Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz bestätigt nach Überzeugung der Deutschen Umwelthilfe (DUH), dass eine Überprüfung des Pipeline-Projekts Nord Stream 2 notwendig ist. Die Nutzung von Erdgas auszuweiten ist unvereinbar mit dem 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens – und zwar nicht erst in Zukunft, sondern auch und gerade schon heute. Das bisher vollständige Ausblenden der mit dem Betrieb der Pipeline verbundenen Methan- und CO2-Emissionen konterkariert die globale Dimension und Generationengerechtigkeit des Klimaschutzgebots aus Art. 20a des Grundgesetzes. Mit jährlich etwa 100 Millionen Tonnen CO2 ist Nord Stream 2 darüber hinaus das größte fossile Vorhaben in Europa und widerspricht offensichtlich der Einhaltung von Klimazielen. Die DUH hat heute ihre laufende Klage beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Greifswald gegen das zuständige Bergamt Stralsund entsprechend ergänzt. In seinem Urteil hat das Bundesverfassungsgericht deutlich gemacht, dass aus Artikel 20a des Grundgesetzes ein Klimaschutzgebot folgt, das alle staatliche Gewalt bindet, also auch Verwaltung und Rechtsprechung. Dies muss auch im laufenden Verfahren der DUH gegen das Bergamt Stralsund berücksichtigt werden.
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts darf es kein ‚weiter so‘ geben, erst recht nicht bei Nord Stream 2, dem größten fossilen Projekt Europas. Es ist offensichtlich, dass das Projekt mit seinen 100 Millionen Tonnen CO2 im Jahr den Klimazielen widerspricht. Die Emissionen von extrem klimaschädlichem Methan aus der Erdgasförderung und dem Transport kommen sogar noch hinzu. Wird Nord Stream 2 gebaut und in Betrieb genommen, würde das verbleibende CO2-Budget Deutschlands noch schneller aufgezehrt. Das Verfassungsgericht fordert aber genau das Gegenteil: CO2-Emissionen müssen schnell reduziert werden, um die Freiheit und die Grundrechte der jungen Generation zu schützen. Ein dauerhafter Baustopp und eine Absage von Nord Stream 2 ist deshalb dringend geboten.“
Die Klage der DUH gegen das Bergamt Stralsund richtet sich auf Überprüfung der ursprünglichen Bau- und Betriebsgenehmigung der Pipeline aus 2018. Die DUH fordert in ihrer Klage die Überprüfung der Genehmigung auf Grundlage neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse zu den extrem klimaschädlichen Methan-Emissionen aus Förderung, Verarbeitung und Transport von Erdgas. Diese wurde bisher vollständig unterlassen. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts verleiht der Klage der DUH Nachdruck. Zudem wurde die Auswirkung von Nord Stream 2 auf Klimaziele sowie CO2-Budget im Genehmigungsverfahren gar nicht geprüft.
Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz der DUH: „Statt Sonntagsreden über neue Klimaziele zu halten, müssen die Mitglieder der Bundesregierung ihren Worten Taten folgen lassen. Dazu gehört, dass nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts bei Nord Stream 2 die Reißleine gezogen werden muss. Die Mega-Pipeline ohne jedwede Überprüfung ihrer Wirkung auf die Klimaziele weiterbauen und betreiben zu wollen, entlarvt die zahlreichen Vorschläge aus der Regierungskoalition zu Klimaschutz als hohle Phrasen. Dabei geht es nicht nur um die Wirkung auf das deutsche CO2-Budget, sondern auch um die extrem klimaschädlichen Methan-Emissionen aus Förderung, Verarbeitung und Transport des Erdgases. Auch dies ist im Genehmigungsverfahren bisher nicht berücksichtigt worden. Es gibt mehr als genug gute Gründe, Nord Stream 2 endlich zu stoppen.“
Hintergrund:
Bereits im Juli 2020 hat die DUH beim OVG Greifswald Klage auf Überprüfung der Bau- und Betriebsgenehmigung von Nord Stream 2 eingereicht. Die Klage richtet sich gegen das Bergamt Stralsund. Daneben klagt die DUH vor dem Verwaltungsgericht Hamburg gegen das ebenfalls zuständige Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH). Gegenstand ist hier eine Genehmigung für den Weiterbau von Nord Stream 2 im Zeitraum von September bis Mai. Die Klage gegen das BSH hat eine aufschiebende Wirkung und macht derzeit den Weiterbau von Nord Stream 2 in deutschen Gewässern unmöglich. Beide Klagen sind anhängig.
Links:
Die Klageergänzung der DUH an das OVG Greifswald finden Sie hier: http://l.duh.de/p210510
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