Start-up des Monats: Leichtere Genehmigungen mit conductr-Plattform für Projektentwickler, Anlagenerrichter und Dienstleister

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Wer seid ihr?

Gratian Permien (CEO): Wir sind eine B2B-Software-as-a-Service-Plattform, die eine Vielzahl von Genehmigungsprozeduren sowie angrenzender Aufgabenstellungen für Energie-Assets, digitalisiert und automatisiert. Wir bringen einige Erfahrung sowohl aus der Industrie als auch aus dem Bereich Digitalisierung von Geschäftsprozessen und Bau der dafür notwendigen Tools mit – das ist eine super Kombination.

Was bedeutet euer Name?

“Conductr” kommt vom englischen Wort conductor, was zu Deutsch sowohl “elektrischer Leiter” – hier spielen wir auf Elektrifizierung als absolute Notwendigkeit an – als auch “(An-)leitende Person” bedeutet – denn das ist es, was conductr tut: anleiten, auf dem komplexen Weg zur Inbetriebnahme von Anlagen.

Wer sind eure Kunden?

Zielkunden sind Projektentwickler, Planer, Installateure, die mehrere gewerbliche Photovoltaik-, Batteriespeicher- oder Onshore-Windenergieanlagen pro Jahr entwickeln und bauen. Dabei sind wir sowohl C&I als auch Grid- & Utility-Scale Anlagen gegenüber offen. Meistnachgefragt derzeit sind Photovoltaik- und Batteriespeicher-Anlagen der Leistungsklassen zwischen 500 Kilowatt, manchmal auch kleiner, und circa 10 Megawatt.

Welches Problem, welche Herausforderung haben eure Kunden?

Jedes Asset (gewerbliche Erzeugungsanlagen und Flexibilitäten, zum Beispiel Batteriespeicher oder Großwärmepumpen) muss initial und während seiner Laufzeit mehrfach und zu mehreren Themen analysiert, geprüft, begutachtet und zertifiziert werden. Diese Prozeduren greifen auf sehr ähnliche Datenbasis zurück, aber dennoch nicht ineinander. Sie sind ungerichtet und durch viele Iterationen und Wartezeiten geprägt. Ergebnis: Die Assets kommen zu langsam ans Netz, was die Energiewende ausbremst und für alle Beteiligten hohe Kosten und Zeitverluste, im worst case sogar einen Verlust der Projektfinanzierung verursacht. So gehen etwa mit einem Solarpark, der wegen solcher Probleme einen Monat später ans Netz geht als geplant, allein durch die verlorene Einspeisung fünfstellige Kosten einher.

Start-up des Monats von pv magazine und Vireo Ventures

In Kooperation mit Vireo Ventures, einem Frühphasen-Investor für eine vollständig elektrifizierte Welt, präsentieren wir monatlich ein aufstrebendes Unternehmen, das an Innovationen für die Solarbranche arbeitet und das wir für interessant halten. Wir wollen aufzeigen, was die Visionen der Unternehmer sind, aber auch wo diese Start-ups heute stehen und wo es konkrete Möglichkeiten für Kooperationen gibt.

Wenn du Dein Start-up als Start-up des Monats präsentieren möchtest, fülle bitte den folgenden Fragebogen aus:
-> Zum Fragebogen

Du kannst uns auch per Email an pv magazine und Vireo kontaktieren:
-> Start-up-des-monats@vireo.vc

Wir freuen uns auch über für Rückmeldungen zu den vorgestellten Unternehmen, zu deren Fragen (siehe ganz unten) und zu unserer Auswahl an diese E-Mail-Adresse.

Hier finden Sie die bisherigen Start-up des Monats

Welche Lösungen gibt es dafür bisher auf dem Markt?

Dass kommt auf die Betrachtungsweise an: Bisher arbeiten die beteiligten Parteien zur Erzielung recht klassisch. Lösungen sind also Internet-Recherche, Messegespräche, Ausfüllen von PDF-Formularen, Datenpunkte mit Copy und Paste von Links nach Rechts kopieren, Berichterstellung in Textverarbeitungsprogrammen, Email- oder Postversand, Koordination am Telefon oder im besten Fall mit Hilfe eines Projektmanagementwerkzeugs oder zumindest eines Cloud-Ordners. So langsam tut sich allerdings etwas im Markt. Es entstehen neue Angebote für Teil-Domänen. Einige Marktteilnehmer etwa haben sich explizit auf Anlagenzertifizierungsleistungen spezialisiert und dazu ein digitales Frontend geschaffen.

Welche Lösung bietet ihr euren Kunden an und gibt es bei euch ein Alleinstellungsmerkmal?

Wir haben eine Kombination aus KI-unterstütztem  Software-as-a-Service-Angebot mit Datenräumen, Kommunikationsfunktion und Workflows und einem vorangestellten Vergabeportal entwickelt. Es übersetzt die Prozesse der angeschlossenen Stakeholder so in den digitalen Raum, dass Energieprojekte innerhalb weniger Wochen anstatt mehrerer Monate bis Jahre „zulassungsbereit“ werden können. Dazu bieten wir zugeschnittene Workflows für mehr als 30 Aufgabentypen an, deren gemeinsames Ziel die finale Inbetriebnahme einer Anlage ist. Wir arbeiten überdies an KI-gestützten Soll-Ist-Analysen, bei denen wir ein Modell trainieren, die in unseren Datenräumen vorliegenden Daten anonymisiert auf Zulassungsfähigkeit zu untersuchen. Vergleichend gesprochen sind wir damit wie eine Zusammenführung von Angeboten wie “Timberhub”, “Metcycle” oder “Sennder” mit Angeboten wie “Secfix” oder “Cortea” – für Compliance von komplexer, technischer Infrastruktur. Grundsätzlich ist unsere Lösung auch im Whitelabel nutzbar, das bedeutet: Ein Netzbetreiber könnte sie einsetzen, um nur die Genehmigungsverfahren in seinem Netzgebiet zu managen und ihnen ein digitales Zuhause anzubieten.

Um das etwas konkreter zu machen, wie sind die typischen Abläufe?

Typischerweise meldet sich ein Projektentwickler bei uns an und legt einen Datenraum für eine erste Anlage an, Photovoltaik, Batteriespeicher oder Wind oder auch gekoppelte Anlagentypen. Unser Assistent hilft, den Genehmigungsbedarf zu umreißen. Im Anschluss daran wird mit einem Klick eine Anfrage gestellt. Ein Workflow nimmt die notwendigen Daten und Dokumente entgegen. Die bei uns angeschlossenen Partner reagieren mit Angeboten, die direkt auf unserer Platform angenommen werden können. Infolgedessen öffnet sich ein Datenraum, der dem Austausch und der Speicherung von relevanter Dokumentation und Metadaten dient, bis die Aufgabe abgeschlossen ist. Mit diesen Daten können wir parallel ein KI-Modell füttern und frühzeitig auf einen potenziellen Mismatch mit Soll-Anforderungen (Gesetz, anerkannte Regeln der Technik, TAB der Netzbetreiber und anderer) hinweisen.

Ihr habt andere Lösungen angesprochen, die den Netzanschluss abdecken, zum Beispiel Carbonfreed, auch bei Euch geht es viel um den Netzanschluss. Was bietet Ihr konkret zusätzlich für Genehmigungsprozesse?

Der Zulassungsprozess einer Anlage hat mehrere Teilbereiche: Baurecht, Netzanschluss und wiederkehrende Prüfung nach initialer Inbetriebnahme. Schon jetzt wird deutlich, dass vermutlich noch ein vierter hinzukommen wird, nämlich der Bereich Cybersecurity auch für kleinere Anlagen als heute durch das Kritis-Gesetz vorgeschrieben. Wenn wir diese Teilbereiche weiter aufgliedern in einzelne Module, also Teilaufgaben, die für eine Anlagengenehmigung einzeln oder im Paket vorausgesetzt werden können, kommen wir auf circa 50 bis 60 eben dieser Module, von A wie Artenschutzgutachten und B wie Brandschutzkonzept über S wie Standsicherheitsnachweis, U wie Umweltbaubegleitung und Z wie Zertifizierung. Es ist unser Anspruch, diese Module aus einer Hand und vor allem auf identischer Datenbasis abdecken zu können.

Mit der Genehmigung ist es nicht vorbei. Welche konkreten Prozesse nach der Genehmigung und Inbetriebnahme deckt ihr noch ab?

Typischerweise müssen die Anlagen nach vier Jahren erneut überprüft werden. Diese Leistungen haben wir heute schon im Portfolio. Wir denken aber auch über Prüfungs- und Genehmigungsaufgaben nach, die aus Rückbau und Repowering entstehen. Hier brauchen wir allerdings noch etwas Zeit.

Gibt es bereits Nachweise, dass die Lösung funktioniert, und Referenzen? Wenn ja, welche?

Wir befinden uns noch in den “early days”. Deswegen freuen wir uns, dass schon heute circa 80 Partner und 30 Kunden auf der Plattform, sind und erste Genehmigungen bearbeitet werden, typischerweise aus dem Mittelstand.

Inwiefern bringt diese Lösung die Energiewende voran?

Eine bedeutende Dezentralisierungswelle liegt noch vor uns, sowohl in Deutschland als auch in Europa. Mit den bisherigen Prozessen,der häufig herrschenden Unklarheit – Stichwort Fernwirktechnik – stehen deutliche Engpässe bevor, die die Inbetriebnahme von dezentralen Assets weiter verzögern werden. Zwischen Absichtserklärung und Bau und Betrieb klafft eine „Software-Lücke“, die wir schließen wollen. Unser Ziel ist, die dezentrale Infrastruktur deutlich schneller bereit zu machen für den Go-Live.

Wie seid ihr finanziert?

Wir sind ”bootstrapped”, also eigenfinanziert, unterstützt durch Fördermittel des Landes Hamburg. Ein neuer Begriff in der Start-up-Welt ist “Seed-Strapping” – also die Realisierung einer ersten, eher strategischen Finanzierungsrunde. Aller Voraussicht nach wird es darauf hinauslaufen, hier nehmen wir derzeit erste Kontakte zu potenziellen Finanzierungspartnern auf.

Wie viele Mitarbeiter habt ihr?

Wir sind bisher nur das Founding Team, also zu zweit, und arbeiten mit Unterstützung von freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Wir haben auf pv magazine schon dazu berichtet, dass ihr teilweise aus nue/ Certflow hervorgegangen seid. Wie ist der Zusammenhang, welche Schwierigkeiten hatte Certflow und was macht Ihr jetzt anders?

Certflow war ein tolles Projekt, anhand dessen ich viel habe lernen dürfen. Es hatte sich dem Teilprozess Anlagenzertifizierung verschrieben und hatte bereits einige Kunden, konnte allerdings aufgrund einer kurzfristig gescheiterten Folgefinanzierung damals nicht weitermachen. Die Überzeugung, dass das Thema digitale Genehmigungen wichtig sei und auch in Zukunft noch deutlich wichtiger werden würde, war so groß wie der Unternehmergeist, so dass wir kurze Zeit später conductr gestartet haben. Seitdem ist die Strategie deutlich breiter aufgestellt.

Habt ihr Fragen an die Leser von pv magazine?

  • Welche Genehmigungs- und Compliancethemen brennen euch gerade am meisten auf den Nägeln?
  • Welche Verteilnetzbetreiber nehmt ihr als besonders digitalaffin und innovativ wahr?

Bitte schicken Sie Ihre Fragen und Anmerkungen an Start-up-des-monats@vireo.vc (pv magazine und Vireo). Wir leiten Sie an unsere Gesprächspartner weiter.

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