Sichere Photovoltaik: Berliner Tagung behandelt Themen von Glasbruch bis Rauchabzug

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Angesichts der Themen, mit denen sich die alljährlich durchgeführte PV-Sicherheitstagung in der vergangenen Woche beschäftigte, verwundert eigentlich nur eins: die Tatsache, dass der Saal mit  rund 100 Plätzen im Berliner VKU Forum groß genug war für die Veranstaltung mit dem vollständigen Titel „Qualität von PV-Anlagen und Batteriespeichern – 9. Planungs-, Betriebs- und Sicherheitstagung“. Organisiert wird sie von Conexio PSE in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS). Zuvor hatte die DGS bereits 2013 gemeinsam mit dem Haus der Technik erstmals eine „Deutsche Photovoltaik-Sicherheitstagung“ organisiert.

Das Spektrum reichte in diesem Jahr von „Regulatorische Anforderungen von Batteriespeichern“ über „Einfache Blendanalysen zur Vermeidung von Streitfällen“ und „Glasbruch: Erfahrungen aus der Praxis im Labor, der Produktion und im Feld“ bis hin zu „Brände und Explosionen von BESS“, also großen Batterie-Energiespeichersystemen. Ein gutes Beispiel für die Relevanz der Tagung liefert ein auf den ersten Blick unscheinbares Thema wie „PV-Module und RWA – Konkurrenz auf dem Dach?“ Das Kürzel RWA steht für Rauch- und Wärmeabzugsanlagen, konkret ging es um „natürliche RWA“, bei denen der thermische Auftrieb für die Rauchableitung genutzt wird. Laien würden von Dachkuppeln sprechen, eine RWA wird daraus allerdings nur, wenn sich diese Kuppeln (unter Umständen, je nach Form und Ausführung, auch Fenster oder Klappen) bei Rauchentwicklung öffnen. Selbstredend gibt es Bestimmungen für ihre Dimensionierung, Anordnung und Anzahl. Und außerdem, hier kommt die „Konkurrenz“ ins Spiel, darf ihre Funktion nicht durch andere Installationen beeinträchtigt werden. Das aber kann insbesondere auf Flachdächern durch dort montierte Solarmodule leicht geschehen.

Man könnte denken, dass Photovoltaik-Profis die entsprechenden Probleme kennen. Doch Alwine Hartwig von der VdS-Schadenverhütung GmbH, einem Tochterunternehmen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft, hatte ausgesprochen aufmerksame Zuhörer für ihren Vortrag. Im Kern ging es um die Weiterentwicklung der in DIN 18232 festgelegten Bestimmungen. Der VdS hat zudem in einer eigenen Richtlinie (VdS 2098) Anforderungen festgehalten.

Im Kern besteht das Problem darin, dass auf großen Flachdächern mit mehreren RWA die Luftströmung durch eine Photovoltaik-Anlage so verändert werden kann, dass der Rauch nicht mehr wie vorgesehen abziehen kann oder, noch schlimmer, nach dem Abziehen aus einer Öffnung durch eine andere wieder ins Gebäude zurückströmt. Die Unterbrechung großer Modulflächen, ein Mindestabstand zu Brandwänden von 1,25 Metern und von 0,5 Metern zu RWA galten hier lange als Standard. Mit einer Veröffentlichung von 2022 nahm der VdS einen Mindestabstand von 2,5 Metern als Anforderung auf – sofern die Module den Aufsatzkranz der RWA nicht überragen, was bei Ost-West-Ausrichtung meist der Fall ist.

In welche Richtung sich diese Standards entwickeln, soll eine Untersuchung zeigen. „Wir haben Existenzängste auf beiden Seiten“, fasst VdS-Referentin Hartwig zusammen: Die Photovoltaik-Branche fürchtet, dass durch Restriktionen in vielen Fällen nur noch unwirtschaftlich kleine Dachflächen für ihre Zwecke übrigbleiben, die Sicherheitsexperten sehen angesichts von Solarpflicht und anderen Faktoren den Druck zu maximaler Belegung wachsen.

Solche Ambivalenzen zogen sich wie ein roter Faden durch das Tagungsprogramm. Martin Seibring zum Beispiel, Manager Messstellenbetrieb bei zu den Münchener Stadtwerken gehörenden SWM Services GmbH, referierte über „Steuerungsrollout zum Smart Grid“. Danach waren die teilnehmenden Photovoltaik-Vertreter wahrscheinlich immer noch unzufrieden mit Verzögerungen beim Netzanschluss, Ärger durch das Abregeln von Anlagen und den schleppenden Smart-Meter-Rollout – aber ihr Verständnis für die Sicht eines Verteilernetzbetreibers dürfte größer geworden sein. Ähnlich verhält es sich mit dem Vortrag von Jonas Haack-Stappel, der für die Bundesnetzagentur über „Regulatorik zur Cybersicherheit im Sektor Energie“ referierte und unter anderem erläuterte, warum der gemeinsam mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) geführte IT-Sicherheitskatalog nicht mehr nur für Betreiber großer Anlagen gelten soll, sondern für jeden, der Zugriff auf große Erzeugungsleistungen hat – zum Beispiel Wechselrichterhersteller durch die Upgrades ihrer Geräte. Es wird, so Haack-Stappel, „eine sehr lange Liste von Akteuren“.

Auch Basilius Labbad, der als Geschäftsführer der Roofzon GmbH (eines Software-Spezialisten für Planung von Dachaufbauten und Solaranlagen) im Gremium für die geplante DIN 18199 Solaranlagen auf Dächern und an Fassaden sitzt, hatte ein aufmerksames Publikum. Die Norm, an der ein Ausschuss mit rund 70 Mitgliedern seit mittlerweile vier Jahren arbeitet, soll künftig Grundzüge für Planung, Bemessung, Errichtung, Abnahme und Instandhaltung von Montagesystemen für Photovoltaik- und Solarthermie-Anlagen definieren. Der Entwurf der Norm soll demnächst veröffentlicht werden – was bei DIN-Publikationen aber auch in diesem Stadium immer einen kostenpflichtigen Bezug bedeutet. Geht es nach der Terminplanung im Ausschuss, wird die Norm selbst dann im dritten Quartal 2026 publiziert. Rechtzeitig zur nächsten PV-Sicherheitstagung.

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