Monatliches Energiemarkt-Update: Die Suche nach dem Preisboden hält an…

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Die Stimmung an den europäischen Energiemärkten blieb im Februar über weite Strecken getrübt. Einen besonders negativen Einfluss – mit einem für die Jahreszeit ungewöhnlich niedrigen Strom-, Wärme- und Erdgasverbrauch – übten die extrem milden Witterungsverhältnisse in großen Teilen des Kontinents aus. In der Folge gingen auch die Kohleverfeuerung und die CO2-Emissionen zurück, sodass die Preise an allen diesen Märkten unter Abwärtsdruck gerieten.

Aus denselben Gründen fiel die Entnahme aus Gasspeichern in Europa äußerst niedrig aus: So erreichten die Gasvorräte am Monatsende einen für diesen Zeitpunkt im Jahr rekordhohen Stand. Insgesamt bestehen nur wenige bis gar keine Bedenken, dass 2024 genügend Vorräte angelegt werden können, um die Nachfrage im nächsten Winter zu decken. Tatsächlich fielen die Gaspreise und kurbelten so das Nachfragewachstum außerhalb Europas an. Dadurch wurde das LNG-Angebot umgeleitet, was das vorzeitige Befüllen europäischer Lagertanks verhinderte. In Europa waren die Gaspreise im Kampf um die Nachfrage bereits so weit gefallen, dass nahezu alle Kohlekraftwerke aus der Merit-Order gedrängt wurden. Dies mündete in eine massive Abnahme des Kohleverbrauchs und einen zeitgleichen erheblichen Rückgang der CO2-Emissionen im System.

Gleichwohl tendierten die Preise am Monatsende plötzlich wieder nach oben. Hauptgrund war, dass die USA den Kohlekonzern SUEK und damit einen der größten Kohleexporteure Russlands mit Sanktionen belegten. Für China, Indien oder die Türkei und dementsprechend die aktuellen Hauptkunden für russische Kohle dürfte dies nach unserer Einschätzung kaum relevant sein. Allerdings könnte es Südkoreas Abkehr vom Kauf russischer Kohle beschleunigen. Sollte sich das Land stattdessen kolumbianischer oder südafrikanischer Kohle zuwenden, könnte das Überangebot am Atlantikmarkt gesenkt werden, insbesondere wenn China gemäß seiner Ankündigung vom Jahresanfang zeitgleich mehr kolumbianische Kohle kauft.

Welle der Gewinnmitnahmen

Darüber hinaus gaben sowohl die Preise für Gas als auch für CO2 in den letzten Monaten nicht nur wegen der Fundamentaldaten nach, sondern auch aufgrund spekulativer Transaktionen zur Ausnutzung dieses Trends. Möglicherweise musste lediglich dieser eine Funke Optimismus von der Kohle ausgehen, um eine erste Welle der Gewinnmitnahmen auszulösen, wenngleich die fundamentale Verflechtung mit Gas und CO2 aktuell recht schwach ist und Gas bei der Stromerzeugung Kohle bereits eindeutig abgehängt hat.

Aktuell lässt sich kaum einschätzen, ob die Änderung der Stimmung von Dauer ist und folglich eine anhaltende Erholung der Preise am Energiemarkt signalisiert. In puncto Fundamentaldaten hängt unseres Erachtens noch immer vieles von den weiteren Entwicklungen der Nachfrage und den Versorgungsbedingungen am Gasmarkt ab. Dabei stellt sich die Frage, ob Gas durch die Ankurbelung der Nachfrage aus Asien und damit die effektive Reduzierung des LNG-Angebots in Europa wieder ein Gleichgewicht finden wird. Oder aber wird in Europa eine zusätzliche Nachfrage aktiviert werden müssen, indem Braunkohlekraftwerke in der Merit-Order ersetzt werden? Da sich die Antworten auf diese Fragen auf die CO2-Emissionen und die marginalen Lieferanten des Stromsektors auswirken, würden wir den aktuellen Abwärtszyklus noch nicht unbedingt als beendet betrachten.

— Der Autor Andy Sommer ist seit 1992 als Analyst in der Energiebranche aktiv und bewertet seit 2008 für Axpo die globalen Märkte. Seit einigen Jahren führt er das Team „Fundamental Analysis & Modeling“, mit dem er für interne und externe Kunden Einschätzungen zu den Energiemärkten in Europa und weltweit erstellt. Das Team konnte mit seinen Services im Jahr 2021 den Energy Risk Award für „Research in European Power“ gewinnen. www.axpo.com —

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