RWTH Aachen: Anteil der KfW-geförderten Photovoltaik-Heimspeicher sinkt auf 20 Prozent

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Wie jedes Jahr hat die RWTH Aachen am Montag ihren Jahresbericht Speichermonitoring „Wissenschaftliches Mess- und Evaluierungsprogramm Solarstromspeicher 2.0“ veröffentlicht. Dafür wertet sie Messwerte und Angaben in dem Portal aus, in dem sich alle diejenigen Käufer registrieren müssen, die die Förderung der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in Anspruch nehmen. Das Förderprogramm für Photovoltaik-Heimspeicher läuft noch bis Ende dieses Jahres, allerdings ist der Anteil der geförderten Speicher deutlich zurückgegangen. „Der Anteil KfW-geförderter Speichersysteme betrug 2017 nur noch rund 20 Prozent“ sagt Jan Figgener, Projektleiter des Speichermonitorings an der RWTH Aachen.

Der Preis für die geförderten Lithium-Ionen-Systeme liegt jetzt im Durchschnitt unter  1400 Euro pro nutzbare Kilowattstunde (Systempreise inklusive Leistungselektronik und Mehrwertsteuer), die Verteilung reicht allerdings von 600 bis 1600 Euro pro Kilowattstunde. Auch teurere Systeme haben demnach noch eine Chance auf dem Markt. Ein Grund dafür ist, dass sich die Systeme nicht nur in ihrer Größe, sondern auch in anderen Eigenschaften unterscheiden. Zum Vergleich, für die zumeist nicht-geförderten Systeme, kommt EuPD Research in seinen Erhebungen in zweiten Quartal (Q2) 2017 auf durchschnittlich 1031 Euro (Q2 2018: 885 Euro). Bei den Marktanteilen zeigt sich im RWTH-Monitoringbericht das gewohnte Bild: Sonnen liegt vor Senec, E3/DC und SMA und LG, die ja oft in Kombination eingesetzt werden. Da Kunden entweder den Wechselrichter- oder den Batterielieferanten eingeben, kann man die Angaben für SMA und LG auf dem Monitoringportal teilweise addieren. Damit dürfte diese Kombination ganz weit vorne mitspielen.

Mittlerer Autarkiegrad bei 57 Prozent

Das Speichermonitoring erlaubt eine relativ genaue Abschätzung der erreichten Eigenverbrauchs- und Autarkiegrade (Grafik 1). Dabei fällt auf, dass viele Haushalte im Sommer zwar Autarkiegrade oberhalb von 80 Prozent erreichen. In den Wintermonaten, wenn die langen Nächte zuschlagen, der Photovoltaik-Ertrag sinkt und der Strombedarf steigt, müssen aber auch Heimspeicherbetreiber den Großteil ihres Stroms aus dem öffentlichen Netz beziehen. Der Jahresdurchschnittswert liegt bei 57 Prozent und damit nahe bei den oft als Schätzwert genannten 60 Prozent, die mit typischer Photovoltaik-Anlage und typischem Batteriespeicher in Deutschland möglich sind.

Grafik 1: Eine höhere Autarkie motiviert viele Speicherkäufer. Im Mittel erreichen sie 57 Prozent. Allerdings sind, wie erwartet, die Monate November bis Januar wegen des Winters eine Herausvorderung. Diese Grafik beruht auf den Eingaben der Nutzer von mehr als 15,000 Hausalten. Die mittlere Speichergröße dieser Haushalte liegt bei 7,6 Kilowattstunden, der mittlere Jahresstromverbrauch bei 6950 Kilowattstunden pro Jahr, die mittlere Photvoltaik-Anlagen-Nennleistung bei 8,7 Kilowattpeak.

Grafik: IESA RWTH Aachen, Speichermonitoring 2018

„Auch wenn viele Haushalte eine maximale Unabhängigkeit vom Stromnetz anstreben, stoßen wir in Deutschland aufgrund der ungünstigen Wetterbedingungen in den Wintermonaten regelmäßig an die Grenzen des technisch machbaren“, sagt Kai-Philipp Kairies, Leiter des Technical Consulting an der RWTH. „Ein Anschluss an das öffentliche Stromnetz wird daher auch für Haushalte mit großen Speichern die Norm bleiben.“ Dies ist auch einer der Kernpunkte bei der Diskussion um die volkswirtschaftlichen Effekte von Eigenverbrauch. „Die durch Heimspeicher auftretenden Verschiebungen bei Abgaben und Umlagen sind heute noch gering, mittelfristig werden wir aber um eine Modernisierung unseres Abgabe- und Umlagesystems, insbesondere der Netzentgelte, nicht herumkommen.“

Handlungsbedarf bei der Speicherkapazität und Alterung

Die RWTH-Experten vermessen jedes Jahr 20 Batteriespeicher bei Verbrauchern. Ein Thema dabei: die Alterung. „Obwohl alle großen Hersteller mittlerweile Garantien von zehn Jahren oder mehr geben ist das langfristige Alterungsverhalten im Feld noch nicht hinreichend untersucht“, sagt Kai-Philipp Kairies weiter.  Wenn man von 80 Prozent Kapazität nach zehn Jahren ausgeht, die die meisten Hersteller garantieren, müsste ein System pro Jahr um fast zwei Prozent an Kapazität verlieren.

Das sehen die Aachener Forscher so nicht (Grafik 2). „Unsere Messungen zeigen, dass die meisten untersuchten Heimspeicher keine beschleunigten Alterungsprozesse zeigen. Die Kapazitätswerte dieser Speicher liegen derzeit in guten Bereichen“, erklärt Jan Figgener. Bei der Interpretation geringfügiger Unterschiede der Testserien von 2017 und 2018 müssten auch die durch die Feldtests bedingten leicht veränderlichen Testbedingungen berücksichtigt werden.

Grafik 2: Bei einigen Systemen hat die Speicherkapazität im Lauf der Jahre kaum nachgelassen. Bei anderen Systemen liegt die nutzbare Kapazität um 5 bis 10 Prozent unter der verkauften Kapazität. Das ist das Ergebnis der RWTH Aachen, die dazu die Batteriekapazität (DC) von 16 privat betriebenen Batteriespeichersystemen vermessen hat. Die Kapazitätstests wurden durch definierte Entladeroutinen im Abstand von etwa einem Jahr durchgeführt (Testserie 1 in 2017 und Testserie 2 in 2018). Die untersuchten Speichersysteme wurden zwischen 2013 und 2016 installiert und sind sowohl Lithium-Ionen- als auch Blei-Säure-Speicher.

Grafik: IESA RWTH Aachen, Speichermonitoring 2018

Neben den gut gealterten Speichern sieht das Speichermonitoring-Team jedoch auch einige Batteriespeicher die mit Kapazitätswerten unterhalb von 80 Prozent teilweise schon als Garantiefälle gelten könnten. „Wir sehen, dass die betroffenen Hersteller derzeit vor allem auf Kulanzlösungen setzen. Zusammen mit der Branche arbeiten wir aber bereits an Konzepten für eine einheitliche und kundenfreundliche Prüfung solcher Fälle“, so Kairies. Man muss dazu anmerken, dass in dem Monitoring naturgemäß auch Systeme aus den Anfangsjahren der Speicherentwicklung sind.

Aus den Daten lesen die Aachener ab, dass weder das Alter der Batterie noch die Zahl der genutzten Zyklen alleine dafür ausschlaggebend ist, wie viel die Systeme gealtert sind. So spielen auch stark genutzte und alte Systeme ganz oben mit, wogegen auch einige wenig genutzte und junge Systeme bereits stark nachgelassen haben. Auch die Software spielt in die Kapazität hinein. Vermutlich durch ein Update stieg die Kapazität von System 7 bei der Wiederholungsmessung 2018 um fünf Prozent. Daraus schließen die Forscher: „Die Auswertungen der Kapazitätstests verdeutlichen, dass die Alterung von Batteriespeichern ein hochkomplexes Thema mit zahlreichen Einflussfaktoren ist.“

Doch Handlungsbedarf besteht vor allem auch bei der Kapazitätsdefinition an sich. Bei Durchsicht der Datenblätter gängiger Heimspeicher können mühelos mehr als zehn unterschiedliche Bezeichnungen für die Kapazität der Batterie gefunden werden, so die Aachener Experten. Sie haben übrigens ein System entwickelt, das es erlauben soll, aus den Betriebsdaten auf die tatsächliche Kapazität rückzuschließen. Das könnte es erleichtern, die Garantiefälle im Betrieb zu identifizieren. Sonst sind nämlich vollständige Be- und Entladezyklen notwendig.

Was ist die Kapazität?

Als Kunde sollte man denken, die nutzbare Kapazität definiere, was ich wirklich einmal reinspeichern und wieder rausholen kann. Dem entspräche eine Messung auf der AC-Seite. Das wird aber nicht immer so gehandhabt. Wenn ein Batteriehersteller eine Batterie, nicht ein System verkauft, kann er nur auf der DC-Seite messen und diese Werte angeben. Später, im Batteriespeichersystem, treten zusätzlich die Verluste im Wechselrichter auf. Dann hat man locker fünf Prozent weniger Kapazität. Zusätzlich entladen manche Systeme nicht vollständig, um die Batterien im Winter vor vollständiger Entladung zu schützen, wie die Messungen im pv magazine-Speichervergleich zeigen.

Man sollte davon ausgehen, dass die Kapazität bei Systemen, in die Batterien und Wechselrichter integriert sind, klarer angegeben ist. Doch auch das ist nicht zwangsläufig der Fall. Dann müsste man nämlich Bedingungen festlegen, bei welchen Leistungen die Messung stattfindet.

Die Aachener Forscher empfehlen jedenfalls die Angabe der tatsächlich nutzbaren (AC-) Kapazität, da der Kunde sonst regelmäßig fünf Prozent weniger bekommt, als er glaubt, für den Preis zu erhalten. „Nach dem Effizienzleitfaden wird die Kapazitäts- und Alterungsthematik die Branche sicherlich als Nächstes beschäftigen“, sagt Kai-Philipp Kairies. Er sieht die Branche diesbezüglich auf einem guten Weg.

Alles in allem zeigen sich die Aachener Forscher zufrieden, wie sich der Speichermarkt mit dem Marktanreizprogramm entwickelt hat. „Die auch in 2018 abnehmende Förderquote spricht letztlich für den Erfolg des Programms, da der Markt nun auf eigenen Beinen steht und auch ohne staatliche Zuschüsse ein enormes Wachstum aufweist.“, sagt Jan Figgener.

Der Monitoringbericht ist frei verfügbar und kann auf der Website der RWTH Aachen heruntergeladen werden.

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