Die Sonne schickt uns eine Rechnung

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Herrmann Scheer prägte den Ausspruch: Die Sonne schickt keine Rechnung! Damit drückte er aus, dass bei Nutzung der Sonnenenergie keine Brennstoffkosten entstehen. Die Ernte der Sonnenenergie und ihre Umwandlung in Wärme und Strom stehen jedem Menschen offen, wie das Tomatenzüchten auf dem Balkon. Eigenverbrauch von Sonnenstrom wirkt im Stromnetz wie Energiesparen durch einen effizienteren Kühlschrank. Kaum zu glauben, aber wahr: Der Deutsche Bundestag hat auf Vorschlag unserer Bundesregierung tatsächlich beschlossen, dass bei uns in Deutschland die Nutzung der Sonnenenergie nicht mehr kostenlos sein wird. Selbst verbrauchter Solarstrom wird mit einer Abgabe von 40 Prozent der Umlage nach dem Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) belegt, im Augenblick etwa 2,5 Cent je Kilowattstunde. In Deutschland wird die Sonne künftig eine Rechnung schicken, eine Idee, die man bisher höchstens den Bügern von Schilda zugetraut hätte!

Diese Sonnenabzocke hört sich harmlos an, was sind schon 2,5 Cent? In Wahrheit stellt dies aber eine ganz erhebliche Belastung dar: Durch den schier unglaublichen Preisverfall in der Photovoltaik können wir heute Solarstrom im sonnenarmen Deutschland für nur circa 10 Cent je Kilowattstunde erzeugen. Daher erhöhen 2,5 Cent die Kosten um ein Viertel und stören oder zerstören viele Rentabilitätsrechnungen für Solaranlagen, auch wenn Kleinanlagen ausgenommen bleiben.

Erinnern wir uns: Das gewichtigste Argument für das neue EEG war, dass wir den starken Anstieg der Stromkosten durch den raschen Aufwuchs der erneuerbaren Energien stoppen sollten. Dieser Aufwuchs wurde in den Diskussionen oft der Photovoltaik zugeschrieben, da diese Technik gut sichtbar ist und am schnellsten wuchs. Dabei benötigt gerade die PV die Einspeisetarife des EEG kaum mehr. Der Unterschied zwischen dem Preis von Strom aus der Steckdose und Strom vom Dach ist so groß geworden, dass man oft – auch mit Hilfe von Batterien – den Großteil des Solarstroms gern selbst verbraucht und die Frage des Einspeisetarifs für den Reststrom die Wirtschaftlichkeitsrechnung nur wenig beeinflusst. Durch Wohn- und Häusergemeinschaften lässt sich dies auf Wohnblöcke und Stadtviertel übertragen.

Anstatt in der EEG-Novelle die Unterstützung des Solarstroms nur herunterzufahren, entschloss sich die Bundesregierung, von der Unterstützung auf Belastung umzuschalten. Die Frage stellt sich, welche Rolle hier die engen Verflechtungen der Parteien und Politiker mit der konventionellen Energiewirtschaft spielen. Für die milliardenschwere Branche der Kohle- und Kernkraftwerksbetreiber wird die Selbsterzeugung von Solarstrom eine zunehmende Irritation: Jede so erzeugte Kilowattstunde muss nicht mehr von den Stromkonzernen bezogen werden, es geht um Milliardenbeträge. Der rasche Aufwuchs dieser Technologie musste gestoppt werden, und die Politiker sind leider über diesen Stock gesprungen.

Dabei hat sich herumgesprochen, dass das Kernargument – weniger Belastung für den Stromverbraucher – nicht stichhaltig ist: Die Auszahlungen an die Erzeuger erneuerbaren Stroms haben sich von 2009 bis 2013 nur verdoppelt, von 10 auf 20 Milliarden Euro. In derselben Zeit stieg aber die EEG Umlage um einen abenteuerlichen Faktor fünf, von 1,2 Cent je Kilowattstunde auf 6,2 Cent je Kilowattstunde! Ein Schelm, wer denkt, dass dies nur ein Unfall im Kleingedruckten des EEG war – die Stichworte sind Wälzungsmechanismus und Ausnahme von stromverbrauchender Industrie. Auch bis 2009 wurde die im internationalen Wettbewerb stehende stromintensive Industrie von der EEG- Umlage ausgenommen. Seid 2009 wurde aber die Beschränkung auf Firmen im internationalen Wettbewerb zunehmend aufgehoben, selbst Golfclubs mit hohem Stromverbrauch können sich von der Umlage befreien. Auch die komplexe Berechnungsmethode wurde so verändert, dass die EEG-Umlage steigt, wenn das Einspeisen von erneuerbarem Strom zur Absenkung der Strompreise am Spotmarkt führt. Eine Strafe für diesen an sich so erwünschten Effekt der Energiewende.

Wenn es darum ginge, den Energiesektor in die richtige Richtung zu steuern, weg vom Kohlestrom, der sich wachsender Anteile am Strommarkt erfreut, gäbe es eine Lösung: CO2-Ausstoß muss wirksam bepreist werden, durch Mindestpreise für CO2-Zertifikate oder eine Steuer für klimaschädliche CO2-Emissionen. Das Wort Steuer kommt vom Verb steuern. Umsteuern, um den CO2-Ausstoß zu vermeiden, wäre vernünftiger als die beschlossene Belastung von Sonnenstrom!

– Eicke Weber ist Direktor des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme in Freiburg. Die Erstveröffentlichung seines Kommentars erfolgte Anfang August in der Badischen Zeitung. –

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