Das Endspiel um die Kohle hat begonnen

Teilen

Den Befürwortern der alten Kohlewirtschaft ist kein Argument zu doof, um ihr altes Geschäftsmodell aus dem letzten Jahrhundert zu retten: Verdi-Chef Frank Bsirske erklärte an Ostern, mit der von Energieminister Sigmar Gabriel und Angela Merkel geplanten CO2-Steuer auf alte Kohlekraftwerke würden 100.000 Arbeitsplätze verlorengehen.

Die geplante Steuer betrifft aber lediglich die Braunkohleindustrie und hier arbeiten nur noch knapp 20.000 Menschen. Bis heute hat Bsirske keine Erklärung für seine mysteriösen Zahlen nennen können. Fakten spielen offensichtlich keine Rolle, wenn es darum geht, die notwendige Energiewende madig zu machen.

Dass die Energiewende mehr Arbeitsplätze schafft, als in der fossil-atomaren Energiewirtschaft verloren gehen, verschweigt ausgerechnet der Gewerkschaftsboss. Wieder einmal fehlt  jede gewerkschaftliche Zukunftsperspektive.

In dieser Frage ist die Bevölkerung weiter als ihre Gewerkschaften: 81 Prozent der Deutschen sind für einen Kohleausstieg bis 2040 – 35 Prozent sogar schon bis 2030. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Emnid-Umfrage im Auftrag von Greenpeace. Die Umweltorganisation weist auch darauf hin, dass ebenfalls 81 Prozent der Bevölkerung die Gesundheitsrisiken durch Quecksilber-Emissionen bei Braunkohlekraftwerken nicht bekannt seien. Greenpeace will das Quecksilber-Thema neben dem kräftigen CO2-Austoß durch Kohlekraft zum Ziel einer Kampagne machen. Dies wird die Diskussion um die Kohle als Klimakiller Nr. eins zusätzlich befeuern.

Am 25. April wird auf zwei Großdemonstrationen für und gegen die Kohlepolitik demonstriert: die Umweltverbände organisieren im nordrhein-westfälischen Braunkohle-Abbaugebiet Garzweiler eine „Anti-Kohle-Kette“ und die Vertreter der alten Kohlewirtschaft und ihre Gewerkschaften wollen mit 15.000 Menschen für ihre Dinosaurier-Energie demonstrieren.

In Garzweiler soll deutlich werden, dass Kohlekraft die eigentliche Bremse bei der Energiewende ist. Nach dem Ausstieg aus der Atomenergie sieht die Umweltbewegung im Kohleausstieg ihr nächstes Mega-Thema. Auch der frühere CDU-Umweltminister Klaus Töpfer unterstützt die Anti-KohleKette.

Der Süddeutschen Zeitung sagte er: „Wir brauchen einen gesellschaftlich breit  getragenen Kohlekonsens. Wir müssen uns heute zusammensetzen und uns darüber unterhalten, wie eine planmäßige Rückführung der Braunkohle aussehen kann: Wie ist der zukünftige Pfad, was ist der zeitliche Ablauf, was bedeutet dies für die betroffenen Regionen… Wir dürfen nicht vergessen: Der aktuelle Vorschlag eines nationalen Klimabeitrags soll nur helfen, 40 Prozent weniger Kohlendioxid bis 2020 zu erreichen.“

Klaus Töpfer ist überzeugt, dass die Zukunft nicht der Kohle, sondern den erneuerbaren Energien gehört: „Die Wende lässt sich nicht stoppen.“ Je mehr Bürger sich jetzt der „Anti-Kohle-Kette“ anschließen, desto schneller erreichen wir die Energiewende. Das Endspiel um die Kohle ist eröffnet.

Die Fakten zur Braunkohle:

Sie ist der Klimakiller Nummer eins.

Ganze Landschaften in Nordrhein-Westfalen und Brandenburg werden zerstört. Dutzende Dörfer sind und werden abgebaggert und tausende Menschen ihrer Heimat beraubt. Beim Verbrennen entstehen Schadstoffe, die jedes Jahr zu tausenden vorzeitigen Todesfällen führen – aber nur 0.1 Prozent der Verdi-Mitglieder sind im Braunkohleabbau beschäftigt. Doch sie zählen mehr als die 99.9 Prozent der Verdi-Mitglieder, die unter der Braunkohle leiden. Zu Recht fragt die taz: „Wo bleiben die 99.9 Prozent?“

Greenpeace: Leuchtender Greenpeace-Protest gegen giftige Kohle –  Energiesektor für immer größeren Teil der deutschen Quecksilberemissionen verantwortlich. Ein neues Rechtsgutachten unterstreicht, wie dringend die Kraftwerksbetreiber den Quecksilberausstoß ihrer Meiler senken müssen. (Link zum Gutachten)

– Der Autor Franz Alt ist Journalist, Buchautor und Fernsehmoderator. Er wurde bekannt durch das ARD-Magazin „Report“, das er bis 1992 leitete und moderierte. Bis 2003 leitete er die Zukunftsredaktion „Zeitsprung“ im SWR, seit 1997 das Magazin „Querdenker“ und ab 2000 das Magazin „Grenzenlos“ in 3sat. Die Erstveröffentlichung des Beitrags erfolgte aufwww.sonnenseite.com. –

Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion@pv-magazine.com.

Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.

Ähnlicher Inhalt

An anderer Stelle auf pv magazine...

Schreibe einen Kommentar

Bitte beachten Sie unsere Kommentarrichtlinien.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Mit dem Absenden dieses Formulars stimmen Sie zu, dass das pv magazine Ihre Daten für die Veröffentlichung Ihres Kommentars verwendet.

Ihre persönlichen Daten werden nur zum Zwecke der Spam-Filterung an Dritte weitergegeben oder wenn dies für die technische Wartung der Website notwendig ist. Eine darüber hinausgehende Weitergabe an Dritte findet nicht statt, es sei denn, dies ist aufgrund anwendbarer Datenschutzbestimmungen gerechtfertigt oder ist die pv magazine gesetzlich dazu verpflichtet.

Sie können diese Einwilligung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. In diesem Fall werden Ihre personenbezogenen Daten unverzüglich gelöscht. Andernfalls werden Ihre Daten gelöscht, wenn das pv magazine Ihre Anfrage bearbeitet oder der Zweck der Datenspeicherung erfüllt ist.

Weitere Informationen zum Datenschutz finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.