Batteriegroßspeicher sind längst kein „nice-to-have“ mehr, sondern ein systemrelevantes Flexibilitätswerkzeug. Sie verschieben Energieflüsse zeitlich, dämpfen Lastspitzen und können, sofern richtig eingebunden, lokale Engpässe gezielt entschärfen. Genau deshalb sollten zukünftige Netzentgelte das tatsächliche Verhalten im Netz widerspiegeln. Netzdienliche Fahrweisen werden honoriert, netzneutrale bleiben entgeltfrei, netzbelastende zahlen verursachungsgerecht. Alles andere bremst Investitionen aus, verteuert den Netzausbau und verschwendet die Flexibilität, die wir bereits haben.
Der Status quo ist dafür ungeeignet. Heute sind Entgelte zu pauschal, die Signale des Strommarkts zu grob, und die Einstufung von Fahrweisen – netzdienlich, netzneutral, netzbelastend – zu oft intransparent und regional uneinheitlich. Projektentwickler und Investoren tragen dadurch unnötige Risiken und Netzbetreiber bleiben mit den lokalen Herausforderungen allein. Das Allgemeine Netzentgeltsystematik-Strom (AgNes)-Verfahren eröffnet die Chance, diese Schieflage zu beenden. Es kann ein modernes Entgeltsystem schaffen, das Markt- und Netzdienlichkeit versöhnt und die Interessen von Netzbetreibern und Kapitalgebern ohne neue Subventionslogik austariert.
Klar ist: Batteriegroßspeicher sind weder klassische Verbraucher noch Erzeuger. Sie stellen dringend benötigte Systemflexibilität bereit. Wenn sie das Netz nicht zusätzlich belasten – oder sogar entlasten –, darf daraus keine Entgeltpflicht erwachsen. Entgelte sind nur dann legitim, wenn nachweislich Kosten im Netz verursacht werden. Diese verhaltensbasierte Logik stärkt die Versorgungssicherheit, senkt Systemkosten und setzt Investitionsmittel dorthin frei, wo sie wirken: in regionale Entlastung statt in pauschale Umlagen.
Wie kommen wir dorthin?
- Dafür braucht es bundesweit einheitliche, überprüfbare Definitionen der Netzwirkung.
- Netzentgelte müssen bidirektional – für Bezug und Einspeisung – konsistent geregelt werden, damit Speicher wirtschaftlich tragfähig und netzdienlich handeln können, ohne in eine Doppelbelastung zu geraten.
- Preissignale müssen zeit- und ortsvariabel werden. Dynamische Netzentgelte bilden die lokale Netzsituation ab und geben Betreibern einen klaren Anreiz, Fahrpläne an Engpasslagen auszurichten – idealerweise viertelstundengenau und mit verlässlichem Day-ahead-Vorlauf. So lassen sich Regelenergiemärkte, Spotpreise und Netzerfordernisse verbinden, statt sie gegeneinander auszuspielen.
Dass das in der Praxis funktioniert, zeigt Regiolink von Green Flexibility: Speicher werden marktbasiert betrieben und in kritischen Situationen gezielt zur regionalen Entlastung eingesetzt – auf Basis standardisierter Prozesse, klarer Kriterien und ohne Zusatzaufwand für Netzbetreiber. Bereits heute laufen Anlagen im vertraglich abgestimmten Rahmen netzneutral oder netzunterstützend; bis zu einem definierten Anteil der Viertelstunden kann die Leistung eingeschränkt werden. Das Projektbeispiel Immenstadt in Kooperation mit Allgäuer Überlandwerk und Allgäu Netz unterstreicht: Netzneutralität oder sogar Netzdienlichkeit sind machbar, wenn Rahmenbedingungen planbar und wirtschaftlich tragfähig sind. Was fehlt, ist die Skalierung über standardisierte Netzanschlussverträge und eine konsequente Entgeltlogik.
Dynamische Netzentgelte sind dabei der Hebel zur Systemeffizienz. In unkritischen Netzlagen folgt der Speicher dem Markt. In Engpässen setzt das Entgelt ein klares, kostenreflexives Signal und bringt Flexibilität dorthin, wo sie zeitlich und räumlich gebraucht wird. Das reduziert Redispatch, schafft Planbarkeit im Netzbetrieb, nutzt vorhandene Infrastruktur besser aus und begrenzt Netzausbaubedarf. Voraussetzung ist digitale Transparenz: Prognosen, automatisierte Kommunikation von Engpässen und Preissignalen (zum Beispiel T-1, 7:30 Uhr) sowie regelmäßige Überprüfung der tatsächlichen Netzwirkung anhand klarer Kennzahlen.
Parallel gehören kurzfristige Anpassungen der KraftNAV (Kraftwerksnetzanschlussverordnung) auf die Agenda. Das Windhundprinzip blockiert heute verfügbare Netzkapazitäten durch unreife Anträge und überfordert die Prozesse. Eine Priorisierung nach Qualität, Reifegrad, Finanzierung – und verifizierter Netzdienlichkeit oder Netzneutralität – beschleunigt den Anschluss der Projekte, die das System wirklich unterstützen.
AgNes und KraftNAV greifen ineinander. Entgelte setzen die richtigen Anreize, Anschlussregeln priorisieren die richtigen Projekte.
Die Alternative ist bekannt und teuer: Starr angewandte Bezugsentgelte und fehlende regionale Signale machen rein netzdienliche Fahrweisen betriebswirtschaftlich untragfähig. Dann werden Speicher zur Fördertechnologie. Das widerspricht dem Ziel eines marktwirtschaftlich getragenen, resilienten Energiesystems. Der Weg nach vorn ist deshalb klar: Netzentgelte konsequent an Netzdienlichkeit ausrichten, Netzwirkung transparent messen, dynamische Preisbildung einführen, KraftNAV auf Projektreife und Systemnutzen trimmen. So kombinieren wir Wirtschaftlichkeit mit Netzstabilität und machen Batteriegroßspeicher zum planbaren, bezahlbaren Rückgrat der Energiewende.
Zum ganzen Positionspapier: Link
Die Autorin Christina Hepp ist Director of Strategy bei Green Flexibility und verantwortet die Entwicklung und Umsetzung aller strategischen Initiativen im Unternehmen. Zuvor war sie fast fünf Jahre bei Sonnen tätig, wo sie unter anderem das Innovation & Intelligence Team aufbaute und leitete.
Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion@pv-magazine.com.
Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.







Es gibt zwei Begriffe von “Netzdienlich“.
Den Verbrauch zeitlich zu ändern
oder bei Einspeisung den Strom zu verteilen und zeitlich zu ändern.
Es gibt keine Simulation keine Beispiele nur blabla.
Nur weil man das Wort wie Wasserstoff oft schreibt, wird es nicht wesentlich besser und günstiger!
Was schlagen Sie denn vor, um ein langfristig günstiges, nachhaltiges und politisch unabhängiges Energiesystem in Deutschland und Europa zu schaffen?
Es ist eigentlich egal, ob Frau Reiche oder Habeck an der Regierung wären, denn beide würden die Energiewende nicht so weiterlaufen lassen.
Genau deswegen war Habeck auch so beliebt, denn er war ein Realist.
Die Deindustrialisierung ist in vollem Gange.
Es fehlt noch etwas: weniger Netzausbau durch die Deindustralisierung
Was man nicht alles lernt: Netzentgelte sollen flexibel bleiben, weil es die Kosten auch sind? Da staunt der Laie, der Fachmann wundert sich.
Hier wird Lobbyismus betrieben, der Name ist Programm.
Das gibt es doch bereits. Hat die alte Regierung schon längst auf den Weg gebracht. Jedenfalls in Teilen. Auf jeden Fall kann sich bereits seit April diesen Jahres jeder für variable Netzentgelte entscheiden. Sind zwar noch etwas grob, da pauschal nach Zeiten berechnet wird. Aber es kommt schon sehr nah an die aktuelle Stromsituation dran und ist vor allem sehr einfach umzusetzen.
Ein allgemeines Problem mit dynamischen Preisen ist, dass dann logischerweise manche Verbraucher mit höheren Preisen konfrontiert werden.
Welche Eltern regen sich nicht auf, dass man mit schulpflichtigen Kindern in der teuersten Zeit verreisen muss? Aber nur über günstigere Preise kann man die Leute, die flexibel sind, in die Nebensaison locken.
Selbst die Bahn hat dynamische Preise, um die Züge besser auszulasten, aber viele wünschen sich natürlich die freie Zugwahl für alle und für immer. Das ist aber wirtschaftlich nicht sehr effizient.
Auch Freizeitparks gehen mehr und mehr zu dynamischen / tagesspezifischen Preisen über.
Unter Effizienzgesichtspunkten (= möglichst hohe Wohlfahrt) ist es das Natürlichste der Welt, dass wenn das Netz hoch ausgelastet ist, höhere Preise für das Netz zu bezahlen sind, als wenn das Netz wenig ausgelastet ist. Ziel ist die möglichst gleichmäßige Auslastung.
Da es aber im Gegensatz bspw. zu Fluganbietern keinen Wettbewerb im Stromnetz gibt, soll vermieden werden, dass Netzbetreiber die Netzkapazität absichtlich verknappen, um vermehrt höhere Gebühren bei hoher Netzauslastung abkassieren zu können.
Der Extremfall im Verteilnetzbereich ist der §14 EnWG: gibt es ein „Drosselungssignal“ für schaltbare Lasten (Wärmepumpen, Wallboxen etc.) muss danach das Netz ausgebaut werden. Auch dies ist wiederum „extrem“ => kann es nicht ggf. dauerhaft zu erdulden sein, dass man ein paar Stunden pro Jahr *nicht* das E-Auto laden darf? Muss der Netzausbau so erfolgen, dass rund um die Uhr jeder noch so hohe Spitzenlastbedarf befriedigt werden kann?
Die Monopolregulierung der Netzbetreiber ist nicht ganz trivial. Dynamische Preise helfen aber bei der besseren Auslastung.
MB schrieb:
„Der Extremfall im Verteilnetzbereich ist der §14 EnWG: gibt es ein „Drosselungssignal“ für schaltbare Lasten“
Leider ist da das Pferd verkehrt herum aufgezäumt worden. Statt Verbrauch vorzuziehen, zu flexibilisieren, wird statt dessen weggeworfen und mit fossilen Brennstoffen ersetzt. Also genau das Gegenteil von dem, was da eigentlich erzielt werden soll.
Das Witzige dabei ist, dass die Netzbetreiber nicht viel mehr über den tatsächlichen Zustand ihrer Netze wissen als die freundliche Dame, die Dir am Wochenende die Brötchen verkauft hat. Und auf Basis dieses Nichtwissens werden dann qualifizierte Entscheidungen getroffen? Naja. Immerhin ambitioniert, das muss erst einmal reichen.
Man sollte vom Netzbetreiber steuerbare Blockheizkraftwerke, die sowohl Strom ins Netz einspeisen als auch lokal im Haus Wärme an einen Speicher abgeben und Akkus aufladen, stärker berücksichtigen.
Sie wären für die Dunkelflaute ein Lösungsbeitrag.