Sekundärmarkt für Solaranlagen

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Eine Kapitalanlage ist nie uneingeschränkt gut. Sie ist grundsätzlich entweder ertragreich, wenig riskant oder schnell zu Geld zu machen – nie alles auf einmal. Rentabilität, Sicherheit und Liquidität, die drei klassischen Anlageziele, stehen in einem Konflikt zueinander. Das ist unvermeidbar: Wäre ein Investment bei gleicher Rendite und Liquidität weniger riskant als das Vergleichsinvestment, würden so viele Anleger es nachfragen, dass der Verkäufer den Preis erhöhen würde, bis sich Angebot und Nachfrage – bei reduzierter Kapitalrendite – wieder treffen würden.

Auf dem Sekundärmarkt für Photovoltaikanlagen fällt auf, dass Anleger bei der Investitionsrechnung einen internen Zinsfuß (Internal Rate of Return) anwenden, der nicht viel niedriger als im Projektgeschäft liegt, also bei solchen Photovoltaikprojekten, die noch keine Baureife oder Betriebsbereitschaft erreicht haben. Darüber hinaus rechnen Investoren bei Bestandsanlagen im Vergleich zu etablierteren Anlageformen wie Aktien von Standardwerten oder Infrastrukturprojekten mit einer deutlich höheren Rendite. Gegenüber Staatsanleihen der jeweiligen Länder liegt die Kapitalrendite oft sogar um ein Mehrfaches höher.

Die Risikoprämie

Doch ist solch eine Risikoprämie im Zweitmarkt für Photovoltaikanlagen gerechtfertigt?

Sie erklärt sich zum Teil dadurch, dass Investoren Geschäftsmodellen, die direkt oder mittelbar (noch) von staatlichen Förderungen abhängen, grundsätzlich misstrauisch gegenüberstehen. Sie haben mehr Vertrauen in das Spiel von Angebot und Nachfrage und halten die von politischen Abwägungen bestimmten Förderungsbedingungen für weniger kalkulierbar. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen haben sich tatsächlich oft geändert. Die Solarwirtschaft ist dadurch in kleine Teilmärkte zergliedert, deren Geschäftsmodell der Anleger zunächst einmal verstehen muss: von der klassischen Einspeisevergütung, Eigenverbrauchsmodellen und der Direktvermarktung über Pacht- und Leasingmodelle bis zu Solarpark-Auktionen und – außerhalb Deutschlands – Net Metering und PV-Hybrid-Inselnetzen.

Darüber hinaus fehlen langfristige Erfahrungswerte, die Risiken berechenbarer machen. Das ist besonders gravierend, weil einige Investoren in der Hochzeit des Projektgeschäfts bis 2011 negative Markterfahrungen gemacht haben, als der Druck, möglichst viele Solarstromanlagen ans Netz anzuschließen, manchmal zu Lasten der Qualität ging. Diese Unwägbarkeiten quittiert der Markt mit einer hohen Risikoprämie.

Risiken teilweise überschätzt

Ist der Risikoaufschlag übertrieben? Besonders im größten Marktsegment der Photovoltaikanlagen mit staatlicher Einspeisevergütung erscheinen die Projekterlöse nicht wesentlich unsicherer als bei – zumindest teilweise vergleichbaren – Infrastrukturprojekten, etwa dem Autobahnbau in Form einer Public-Private-Partnership. Gegenüber Unternehmensbeteiligungen sind die Erlöse in der Regel sogar deutlich sicherer, da Solarparks nur geringe unternehmerische Risiken anhaften. Im Vergleich zum Photovoltaik-Projektgeschäft wird besonders deutlich, dass der Zweitmarkt – relativ– geringe Risiken aufweist, weil das Projektentwicklungsrisiko, das Herstellungsrisiko und das Anschlussrisiko weitgehend entfallen.

Die verbreitete Risikobewertung beim Kauf von Bestandsanlagen erscheint daher nicht immer gerechtfertigt. Bei ausreichender Sachkunde und einer genauen Marktselektion dürften durchschnittliche Kaufpreise realisierbar sein, die – gemessen am Risiko –eine attraktive Kapitalrendite bieten. Dies gilt nicht nur für PV-Anlagen im guten technischen Zustand. Nicht selten möchte der Verkäufer von Solaranlagen mit schlechter Anlagenperformance kein neues Kapital investieren, so dass er deutliche Preisabschläge akzeptiert. Besonders geeignet ist eine Kapitalanlage in Solarkraftwerke dabei für langfristig orientierte Anleger mit niedrigen Kapitalkosten.

Den Photovoltaikanlagen-Kurs gibt es nicht

Ob sich der Erwerb einer Bestandsanlage lohnt, hängt natürlich maßgeblich vom Kaufpreis ab. Ein Marktpreis wie der Aktienkurs, der für alle Käufer gilt und der den Preis darstellt, bei dem sich Nachfrage und Angebot in einem bestimmten Moment ausgleichen, existiert nicht.

Beim Handel mit Solaranlagen besteht eine sehr große Preisspanne. Dafür gibt es mehrere Gründe. Der Markt ist sehr heterogen und vergleichsweise wenig transparent – was bei Märkten, die erst wenige Jahre alt sind, meistens so ist. Die angebotenen Solarkraftwerke befinden sich in einem ganz verschiedenen technischen Zustand, was eine einheitliche Bewertung erschwert. Einheitliche Qualitätsstandards und Best Practices setzen sich naturgemäß erst allmählich durch. Die Marktkenntnisse sind bei vielen Investoren noch nicht ausgeprägt. Viele große Marktteilnehmer wie Siemens, Samsung und General Electric haben sich ganz oder weitgehend zurückgezogen, so dass die Branche aus zumeist kleineren und mittelgroßen Akteuren besteht. Das alles macht einen Marktüberblick schwieriger.

Dazu kommt, dass das Gesamtvolumen der Transaktionen noch gering und der Aufwand für die Auswahl der Kaufobjekte vergleichbar hoch ist. Die Marktliquidität ist niedrig, das verursacht uneinheitliche Kaufpreise.

Die weite Preisspanne im Sekundärmarkt bietet für den Anleger so viele Chancen wie Risiken. Führt er jedoch eine qualifizierte Selektion und Prüfung der Kaufangebote durch, kann er von dieser Marktsituation profitieren. Einige Investmentfonds mit chancenorientiertem Risikoprofil haben bereits begonnen, mit eigenen Rechercheabteilungen oder externen Vermittlern gezielt nach Sonnenenergieanlagen mit hoher Rendite zu suchen.

Steuerliche Möglichkeiten für Käufer

Ein weiterer Grund, eine Photovoltaikanlage zu erwerben, kann die Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags gemäß Paragraf 7g Einkommensteuergesetz sein. Danach können kleinere und mittlere Betriebe für die in der Zukunft liegende Anschaffung eines beweglichen Wirtschaftsgutes des Anlagevermögens, dazu gehören auch Photovoltaikanlagen, bis zu 40 Prozent des voraussichtlichen Anschaffungspreises von ihrem Gewinn abziehen.

Der Investitionsabzugsbetrag ist auf 200.000 Euro begrenzt, so dass ein Betrag von bis zu 500.000 Euro als Eigenkapital für den Erwerb zur Verfügung steht. Dabei gilt derzeit, dass die erforderliche betriebliche Nutzung der PV-Anlage auch vorliegen dürfte, wenn ein Teil des erzeugten Stroms zu privaten Zwecken genutzt wird. Steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten treiben auch ausländische Investoren etwa aus Dänemark zum Kauf von Solarkraftwerken in und außerhalb Deutschlands.

Warum verkaufen?

Wenn die Kapitalanlage in Bestandsanlagen attraktive Renditen bieten, stellt sich vielleicht die Frage, warum Eigentümer ihre Photovoltaikanlagen überhaupt verkaufen.

Die Gründe dafür sind ganz unterschiedlich. Viele Verkäufe sind Folge einer wirtschaftlichen Krise oder der Insolvenz des Veräußerers. In anderen Fällen, etwa bei Modulherstellern, die ein Projekt selbst realisiert haben, sind die Veräußerer nicht auf das Halten und Betreiben von PV-Anlagen spezialisiert. Sie benötigen Eigenkapital für neue Projekte und Investitionen in ihrem Kernbereich. Manchmal haben Projektierer die PV-Anlage auch erst mal „auf die eigene Bilanz genommen“, um in der Hochphase bis 2011 möglichst viele Anlagen ans Netz zu bringen. Dafür haben sie teilweise recht teure Kredite aufgenommen. Ihre Kapitalkosten sind für eine langfristige Kapitalanlage oft zu hoch.

In anderen Fällen wollen Fondsgesellschaften ihr Portfolio umschichten, zum Beispiel weil ihr Engagement in Sonnenenergie im Vergleich zu anderen Erneuerbaren übergewichtet ist. Es kann auch sein, dass sie eine Region übergewichtet haben oder ihren Bestand von relativ rentablen in relativ sichere Anlagen umstrukturieren und daher beispielsweise ihre Kraftwerke in Italien veräußern. Manchmal ist schlicht und einfach der Zeitpunkt günstig, um Gewinne zu erzielen.

Vorbereitung ist für Verkäufer entscheidend

So wie der Käufer viel Zeit und Mühe in die Selektion und Prüfung des Kaufobjekts investieren sollte, sollte der Anlageneigentümer den beabsichtigten Verkauf gut vorbereiten. Das fängt bei der Ermittlung einer realistischen Verkaufspreisspanne eventuell mit Hilfe eines Sachkundigen für Bewertungen an. Wird die Photovoltaikanlage nicht regelmäßig gewartet, sollte auch an eine technische Bestandsaufnahme gedacht werden. Weiter geht es mit dem Einordnen der Dokumente, die der Erwerber für eine Due Diligence benötigt, in einen virtuellen Datenraum.

Eine gute Vorbereitung bietet gerade auch deshalb eine Chance für den Verkäufer, weil es eine große Preisspanne auf dem Markt gibt. Wenn er sich professionell präsentiert, kann er einen besseren Preis erzielen als andere. Für diejenigen, denen das gelingt, kann es manchmal sogar sinnvoll sein, eigene Bestandsanlagen zu verkaufen, um neue zu kaufen.

Beendet ist die Vorbereitung mit der ersten Strukturierung der Transaktion. Dabei geht es etwa bei der rechtlichen Strukturierung um die Frage, wer welche Verträge mit wem worüber und in welcher Reihenfolge schließt.

Asset Deal oder Share Deal?

Die vielleicht häufigste Frage, die uns bei einer solchen Strukturierung gestellt wird, betrifft die Wahl zwischen Asset Deal und Share Deal. Diese Frage stellt sich dann, wenn eine Photovoltaikanlage einer eigens dafür gegründeten Projektgesellschaft gehört. Bei mittelgroßen und großen PV-Projekten und generell bei Vorhaben, die mit einer Projektfinanzierung umgesetzt werden, wird zwischen den wirtschaftlichen Eigentümer und die Solaranlage in der Regel eine Gesellschaft geschaltet, die sogenannte Projektgesellschaft, Zweckgesellschaft oder Special Purpose Vehicle. Sie existiert nur zum Zweck, Inhaber der Projektrechte und der Photovoltaikanlage zu werden.

Das ist nicht nur für den Anlageneigentümer, sondern auch für die finanzierende Bank von Bedeutung. Beim Eigentümer wird die Haftung dadurch auf das Vermögen der Projektgesellschaft begrenzt. Das ist bei der Nutzung von fremdem Dächern oder Böden besonders wichtig. Für die finanzierende Bank hat das den Vorteil, dass die Erlöse der Sonnenenergieanlage nicht für andere Verbindlichkeiten des Eigentümers herhalten und für die Rückzahlung des Darlehens zur Verfügung stehen. Gibt es eine Projektgesellschaft, stellt sich bei einem Verkauf die Frage, was günstiger ist: die Übertragung der einzelnen Sachen und Rechte, die zusammen die Photovoltaikanlage ausmachen (Asset Deal) oder die Übertragung der Anteile an der Projektgesellschaft (Share Deal)?

Steuerlich ist ein Share Deal grundsätzlich für den Veräußerer vorteilhaft, da ein Veräußerungsgewinn meistens nur zum Teil besteuert wird. Ein Asset Deal ist dagegen für den Erwerber günstiger, wenn der Kaufpreis in steuerliches Abschreibungspotenzial umgewandelt werden kann. Die steuerlichen Auswirkungen müssen im Einzelfall allerdings genau geprüft werden.

Auch bei der Haftung ist ein Share Deal für den Verkäufer grundsätzlich günstiger, da Verbindlichkeiten und Haftungsrisiken in der Projektgesellschaft verbleiben und damit mittelbar auf den Erwerber übergehen. Der Asset Deal ist wiederum für den Käufer etwas vorteilhafter: Verbindlichkeiten verbleiben beim Veräußerer. Zumindest grundsätzlich. Es gibt auch zahlreiche Ausnahmen, zum Beispiel die Steuerverbindlichkeiten.

Der klare Vorteil des Share Deals für beide Parteien liegt darin, dass die Verträge der Projektgesellschaft – unter anderem Pachtverträge, Wartungsverträge und Finanzierungsverträge – grundsätzlich unverändert bestehen bleiben. Auch zugunsten der Projektgesellschaft erteilte Genehmigungen wie die Baugenehmigung bestehen grundsätzlich fort. Allerdings sind sogenannte Change-of-Control-Klauseln und ähnliche Erfordernisse zu beachten, die zum Beispiel eine Zustimmung von Banken oder Verpächter erforderlich machen.

Beim Asset Deal müssen die Verträge dagegen einzeln auf den Erwerber übertragen werden, was in der Regel die Zustimmung der anderen Vertragsseite voraussetzt. Dienstbarkeiten müssen neu bewilligt und ins Grundbuch eingetragen werden. Beim Netzanschlussvertrag und Einspeisevertrag sind unter anderem Anzeigeverfahren wegen Betreiberwechsels zu beachten.

Die mit dem Zustimmungserfordernis verbundenen Schwierigkeiten sind der Hauptgrund, warum sich die Parteien meistens für einen Share Deal entscheiden. Eventuelle Steuervorteile des Verkäufers und Steuernachteile des Käufers können durch eine Reduzierung des Kaufpreises ausgeglichen werden.

Auf dem Weg zur eigenen Anlageklasse

In Zukunft werden sich klarere Abläufe und Regeln im Zweitmarkt einspielen. Die Transaktionskosten werden dadurch sinken und die Kaufpreise sich stärker angleichen. Photovoltaikanlagen werden damit für immer mehr Investoren interessant. Wir gehen davon aus, dass der Markt für bereits in Betrieb befindliche Photovoltaikanlagen in den nächsten 10 bis 20 Jahren stark wachsen wird. Vielleicht werden Solarkraftwerke zusammen mit Windenergieanlagen und anderen Erzeugungsanlagen für regenerative Energien dann eine eigene Asset-Klasse bilden, die fast so anerkannt für eine Vermögensanlage wie eine Immobilie ist.

Der Autor Dr. Jochen Brandhoff ist Rechtsanwalt und Gründer der international tätigen Wirtschaftskanzlei Brandhoff & Partner Rechtsanwälte in Frankfurt am Main. Brandhoff & Partner ist auf die Rechts- und Steuerberatung in sämtlichen Bereichen der Photovoltaik spezialisiert. Jochen Brandhoff war zuvor Leiter der Konzernrechtsabteilung eines börsennotierten Generalunternehmers für Solaranlagen und Geschäftsführer eines Anbieters von Photovoltaik-Systemlösungen.

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