Wir brauchen Netzentgelte, die Flexibilität belohnen, statt sie zu bestrafen

Christina Hepp im Portrait, lächelnde Frau, verschränkte Arme

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Batteriegroßspeicher sind längst kein „nice-to-have“ mehr, sondern ein systemrelevantes Flexibilitätswerkzeug. Sie verschieben Energieflüsse zeitlich, dämpfen Lastspitzen und können, sofern richtig eingebunden, lokale Engpässe gezielt entschärfen. Genau deshalb sollten zukünftige Netzentgelte das tatsächliche Verhalten im Netz widerspiegeln. Netzdienliche Fahrweisen werden honoriert, netzneutrale bleiben entgeltfrei, netzbelastende zahlen verursachungsgerecht. Alles andere bremst Investitionen aus, verteuert den Netzausbau und verschwendet die Flexibilität, die wir bereits haben.

Der Status quo ist dafür ungeeignet. Heute sind Entgelte zu pauschal, die Signale des Strommarkts zu grob, und die Einstufung von Fahrweisen – netzdienlich, netzneutral, netzbelastend – zu oft intransparent und regional uneinheitlich. Projektentwickler und Investoren tragen dadurch unnötige Risiken und Netzbetreiber bleiben mit den lokalen Herausforderungen allein. Das Allgemeine Netzentgeltsystematik-Strom (AgNes)-Verfahren eröffnet die Chance, diese Schieflage zu beenden. Es kann ein modernes Entgeltsystem schaffen, das Markt- und Netzdienlichkeit versöhnt und die Interessen von Netzbetreibern und Kapitalgebern ohne neue Subventionslogik austariert.

Klar ist: Batteriegroßspeicher sind weder klassische Verbraucher noch Erzeuger. Sie stellen dringend benötigte Systemflexibilität bereit. Wenn sie das Netz nicht zusätzlich belasten – oder sogar entlasten –, darf daraus keine Entgeltpflicht erwachsen. Entgelte sind nur dann legitim, wenn nachweislich Kosten im Netz verursacht werden. Diese verhaltensbasierte Logik stärkt die Versorgungssicherheit, senkt Systemkosten und setzt Investitionsmittel dorthin frei, wo sie wirken: in regionale Entlastung statt in pauschale Umlagen.

Wie kommen wir dorthin?

  1. Dafür braucht es bundesweit einheitliche, überprüfbare Definitionen der Netzwirkung.
  2. Netzentgelte müssen bidirektional – für Bezug und Einspeisung – konsistent geregelt werden, damit Speicher wirtschaftlich tragfähig und netzdienlich handeln können, ohne in eine Doppelbelastung zu geraten.
  3. Preissignale müssen zeit- und ortsvariabel werden. Dynamische Netzentgelte bilden die lokale Netzsituation ab und geben Betreibern einen klaren Anreiz, Fahrpläne an Engpasslagen auszurichten – idealerweise viertelstundengenau und mit verlässlichem Day-ahead-Vorlauf. So lassen sich Regelenergiemärkte, Spotpreise und Netzerfordernisse verbinden, statt sie gegeneinander auszuspielen.

Dass das in der Praxis funktioniert, zeigt Regiolink von Green Flexibility: Speicher werden marktbasiert betrieben und in kritischen Situationen gezielt zur regionalen Entlastung eingesetzt – auf Basis standardisierter Prozesse, klarer Kriterien und ohne Zusatzaufwand für Netzbetreiber. Bereits heute laufen Anlagen im vertraglich abgestimmten Rahmen netzneutral oder netzunterstützend; bis zu einem definierten Anteil der Viertelstunden kann die Leistung eingeschränkt werden. Das Projektbeispiel Immenstadt in Kooperation mit Allgäuer Überlandwerk und Allgäu Netz unterstreicht: Netzneutralität oder sogar Netzdienlichkeit sind machbar, wenn Rahmenbedingungen planbar und wirtschaftlich tragfähig sind. Was fehlt, ist die Skalierung über standardisierte Netzanschlussverträge und eine konsequente Entgeltlogik.

Dynamische Netzentgelte sind dabei der Hebel zur Systemeffizienz. In unkritischen Netzlagen folgt der Speicher dem Markt. In Engpässen setzt das Entgelt ein klares, kostenreflexives Signal und bringt Flexibilität dorthin, wo sie zeitlich und räumlich gebraucht wird. Das reduziert Redispatch, schafft Planbarkeit im Netzbetrieb, nutzt vorhandene Infrastruktur besser aus und begrenzt Netzausbaubedarf. Voraussetzung ist digitale Transparenz: Prognosen, automatisierte Kommunikation von Engpässen und Preissignalen (zum Beispiel T-1, 7:30 Uhr) sowie regelmäßige Überprüfung der tatsächlichen Netzwirkung anhand klarer Kennzahlen.

Parallel gehören kurzfristige Anpassungen der KraftNAV (Kraftwerksnetzanschlussverordnung) auf die Agenda. Das Windhundprinzip blockiert heute verfügbare Netzkapazitäten durch unreife Anträge und überfordert die Prozesse. Eine Priorisierung nach Qualität, Reifegrad, Finanzierung – und verifizierter Netzdienlichkeit oder Netzneutralität – beschleunigt den Anschluss der Projekte, die das System wirklich unterstützen.

AgNes und KraftNAV greifen ineinander. Entgelte setzen die richtigen Anreize, Anschlussregeln priorisieren die richtigen Projekte.

Die Alternative ist bekannt und teuer: Starr angewandte Bezugsentgelte und fehlende regionale Signale machen rein netzdienliche Fahrweisen betriebswirtschaftlich untragfähig. Dann werden Speicher zur Fördertechnologie. Das widerspricht dem Ziel eines marktwirtschaftlich getragenen, resilienten Energiesystems. Der Weg nach vorn ist deshalb klar: Netzentgelte konsequent an Netzdienlichkeit ausrichten, Netzwirkung transparent messen, dynamische Preisbildung einführen, KraftNAV auf Projektreife und Systemnutzen trimmen. So kombinieren wir Wirtschaftlichkeit mit Netzstabilität und machen Batteriegroßspeicher zum planbaren, bezahlbaren Rückgrat der Energiewende.

Zum ganzen Positionspapier: Link

Die Autorin Christina Hepp ist Director of Strategy bei Green Flexibility und verantwortet die Entwicklung und Umsetzung aller strategischen Initiativen im Unternehmen. Zuvor war sie fast fünf Jahre bei Sonnen tätig, wo sie unter anderem das Innovation & Intelligence Team aufbaute und leitete.

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