Leichter, schneller, günstiger

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Flachdach scheint in Mode zu sein. Wer noch kein Montagesystem im Angebot hatte, rüstet jetzt nach. Die Marktübersicht ab Seite 86 zeigt über 100 Produkte, rund ein Viertel davon ist erst in diesem Jahr auf den Markt gekommen oder steht kurz vor der Markteinführung. Es scheint, als ob die Unternehmen bereits darauf reagieren, dass Dächer begehrter werden. Sie sind für große Investoren die Alternative zu Freiflächen, die nicht mehr gefördert werden.

Während Unterkonstruktionen, die mit wenig Ballast und ohne Dachdurchdringung Photovoltaik auch auf leichte Flachdächer bringen, vor zwei Jahren noch als Exoten dastanden, bestimmen diese Systeme mittlerweile den Markt der Flachdachmontage. 37 Produkte in unserer Marktübersicht sind aerodynamisch optimiert und kommen mit wenig Ballast aus, geben die Hersteller an. Auch die meisten neuen Produkte in der Übersicht sind sogenannte ballastarme Systeme.

Das liegt nicht zuletzt daran, dass Dächer, die schwere Lasten tragen, für Photovoltaik geeignet sind und noch keine Anlage haben, seltener werden. Zusätzlich versuchen auch die Montagesystemhersteller, Kosten am Gesamtsystem Photovoltaik einzusparen. Zum einen mit weniger und günstigeren Materialien. Zum anderen dadurch, dass sie Systeme entwickeln, die sich schneller auf dem Dach zusammenfügen lassen und so den Handwerksbetrieben Kosten ersparen. Für beides nutzen einige Hersteller auch die besonderen Eigenschaften, die andere Kunststoffe bieten.

Das ist bei 14 Systemen in der Marktübersicht der Fall, bei denen die Hersteller Kunststoff für die Unterkonstruktion einsetzen. Davon sind die meisten schnell zu montieren und stehen auch mit wenig oder gar keinem Ballast stabil auf der Dachfläche, wie das Sunmount der britischen Firma Solion oder das neue T5 von Sunpower.

Lego für Solarteure

Den Meistertitel für schnelles Aufbauen unter den Herstellern unserer Marktübersicht bekommt der Berliner Modulhersteller Inventux mit seinem neuen System Fixflat. Zumindest, wenn man den Herstellerangaben vertraut. Nur umgerechnet 69 Sekunden benötigt ein Installateur danach für einen Quadratmeter Solaranlage. „Bei mehrmaliger Probemontage konnten vier Installateure 36 Module mit 4,32 Kilowattpeak Leistung in 18 Minuten und 39 Sekunden montieren“, sagt Pressesprecherin Franziska Obermeyer, „inklusive Modulmontage, Verkabelung und Wegräumen des Verpackungsmaterials.“

Das Fixflat ist ein Kunststoffgestell, das aus Polypropylen mit 70 Prozent Recyclingmaterialanteil hergestellt wird. Mit zehn Grad Neigungswinkel wird jedes Modul auf einem Unterteil befestigt, das Inventux Palette nennt. Die Paletten sind aus einem Guss gefertigt und auf die Maße der eigenen Module zugeschnitten. Lediglich die Verbindungsstücke für die Modulbefestigung, ebenfalls aus Kunststoff, wurden im Werk aufgeschraubt.

Die Handwerker brauchen die Paletten nur noch auf der Dachfläche zu verteilen. Der Rest funktioniert wie Lego für Solarteure – mit wenigen Teilen und ganz ohne Werkzeug. Die Verbindungsstücke für nebeneinanderliegende Paletten werden aus dem Boden herausgedrückt und seitlich eingesteckt. Zwei Backrails aus Edelstahl, die auf der Rückseite der rahmenlosen Inventux-Module in senkrechter Richtung aufgeklebt sind, werden in die Erhöhungen an der Kunststoffpalette eingelegt und rasten dort ein. Der Installateur verbindet die jeweils oben rechts und links am Modul liegenden Anschlussdosen mit kurzen Kabeln. Dann kann er ebenfalls mit Kunststoffriegeln die Modulreihen, die entweder alle nach Süden ausgerichtet hintereinanderstehen oder in Ost-West-Richtung aufgestellt sind, aneinander befestigen. Eine Ost-West-Ausrichtung hat den Vorteil, dass mehr Leistung auf eine Fläche passt.

Wie bei vielen anderen Montagesystemen bildet die Anlage am Ende eine zusammenhängende Fläche, was dem Gesamtsystem zusätzliche Stabilität verleiht. Für die elektrische Verbindung der Reihen untereinander steckt der Solarteur das Kabel unterhalb des Moduls an der Palette fest. Auf dem Weg bis zur nächsten Reihe liegt es allerdings ungeschützt auf der Dachoberfläche. „Nach Gebrauch können die Paletten im Prinzip in der gelben Tonne entsorgt und somit wiederverwertet werden“, sagt Franziska Obermeyer.

So überzeugend das Fixflat-System sein mag, man muss sich dafür aber auf die mikromorphen Silizium-Dünnschichtmodule von Inventux festlegen. Entsprechendes gilt auch für Gestelle von Sunpower, Solon, Würth Solar und Schüco. Unterkonstruktionen dieser Modulanbieter gibt es nur im Paket mit den eigenen Modulen.

Recyclingkunststoffe gefragt

Neben Inventux stellen auch andere Anbieter ihre Montagesysteme aus Recyclingkunststoffen her. Das Material ist günstiger als Metall und hat eine bessere Umweltbilanz. Bauteile aus Polypropylen oder High-Density-Polyethylen (HDPE) sind leicht und stapelbar. Außerdem ist deren Produktion weitgehend entkoppelt von den Preisschwankungen der Edelmetallnotierung und des Stahls. Die stabilen Rohmaterialpreise und die Formbarkeit des Materials haben auch Heiner Breuer von Abakus dazu veranlasst, die Bauteile des neuen Flachdachsystems Touch fix aus zweitverwerteten Kunststoffen zu konzipieren. Diese stammen zu großen Teilen von Lebensmittelverpackungen wie Tetrapacks.

Zwei seitliche Auflagerprofile werden im Abstand der Module auf der Dachfläche platziert. Darauf verschraubt der Installateur je eine niedrige Südstütze und eine höhere Nordstütze. In die breiten Auflagerprofile aus Kunststoff legen die Installateure dann U-Profile aus Aluminium ein. Diese verbinden die Modulreihen untereinander, so dass sich ein großes Modulfeld bildet. Sie dienen gleichzeitig als Kabelkanäle.

Der Recyclingkunststoff aus der gelben Tonne hat mehrere gute Eigenschaften, die sich die Konstrukteure von Abakus zunutze machen. An den Kanten sind die breiten, streifenförmigen Auflagerprofile abgerundet. Das soll ein Einkerben der Dachfolie verhindern. Außerdem verträgt sich der Kunststoff gut mit allen Dachbelägen. Aber auch konstruktiv bietet das weiche Material interessante Möglichkeiten. Die drei Bauteile des Touch fix werden nämlich in einer Pressform hergestellt. Der Vorteil: Jedes Bauteil kann dreidimensional gestaltet werden, so dass mehrere Funktionen ohne weitere Arbeitsschritte direkt integriert sind. Die höhere Nordstütze bildet beispielsweise einen Kontaktfinger aus, in den sich die rückseitige Rahmenkante des Moduls einhängen lässt. Das Modul rutscht dann gegen einen Anschlagpunkt und ist damit exakt positioniert. Einkerbungen auf der niedrigeren Südstütze helfen, die Modulrahmen genau nebeneinander zu platzieren, und stellen gleichzeitig eine formschlüssige Verbindung zwischen den Bauteilen her.

„Wir benutzen das Modul als integrativen Bestandteil des Systems“, betont Heiner Breuer, „alles andere ist Materialverschwendung.“ Deshalb gibt es beim Touch fix auch keine Querverstrebungen. Der Modulrahmen stellt die Verbindung zwischen den Auflagern und damit die Steifigkeit des Systems her. Die Statik hat Abakus mit den Daten der Modulhersteller gerechnet. Um dem Solarteur die Arbeit weiter zu erleichtern, verwendet Abakus für sämtliche Schraubverbindungen des Touch fix denselben Torxeinsatz. Es wird also lediglich ein Werkzeug auf dem Dach benötigt.

Besonderen Wert legt Breuer auf die geschützte Kabelführung, sowohl in Ost-West- als auch in Nord-Süd-Richtung. Denn Kabel, die im Wasser liegen und ständiger UV-Bestrahlung ausgesetzt sind, hält Breuer für einen Schwachpunkt bei Aufdachanlagen. Das bestätigt Christian Reise vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg. „Auf dem Dach sollten sich keine freiliegenden Kabel befinden“, sagt der Wissenschaftler, „auch wenn das Kabelmaterial als UV-beständig gekennzeichnet ist.“ Das Risiko, dass durch Mikrorisse Wasser eintritt, sollten seriöse Anbieter von Montagesystemen nicht eingehen.

In vielen Kommunen gilt die Auflage, flache Dächer auf Neubauten als Gründach auszuführen. Damit soll der Bauherr die Versiegelung der bebauten Flächen als Regenspeicher ausgleichen. Eine Installation von Photovoltaik auf den begrünten Flächen ist trotzdem möglich und sogar günstig. Für Gründächer hat die Dachbegrünungsfirma Optigrün aus dem nördlich des Bodensees gelegenen Göggingen eine neue Montagelösung entwickelt. Aus einer Basisplatte aus HDPE-Kunststoff, ähnlich einer Dränageplatte, wie sie für Gründächer üblich ist, werden zwei Höcker herausgebildet, auf die der Handwerker nur noch die Querschienen für die Modulbefestigung aufschrauben muss. Die Platten werden überlappend verlegt und bilden so eine große Fläche auf dem Dach aus, die später mit dem Pflanzmaterial gegen abhebende Windkräfte beschwert wird.

Zwei Funktionen in einem Kunststoffbauteil haben auch die beiden neuen Systeme des US-amerikanischen Modulherstellers Sunpower und des Berliner Modulproduzenten Solon gemein. Bei beiden Systemen bildet der Modulrahmen gleichzeitig die Unterkonstruktion für die Flachdachmontage. Sowohl beim T5 von Sunpower, das seit diesem Jahr auch in Europa erhältlich ist, als auch bei der Neuentwicklung von Solon, die voraussichtlich im zweiten Quartal 2011 auf den Markt kommt, werden die eigenen rahmenlosen Module mit der Kunststoffform verklebt und als Komplettbauteil auf die Baustelle geliefert. Ohne zusätzliche Verbindungsstücke hakt der Solarteur die Elemente direkt ineinander ein. Auch die Kabelführung ist integriert. Dabei entschied sich Sunpower für einen Aufstellwinkel von fünf Grad, während Solon seine Module um zehn Grad neigt.

Innovative Metallkonstruktionen

Allerdings sind es nicht nur die Neuentwicklungen aus Kunststoff, die die Montage beschleunigen. Es herrscht eine große Vielfalt auf flachen Dächern. Intelligente Konstruktionen mit Metallelementen können ebenfalls schnell montiert sein, wie beispielsweise Solyndra oder das minimalistische Schüco Ost-West beweisen. Schüco stellt seine

rahmenlosen Dünnschichtmodule in Ost-West-Richtung gegeneinander. Am Scheitelpunkt verbinden sich die rückseitig aufgeklebten Metallverstrebungen, am Fußpunkt schließt ein Drahtseil die Konstruktion zu einem stabilen Dreieck.

Auch das Installieren auf Trapezblechdächern soll den Installateuren immer schneller von der Hand gehen. Während Solon die eigenen rahmenlosen Module direkt auf die Hochsicken der Blecheindeckung aufklebt (photovoltaik06/2010, Seite 86), schickt Clickcon aus Freiburg gerahmte Module auf Rollen übers Dach – und fixiert sie ohne Werkzeug.

Das Clickon-System besteht aus drei Bauteilen: der Basisschiene, dem C-förmigen Modulhalter und dem Clipprofil. Wie bei der Trapezblechmontage üblich, werden die Basisschienen mit Bohrschrauben direkt auf die Hochsicken der Trapezbleche geschraubt. Dann setzen die Solarteure den Montagewagen mit seinen Laufrollen auf die Schienen. Darauf folgen die Module dem Arbeitsfluss und werden nach und nach in die Basisschienen abgelegt. Für die Befestigung legt der Installateur das C-förmige, kurze Halteprofil in eine Nut an der Basisschiene und um zwei nebeneinanderliegende Modulkanten herum. Mit Hilfe des Clips fixiert er dann die Module gegen Verrutschen. Mit dem Clip können auch die Kabel befestigt werden. Clickcon kann unter anderem deshalb besonders schnell montiert werden, weil die Module flach auf der Dachhaut aufliegen. Möchte man den optimalen Ertrag ausschöpfen, müssen die Module auf flachen Dächern zusätzlich aufgestellt werden. Das dauert in der Montage immer länger.

Allerdings ist es nicht nur die Geschwindigkeit, mit der sich Kosten einsparen lassen, sondern auch der Materialverbrauch und die Lagerhaltung. Das zeigt nach Ansicht des Herstellers ein System von Green Factory. Mit dem TB Vario können die Module zwischen fünf und 16 Grad zusätzlich zur vorhandenen Dachneigung auf Trapezblechdächern aufgeständert werden. Die 35 Zentimeter langen Profilstücke werden in zwei Reihen und 1,20 Meter Abstand zueinander am Dach verschraubt. Zwei sechs Meter lange Modulmontageschienen werden in die kreisförmigen, oben offenen, kurzen Profile eingefädelt und bilden so ein Gelenk aus, das die Schienen an unterschiedliche Neigungswinkel anpasst und die Module immer plan aufliegen lässt. Dadurch dass das obere Basisprofilstück elf Zentimeter höher ist als das untere, ergibt sich eine Neigung der Modulfläche. Je nachdem, ob der Installateur die Module hochkant oder quer montiert und an welcher Stelle er das Modul am Profil befestigt, erreicht er unterschiedliche Neigungswinkel. Er kann also mit einem System sehr flexibel arbeiten. Außerdem reduziere sich mit diesem System der Materialaufwand um mehr als 40 Prozent im Vergleich zu anderen Aufständerungslösungen, die mit zwei Schienenebenen arbeiten, sagt der technische Leiter Markus Ziegler. Allerdings kann man mit den anderen Systemen wiederum einen größeren Bereich in der Winkelaufstellung abdecken, wie die Angaben der Hersteller in der Marktübersicht zeigen.

In der Entwicklung des Gesamtsystems Photovoltaikanlage steckt noch eine Menge Spielraum, glaubt Heiner Breuer. Beispielsweise wissen nicht alle Modulhersteller, was ihre Produkte über die Belastbarkeit mit einfachen Druck- und Sogkräften hinaus statisch alles können. Das sei aber notwendig, um schlanke Systeme zu bauen und Kosten und Energie einzusparen. „Unser Vorbild ist der Automobilbau, und wir sind jetzt auf dem Stand vom VW-Käfer“, sagt Breuer.

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