BDEW zur Ministerpräsidentenkonferenz: Modernisierungsagenda setzt an den richtigen Stellen an – nun darf aus dem Tiger kein Papiertiger werden

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„Die Energiewirtschaft wird seit Jahren mit einer wachsenden Anzahl an Vorgaben, Berichts- und Meldepflichten belastet. Der jährliche Erfüllungsaufwand für die mehr als 15.000 zu beachtenden Normen beträgt 8,2 Milliarden Euro, davon 1,5 Milliarden Euro für die Erfüllung von Informationspflichten“, erklärt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. „Jede unnötige Schleife, jede doppelte Dokumentation und jedes überholte Verfahren kostet wertvolle Monate. Die Modernisierungsagenda setzt an den richtigen Stellen an. Sie bietet die Chance, zentrale Hemmnisse zu lösen und Verfahren dauerhaft zu vereinfachen. Gleichwohl könnte sie an einzelnen Stellen noch ambitionierter sein. Jetzt kommt es darauf an, dass die Vorschläge entschlossen umgesetzt werden, damit aus der Agenda ein echter Aufbruch wird. Wir brauchen Regeln, die moderne Verfahren ermöglichen, statt sie auszubremsen. Es bleibt zu hoffen, dass nicht im Zuge der Verhandlungen aus dem Tiger ein Papiertiger wird.“

Im Einzelnen:

Der BDEW begrüßt sehr die geplante vierwöchige Regelfrist für alle am Gesetzgebungsprozess Beteiligten. Diese Zeit wird insbesondere für die Verbändeanhörung benötigt, um mit der notwendigen Sorgfalt die Auswirkungen und die Praktikabilität von Gesetzesvorhaben mit den Unternehmen zu prüfen. Zuletzt waren Fristen von nur drei bis sechs Tagen keine Seltenheit.

Positiv ist auch der Grundsatz, dass neue Gesetze nicht einfach auf bestehende Regelungen aufgesetzt werden, sondern zugleich zum Anlass genommen werden, das bestehende Recht zu vereinfachen. Die vorgeschlagenen Sofortmaßnahmen zur Reduzierung der in den letzten Jahren stark ausgeweiteten Berichts-, Dokumentations- und Nachweispflichten – etwa im Umwelt- und Nachhaltigkeitsbereich – bieten hohes Entlastungspotenzial, ohne das Umweltschutzniveau abzusenken.

Die Energie- und Wasserwirtschaft ist auf schnelle und verlässliche Verfahren angewiesen. Die geplante Anhebung der Schwellenwerte bei der Umweltverträglichkeitsprüfung ist ein wichtiger Schritt zur Beschleunigung. Der Vorstoß für einen frühen Stichtag im Verwaltungsverfahrensgesetz als Grundlage für die Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit ist ein weiterer richtiger Ansatz. Jedoch sollte diese alle Genehmigungsaspekte umfassen und nicht nur die Schutzgüter des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung.

Die verstärkte Nutzung von Genehmigungsfiktionen kann einen bedeutenden Beitrag für schnellere Verfahren leisten. Zu Bedenken ist, dass hierdurch das Risiko einer Klage und Aufhebung vor Gericht steigen kann. Bei komplexen Vorhaben sollte daher eine Genehmigungsfiktion ausschließlich auf Antrag des Vorhabenträgers angewendet und sichergestellt werden, dass Behörden nicht aus Vorsicht Projekte ablehnen oder durch wiederholte Nachforderungen verzögern.

Die Agenda sieht eine Überprüfung und gegebenenfalls Streichung aller Verweise auf externe Normen in Bundes- und Landesgesetzen vor. Zu beachten ist hierbei, dass im Energie- und Umweltrecht solche Verweise essenziell für eine praxistaugliche und rechtssichere Umsetzung – etwa bei Brennstoffqualität, Energieeffizienz, Messtechnik oder technischer Ausstattung – sind. Hier bedarf es einer differenzierten Betrachtung unter Einbeziehung der Energiewirtschaft.

Der BDEW hat frühzeitig umfassende Vorschläge zur Verschlankung und Beschleunigung von Genehmigungsverfahren vorgelegt, viele davon finden sich nun in der der Modernisierungsagenda wieder. Für den weiteren massiven Infrastrukturausbau ist es entscheidend, dass die Maßnahmen zügig aufgegriffen werden und möglichst schon in laufenden Gesetzgebungsverfahren einfließen, ohne diese zu verzögern – etwa bei der Umsetzung der Industrieemissionsrichtlinie.

Auch auf das Thema der Resilienz und ihrer Stärkung geht die Modernisierungsagenda ein. Insbesondere kritische Infrastrukturen müssen hierbei mitgedacht werden. So braucht es zum einen den stärkeren Austausch von relevanten Informationen zwischen den beteiligten Diensten und der Branche sowie die Beteiligung der Branche an zuständigen Gremien wie dem Nationalen Sicherheitsrat. Zum anderen ist insbesondere der Vorschlag wichtig und richtig, dass eine frühzeitige Aktivierung von Sicherstellungsgesetzen bei relevanten Sicherheitslagen ermöglicht wird.