Module produzieren kann auch Spaß machen

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Opes Solutions stellt in China kleine Solarmodule her, die mehrere Besonderheiten haben: Sie werden erstens aus Zellbruch und Teilzellen gebaut, zweitens in beliebigen Formen, und drittens werden sie ausgiebig klassifiziert. Denn auch wenn Module für Kleinanwendungen billig sind, so sind es Produkte, in die sie integriert sind, nicht unbedingt. So will sich beispielsweise auch ein Betreiber von solar gespeisten Parkuhren darauf verlassen, dass er nicht ständig Ausfälle hat. Gegründet wurde Opes Solutions von Frank Hsu und Tom Tang in Taiwan und von Robert Händel in Deutschland. Er war bis zum Jahr 2012 bei Innotech Solar für den globalen Vertrieb und das Zellengeschäft in Asien zuständig. pv magazine sprach mit Robert Händel über sein Vorhaben und den Offgrid-Markt.
Was ist das Besondere an den Kleinmodulen von Opes Solutions?
Robert Händel: Wir haben Opes Solutions gegründet, weil im Kleinmodulbereich bisher kein Qualitätsstandard herrscht und wir das ändern wollen. Normalerweise nehmen Hersteller einfach Restzellen aus der Standard-Zellproduktion. Es gibt in China circa 300 bis 400 kleine Firmen, die so etwas machen. Aber die Anforderungen ändern sich, wie sich die Geschäftsmodelle ändern: Wenn in Afrika jemand mit einem Pay-as-you-go-Bezahlsystem ein Fünf- oder Zehn-Watt-System verkauft, dann bleibt das System im Eigentum der Firma. Sie verkauft den Strom monatsweise und rechnet dann per Handybezahlung ab. Diese Firma ist natürlich daran interessiert, dass das Modul auch in 10 oder 15 Jahren eine gute Leistung bringt.
Wieso zerschneidet man für die Kleinmodule Zellen?
Mit den Kleinmodulen muss man eine gewisse Spannung erreichen, je nach Batteriesystem drei Volt, sechs Volt oder zwölf Volt. Eine einzelne Zelle hat immer nur 0,6 Volt. Man schneidet daher die Standard-sechs-Inch-Zellen klein und verschaltet sie hintereinander. Die Zellspannungen addieren sich dadurch. Das Zerschneiden wurde bisher oft manuell gemacht – die Volumen waren nicht so groß, und Handarbeit war in China billig. Die Produktion ist aber manuell nicht handhabbar, wenn man große Volumen mit einer guten Qualität produzieren will wie wir. Die Zellenindustrie stellt jetzt außerdem von drei auf vier Busbars um, teilweise sogar auf fünf Busbars. Das heißt, selbst bei geschnittenen Zellen muss man oft statt einem Busbar zwei Busbars löten. Das lässt sich manuell bei größeren Stückzahlen, zum Beispiel mehreren zehntausend Stück pro Monat für ein Produkt, kaum noch darstellen.
Wie schneiden Sie die Zellen?
Wir analysieren die Zellen und schneiden sie dann mit einem Flying Fiber Laser. Flying bedeutet, dass sich der Laserkopf oder die Auflageplattform nicht bewegen. Das erhöht nicht nur signifikant den Durchsatz, sondern ist auch viel präziser. Die kleinste Zelle ist eine 1/15-Zelle. Wir haben nicht nur das Zellenschneiden automatisiert, sondern auch die Verstringung. Eine Herausforderung ist, dass die großen Zellproduzenten bei ihren Entwicklungen natürlich nicht an die zerschnittenen Kleinzellen denken. Eine große Änderung war zum Beispiel, als Interrupted Busbars eingeführt wurden, die nicht mehr kontinuierlich auf der Rückseite verlaufen. Man muss beim Zerschneiden darauf achten, dass jedes Zellteil am Ende überhaupt eine Lötstelle hat. Das haben wir aber auch hinbekommen.
Machen das auch andere so?
Es gibt niemandem, von dem wir wissen, der in einem Prozess automatisiert Zellen schneidet und verstringt. Das Automatisierungsequipment haben wir selber entwickelt.
Sie waren früher bei Innotech Solar. Was sind die Überschneidungen mit der Opes-Technologie, was die Unterschiede?
Bei Innotech Solar war der Ansatz, bei Zellen, die Fehler haben, die Fehler zu detektieren und über einen Laser zu isolieren und die Zellen wieder in normale Standardmodule für Projekte zu bringen. Bei Opes sind wir fokussiert auf Klein- und Spezialmodule. Wir nehmen Zellen, auch wenn es defekte Zellen oder Bruchzellen sind, schneiden die noch mal unter bestmöglicher Flächennutzung automatisiert klein und nutzen die funktionierenden Teile, die keine Schädigungen haben. Diese qualifizieren wir optisch und elektrisch in unserem automatisierten Prozess komplett neu. Dadurch haben wir Topqualität. Wir haben zum Beispiel auch in der Linie eine Elektrolumineszenzmessung vor und nach der Lamination, wie es bei Großmodulen bei den großen Herstellern Standard ist. Bei den kleinen Modulen sind wir praktisch die Einzigen, die so etwas machen.
Ihre Zellen gehen ja auch nach Afrika in Solar-Home-Systeme. Was sind da die gängigsten Produkte?
Die kleinsten Module haben 0,3 bis 0,5 Watt. Die sind dann meistens integriert in eine Anwendung, die eine kleine Taschenlampe mit einem LED-Licht zur Verfügung stellt. Die etwas größeren Systeme mit zwei bis fünf Watt haben dann zusätzlich zur Grundbeleuchtung auch eine USB-Schnittstelle für die Handyladung. Ein Fünf-Watt-Modul ist etwas größer als ein halbes DIN-A4-Blatt. Das Nächste, was dazukommt, ist der Fernseher. Da sind jetzt die ersten 15-Zoll-LED-Geräte auf dem Markt, die einen Verbrauch von acht bis neun Watt haben und speziell für den DC-Markt entwickelt wurden. Da braucht man ein etwas größeres Panel mit 12, 25 oder sogar 50 Watt.
Warum haben Sie auch einen Rahmen entwickelt, der das Montagesystem spart?
Früher waren solche kleinen Module mit fünf oder zehn Watt einfach eine kleine Kopie des großen Bruders, mit kleinem Aluminiumrahmen. Der war dann oft komplett überdimensioniert und führte zu einem hohen Materialverbrauch. Man hat auch nicht bedacht, dass die Käufer oft gar kein Montagesystem verwenden. Gerade in Äquatornähe legen die Kunden die Module flach aufs Dach. Wenn man diese gerahmten Module flach aufs Dach legt, verschmutzen sie aber. Wir haben auch festgestellt, dass die Hitzeentwicklung sehr stark ist. Wegen dieser Punkte haben wir einen Rahmen entwickelt, der nur auf den beiden Längsseiten des Moduls montiert ist und dadurch eine Montage von oben ohne Montagesystem ermöglicht.
Den kann man einfach festschrauben?
Den kann man einfach von oben über zwei Laschen an der Seite festschrauben. Die Hinterlüftung ist dadurch, dass oben und unten an den kurzen Seiten kein Rahmen ist, auch viel besser. Das macht um die Mittagszeit bis zu zehn Grad Celsius bei der Zellentemperatur aus. Das sind ungefähr vier Prozent im Wirkungsgrad.
Wie laufen die Pay-as-you-go-Geschäftsmodelle, bei denen die kleinen Anlagen mit monatlichen Raten vermietet werden, wie zum Beispiel durch das Berliner Unternehmen Mobisol?
Die letzten drei Jahre ist das erst langsam hochgefahren. Jetzt werden es mehr und mehr Firmen. Auch klassische Firmen, die vorher nur Systeme verkauft haben, fangen an, Pay-as-you-go-Lösungen anzubieten. Im Kernmarkt Afrika ist die Bezahlung über das Handy einfach gang und gäbe. Die Geschäftsmodelle, die darüber funktionieren, sind schneller im Wachstum als andere. Es gibt inzwischen mehr als 20 Firmen, die in dem Bereich aktiv sind und größere Volumen umsetzen.
Gibt es noch andere Anwendungen für Ihre Module außer in den Solar-Home-Systemen in Afrika?
Wir werden jede Woche von Leuten kontaktiert, die irgendein System oder eine Anwendung haben und ein Solarmodul als Teil davon mit bestimmten elektrischen Werten und mit einer bestimmten Lebensdauer und einem bestimmten Gewicht und einer bestimmten Geometrie brauchen. Wir machen auch marine Module, die speziell für Salzwasseranforderungen gemacht und trittfest sind. Bei den Anfragen wird unser Designteam aktiv und entwickelt ein Modul. Besonders bei der Lebensdauer gibt es Unterschiede. Manche Produkte sind sehr preissensitiv, also gerade die kleinen Module mit einem halben oder einem Watt. Dann sind fünf Jahre Lebensdauer das Maximum, was geplant wird. Andere Anwendungen brauchen 20 oder 25 Jahre oder sogar noch mehr.
Zum Beispiel die solar gespeiste Laterne, zu der man nicht hinfahren will, um das Modul zu wechseln?
Genau. Wenn so ein Produkt 800 oder 1.000 US-Dollar kostet und irgendwo ganz weit abseits gelegen aufgestellt wird, dann sollte es möglichst lang funktionieren und robust sein. Das Panel ist dann oft so fest in die Anwendung integriert, dass es nicht einfach ausgetauscht werden kann.
Wie kann man ein Produkt absichtlich mit kürzerer Lebensdauer designen und so erreichen, dass es auch noch billiger ist?
Es gibt zum Beispiel verschiedene Rückseitenfolien. Man kann dort auf billiges PE gehen. Die meisten Kunden, die Qualität brauchen, nehmen TPE oder TPT. Bei der Anschlussdose gibt es auch viele Unterschiede. Sie ist bei den kleinen Modulen oft die Schwachstelle. Wir haben auch eine Lösung, bei der sie vergossen wird, die sehr gut ist.
Wie lange dauert solch eine Modulentwicklung?
Wir können relativ schnell innerhalb von vier Wochen einen Prototyp machen und innerhalb von sechs bis acht Wochen die Serienproduktion hochfahren. Wir können auch Kleinserien fahren, das sind dann oft nur 500 oder 1.000 Stück für eine bestimmte Anforderung. Das ist wichtig für unsere Kunden. Es sind viele Start-ups dabei, die mit einer neuen Idee kommen, bei der ein Solarpaneel ein Bestandteil ist. Die brauchen erst einen Prototyp, dann eine Kleinserie, aber dann auch einen Hersteller, der ihnen 40.000 Stück im Monat liefern kann.
Wie viel produziert Opes Solutions inzwischen?
Wir produzieren zunehmend mehr. Inzwischen kommen wir schon auf über 100.000 Module im Monat. Wir haben noch ein weiteres Geschäftsfeld: Dadurch, dass wir so effizient automatisiert Zellen schneiden und qualifizieren, bieten wir auch Teilzellen schon als Produkt, als Fertigprodukt für andere Kleinmodulhersteller an.
Welcher Modulleistung entspricht das?
Das ist von Monat zu Monat verschieden, je nachdem, für welche Anwendung wir produzieren. Marine Solarmodule haben zum Beispiel oft 80 bis 100 Watt. Meistens liegen wir aber im Schnitt um die 25 Watt.
Wie groß ist der Markt für Kleinmodule?
Das ist eine ziemlich gute Frage, die wir uns auch immer wieder stellen. Es gibt Studien, die sehen den Offgrid-Solarmarkt bei 1,3 Milliarden US-Dollar im Jahr 2016. Das Volumen ist so schwer abzuschätzen, weil oft Firmen mit einem Produkt auf uns zukommen, das es noch gar nicht gibt. Dafür gibt es noch keinen Markt. Der Markt wird zum Teil getrieben durch die schnellen Entwicklungen im LED-Bereich, wo Licht mit relativ wenig Energie produziert werden kann, und zum Teil durch den Batteriebereich. Derzeit kommen ständig neue Applikationen dazu. Zu dem Solar-Home-System-Markt in Afrika und Südostasien gibt es allerdings viele Studien. 1,4 Milliarden Menschen haben keinen Anschluss ans Stromnetz. Die sind potenzielle Kunden eines Solar-Home-Systems. Dann gibt es die Zahl der Handynutzer ohne Zugang zum Strom. Das sind auch ziemlich viele. Aber auch in den entwickelten Märkten gibt es ständig neue Anwendungen, bei denen ein Solarpaneel ein Teil sein kann, an das man früher vielleicht nicht gedacht hat, weil die Solarmodule noch viel zu teuer waren und es die Batterietechnik Lithium-Eisenphosphat noch nicht gab.
Was sind mögliche Anwendungen in Deutschland?
Wir machen gerade Prototypen für kleine, innovative Handyladegeräte. Dann werden für die Gebäudeintegration auch Panels gebraucht, die zum Beispiel die Jalousien oder Rollos betreiben. Oder für Messstationen.
Ihre Firma sitzt in Berlin, Taiwan und China. Wie kommt das?
In Deutschland sind der Vertrieb und die Produktentwicklung angesiedelt. Wir haben jetzt ein Projekt mit einem Fraunhofer-Institut begonnen, in dem wir nach neuen Materialien für spezielle Kleinmodule suchen. In Changzhou in China steht unsere Fabrik und in Shanghai gibt es ein Büro mit unserem Designteam.
Sie haben das Unternehmen gemeinsam mit zwei taiwanesischen Kollegen gegründet.
Ja, die Firma geht zurück auf mich und zwei Taiwanesen. Man kann sagen, es ist eine deutsch-taiwanesische Firma. Die Hauptmusik spielt jetzt aber in Deutschland und in China. In Hongkong haben wir noch ein Zwischenlager.
Wer hat die automatisierte Zerschneidung und Fertigung entwickelt?
Die haben wir mit unserer Kompetenz entwickelt. Meine Mitgründer aus Taiwan haben einen Hintergrund aus der Solarzellenindustrie und aus der Automatisierungstechnik. Ich bin kein Automatisierungstechniker, aber seit 15 Jahren in der Solarindustrie.
Ist Opes Solutions ein typisches Start-up und wie ist das Unternehmen finanziert?
Na ja, wir verwandeln uns gerade von einem Start-up zu einer richtigen Firma. Inklusive Produktion haben wir 70 Mitarbeiter, was sich aber ständig ändert, mit steigender Tendenz. Wir haben mit dem Eigenkapital der Gründer angefangen und sind bis dorthin gekommen, wo wir heute stehen. Wir schreiben seit dem zweiten Jahr schwarze Zahlen. Aber für die weiteren Investitionen in die Automatisierung, nach dem starken Wachstum von über 500 Prozent im letzten Jahr und dem daraus resultierenden Working-Capital-Bedarf, haben wir jetzt eine Finanzierungsrunde, für die wir noch einen Investor suchen. Der sollte uns nicht nur Geld zur Verfügung stellen, sondern möglichst auch über ein gutes Netzwerk und Know-how verfügen. Danach schauen wir sowohl in Deutschland als auch in Asien und in den USA.
Das Gespräch führte Michael Fuhs.

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