thyssenkrupp rothe erde startet bundesweit größte Anlage zur Dekarbonisierung

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25.11.2022, Lippstadt. thyssenkrupp rothe erde beschreitet beim Klimaschutz neue Wege: mit einer in dieser Form bundesweit bislang einmaligen Karbonisierungsanlage macht das Unternehmen mit einer innovativen Technologie einen großen Schritt in Richtung CO2-Reduzierung. Die Anlage ist eine der Formen des Carbon Dioxide Removal (CDR), womit Prozesse bezeichnet werden, bei denen C02 aus der Atmosphäre entnommen und
anschließend dauerhaft gespeichert wird.

In der Karbonisierungsanlage wird Restholz in einem Pyrolyseverfahren verkohlt. Dabei entstehen regenerative Wärme und Pflanzenkohle, so genannte Biochar. „Unsere Karbonisierungsanlage ist in ihrer Dimension bundesweit einzigartig und integriert zum ersten Mal negative Emissionstechnologie in einem deutschen Industriekonzern“, erklärt Dr. Wilfried
Spintig, COO bei thyssenkrupp rothe erde. „Wir nutzen die beim Pyrolyseprozess entstehende Wärme für unseren Produktionsstandort in Lippstadt und können damit rund 80% unseres Wärmebedarfs vor Ort decken.“ Diese erneuerbare Wärme ersetzt vormals fossile Energieträger. Zum Vergleich: die in der Anlage produzierte Wärme entspricht dem jährlichen Bedarf von knapp 300 Vier-Personen-Haushalten.

Die erfolgreiche industrielle Integration der Karbonisierungsanlage wird durch eine besondere Zusammenarbeit möglich: Das Carbon Removal Start-Up Novocarbo GmbH verantwortet die Qualitätssicherung des Produktionsprozesses, vertreibt die Biochar und erzeugt und vermarket die entstehenden Carbon Removal Zertifikate. Das Maschinenbauunternehmen PYREG GmbH
aus Dörth liefert und installiert mit der PX1500 die neuste Generation ihrer NetZero-Technologie.

Starthilfe für die Dekarbonisierung der Industrie

Als Ausgangsmaterial wird in Lippstadt unbearbeitetes und unbelastetes Holz eingesetzt, das zum einen aus Verpackungsresten, zum anderen aus entsprechend getrocknetem Grünschnitt besteht. Aus jährlich rund 2.500 Tonnen Restholz entstehen so über 5.300 MWh Wärme und rund 640 Tonnen Biochar, die unter anderem als Bodenverbesserer in der Landwirtschaft eingesetzt wird. „thyssenkrupp rothe erde wird bis 2050 klimaneutral sein, dafür sind wir
ständig auf der Suche auch nach neuen Wegen, um die Dekarbonisierung bei uns umzusetzen“, erklärt Wilfried Spintig. „Diese Anlage ist auch für uns ein Pilotprojekt und kann in unseren Augen ein Baustein für eine sinnvolle Starthilfe auf dem Weg zur Dekarbonisierung auch anderer Industrien sein.“

1.500 Tonnen CO2 pro Jahr über Jahrtausende gebunden

Zum Einsatz kommt in Lippstadt die Anlage PX 1500 den rheinland-pfälzischen Technologiespezialisten Pyreg. „Die Dekarbonisierungsanlage schafft zu 100% erneuerbare Energie, wobei nur zum Start der Anlage externe Energie zugeführt werden muss“, erklärt Jörg zu Dohna,CEO bei Pyreg. Bei dem Verkohlungsprozess entstehen nämlich auch Gase, die die
Anlage nach Erreichen der Betriebstemperatur von rund 700° autotherm, also quasi von selbst am Laufen halten. Wärme führt unter den erneuerbaren Energien noch ein Schattendasein: „Während beim Strom schon knapp die Hälfte der Energie aus erneuerbaren Quellen kommen, sind es bei der Wärme gerade einmal zwei Prozent“, erklärt Jörg zu Dohna. „Die Verkohlung ist insofern ein ‚doppeltes‘ Klimaschutz-Instrument: Sie schafft erneuerbare Energie und bindet das im Grünschnitt bereits sequestrierte CO2 dauerhaft in der Biochar.“

Biochar als klimaschonendes Endprodukt

Würde man beispielsweise den Grünschnitt einfach verrotten lassen, würde das in ihm im Wege der Photosynthese gespeicherte CO2 klimaschädlich freigesetzt.
„Eine Tonne Biochar bindet dabei.je nach Kohlenstoffgehalt und weiterer Verwendung circa 2,5 bis 2,8 Tonnen CO₂. Die Biochar entsteht in einem verbrennungsfreien Prozess. Wird sie dann etwa als Füllmittel in Baustoffen eingesetzt, landet das CO₂ in einer permanenten Kohlenstoffsenke und ist über Jahrtausende sicher gespeichert.“, erklärt Caspar von Ziegner, CEO bei Novocarbo, Marktführer im Bereich Biochar.

Die in Lippstadt produzierte Biochar durchläuft gerade die Prüfung zum European Biochar Certificate (EBC), einem Qualitätsstandard und Kontrollzertifikat. „Biochar wird hauptsächlich als Bodenverbesserer in der Landwirtschaft, Torfsubstitut in der Erdindustrie, oder
im Regenwassermanagement für blau-grüne Infrastrukturprojekte eingesetzt“, erläutert Caspar von Ziegner. Zudem ersetzt die Biochar fossile oder emissionsstarke Ressourcen in der Industrie, zum Beispiel Formteile aus Kunststoff, Bodenbelägen oder als Zuschlagsstoff im Beton. „Die CO₂.-Entnahme aus der Atmosphäre in Kombination mit regenerativer Wärmeproduktion und den vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von Pflanzenkohle sind wichtige Puzzlestücke unserer klimaneutralen Gesellschaft von morgen“, so der Novocarbo-CEO.

thyssenkrupp rothe erde
thyssenkrupp rothe erde ist der weltweit führende Hersteller von Großwälzlagern und spezialisiert auf die Produktion von Wälzlagern und nahtlos gewalzten Ringen. In enger Zusammenarbeit werden kundenspezifische Lösungen entwickelt, die einzigartig im Hinblick auf die Bauweise, die Materialbeschaffenheit und die Performance sind. Jeden Monat wandeln über 6.200 erfahrene und hochqualifizierte Mitarbeiter 15.000 Tonnen Stahl um, um den kundenspezifischen Anforderungen weltweit gerecht zu werden.

Über Novocarbo
Novocarbo treibt die Dekarbonisierung und den Ausbau regenerativer Energie mit einem einzigartigen Produktkonzept voran: Das Hamburger Start-Up betreibt Carbon Removal Parks, mit denen bis 2025 jährlich bis zu 30.000 t CO2 der Atmosphäre entzogen werden können. Mit Hilfe von PyCCS Technologie (Pyrogenic Carbon Capture & Storage) produziert das Unternehmen aus atmosphärischem Kohlenstoff Pflanzenkohle – ein festes Produkt, das als Bodenverbesserer oder als biogenes Kohlenstoffsubstitut in der Industrie zum Einsatz kommt.

Als Pionier des Handels mit Kohlenstoffentnahmezertifikaten nimmt Novocarbo eine Vorreiterrolle beim Aufbau einer nachhaltigen PyCCS-Industrie in Europa ein. Darüber hinaus fördert das Start-Up den Ausbau erneuerbarer Energien: im Rahmen der Karbonisierung entsteht regenerative, klimaneutrale Überschussenergie. Daher geht Novocarbo mit jeder neuen Produktionsstätte „Heat-as-a-Service“-Partnerschaften mit Industrie- oder Energieunternehmen vor Ort ein.