Agentur für Erneuerbare Energien zufolge begrüßen rund 70 Prozent der Bundesbürger den Bau von Freiflächenanlagen. Bei den Befragten, die in unmittelbarer Nähe bestehender Anlagen leben, liegt die Zustimmung mit 76 Prozent gar noch höher.

Zum anderen verweist Bett darauf, dass der Flächenertrag der Photovoltaik weitaus größer ist als beim Silomais, der dann in Biogasanlagen verstromt wird. Aus einem Hektar Biogas lassen sich 19 Megawattstunden Strom erzeugen – in einem Solarbiotop (also keine Maximalbelegung der Fläche, stattdessen ausreichend Raum für Flora und Fauna) sind es 600 Megawattstunden pro Hektar. In Deutschland wächst auf einer Million Hektar Silomais. Würde man auf diesen Äckern Solar-Biotope schaffen, könnte man den gesamten Freiflächen-Bedarf für die Photovoltaik decken, so Bett.

Was ändert importierter grüner Wasserstoff am erforderlichen PV-Ausbau?

Die neuen Klimaziele verlangen, bis 2030 insgesamt 200 Gigawatt Photovoltaik-Leistung zuzubauen, meint Rolf Brendel, Geschäftsführer des Instituts für Solarenergieforschung in Hameln (ISFH). Wie viel bis 2050 dazu kommen wird, hängt in hohem Maße davon ab, wie viel grüner Wasserstoff mittel- und langfristig importiert wird. Dazu haben ISFH-Forscher detaillierte Modellierungen vorgenommen – unter anderem mit den Annahmen, dass in Deutschland Potenzial für 700 Gigawatt Photovoltaik besteht und bis 2050 die gesamte Grundstoff- und Petrochemie-Industrie sowie der Flug- und Schiffsverkehr auf grünen Wasserstoff umgestellt sind.

Brendel zufolge zeigen die Simulationen, dass bei einem Importpreis von mehr als 3,75 Euro pro Kilogramm das gesamte Photovoltaik-Potenzial von 700 Gigawatt genutzt wird. Bei einem Preis von weniger als 2,50 Euro pro Kilogramm wäre für den Wasserstoff kein Photovoltaik-Zubau nötig, da der Bedarf dann ausschließlich aus Importen gedeckt würde. Aber, so betont Brendel: Die Transformationskosten sind bei diesen beiden sowie anderen untersuchten Pfaden weitgehend identisch. Ein Maximum an Eigenerzeugung – und damit Photovoltaik-Zubau – habe aber den Vorteil, dass die Importabhängigkeit verringert wird.

Was die Forderungen an die Politik betrifft, findet Brendel dann noch eine schöne Formulierung für den nötigen Mindestzubau: „Wir haben lange Zeit einen Photovoltaik-Deckel gehabt – jetzt brauchen wir einen Photovoltaik-Boden!“

Diese Formulierung dürfte auch Carsten Körnig vom Bundesverband Solarwirtschaft gefallen. „Wir unterschätzen, wie stark wir die Photovoltaik schon in der ersten Hälfte dieses Jahrzehntes ausbauen müssen – nicht nur mit Blick auf Wasserstoff, sondern auch auf Atom- und Kohleausstieg“, erklärt er. Dazu müssten alle Marktsegmente beitragen, nicht nur die Freiflächen-Anlagen, sondern auch die Anlagen auf Gebäudedächern, auch wegen der Sektorenkoppelung durch Wärmepumpen und die Elektromobilität.

Körnig erwartet, dass in dieser Legislaturperiode keine Entscheidung mehr über ein höheres Erneuerbaren-Ausbauziel für 2030 fällt. Das müsse die nächste Bundesregierung in ihrem 100-Tage-Programm tun, fordert er. Angesichts der neuen Klimaziele hält er ein Ausbauziel von 75 Prozent für geboten.

Der deutsche Photovoltaik-Markt werde 2021 weiter anziehen, und auch für 2023 und 2024 zeigt er sich sehr zuversichtlich. Im kommenden Jahr könne es dagegen zu einem Dämpfer kommen, die bestehenden Regeln zum „Atmenden Deckel“ wirkten da kontraproduktiv.

Szenarien für die Dekarbonisierung in DACH-Ländern

Zum 36. Mal findet das PV-Symposium in diesem Jahr statt – und noch nie waren die politischen Vorzeigen für die Photovoltaik so gut: Mit dem neuen Klimaziel der EU und dem Klima-Urteil des Bundesverfassungsgerichts muss die Politik den gesetzlichen Rahmen für die Erneuerbaren jetzt massiv verbessern. War die Gesetzeslage in den letzten Jahren für die Photovoltaik eine Fußfessel, so wird sie nun zum Booster, bringt es Mark Köntges vom Institut für Solarenergieforschung in Hameln (ISFH) als Moderator der Auftaktsession auf den Punkt.

Wo stehen wir aktuell bei den Kosten? Christoph Kost vom Fraunhofer ISE präsentiert dazu einige aktuelle Zahlen: Den Berechnungen der Fraunhofer-Forscher zufolge liegen die Stromgestehungskosten von neuen Freiflächenanlagen in Deutschland aktuell bei 3 bis 6 Cent pro Kilowattstunde, bei kleinen Dachanlagen sind es 6 bis 11 Cent. Dem stellt er die Betriebskosten fossiler Kraftwerke gegenüber – bei der Braunkohle sind es derzeit 4 Cent, bei Erdgas 4 bis 6 Cent. Wegen höherer CO2-Preise werden die Betriebskosten von Gaskraftwerken bis 2030 auf 5 bis 8 Cent steigen – die Photovoltaik wird dagegen günstiger.

Den Strombedarf sieht das Fraunhofer ISE in 2030 wegen der Sektorenkoppelung bei 700 bis 800 Terawattstunden, gut 100 bis 200 Terawattstunden mehr als heute – und weitaus mehr als die Bundesregierung bei ihrer Ausbauplanung für die Erneuerbaren bislang angenommen hat. Wobei Thomas Bareiß (CDU), Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, bei seinem Grußwort zum PV-Symposium deutlich macht, dass die Annahme der Regierung im Lichte der Sektorenkoppelung noch einmal neu diskutiert gehört.

Angesichts des steigenden Strombedarfs und der neuen Klimaziele beziffert Kost die bis 2030 zu installierende Photovoltaik-Leistung auf 155 bis 200 Gigawatt. Das entspricht einem Nettozubau von 9 bis 13 Gigawatt pro Jahr. Zudem sei deutlich mehr Flexibilität nötig, auch durch Kurzzeitspeicher – hier brauche es 40 bis 80 Gigawattstunden bis 2030.

Auch in der Schweiz wird die Photovoltaik zu einer tragenden Säule des Energiesystems, so Kost. Bis 2050 sollen dort etwa 40 Gigawatt installiert werden, heute  sind es 2,5 Gigawatt. In Österreich erwartet das Fraunhofer ISE einen Ausbau von heute 2 auf 12 Gigawatt in 2030. Abschließend liefert der Fraunhofer-Forscher einen Ausblick auf 2050: In Deutschland werden dann 400 Gigawatt Photovoltaik installiert sein, in der Schweiz 40 Gigawatt und in Österreich 25 Gigawatt.