pv magazine: Die Intersolar 2024 ist vorbei – was haben Sie präsentiert und wie war die Resonanz?
Andreas Piepenbrink: Die Messe hat meine Erwartungen übertroffen. Unsere Zielgruppe im Premiumsegment scheint robust zu sein. Zwar mussten auch wir, wie alle in diesem Jahr, Einbußen hinnehmen. Letztes Jahr war das Jahr des Lieferns, heute ist das Jahr der Normalität. Besonders zufrieden bin ich, dass wir erfolgreich einen neuen Zugang zum Strommarkt gefunden und für alle Kunden ausgerollt haben. Das ist für uns die Zukunft. Bidirektionales Laden entwickelt sich hingegen verhalten, da die Elektroautos nicht so performen, wie wir es uns wünschen. Ansonsten haben wir eine sehr interessante Lösung, bei der wir Gewerbespeicher mit öffentlichen Ladestationen verbinden und THG-Quoten abrechnen können. Das ist momentan mein Steckenpferd, dafür stehe ich morgens auf.
Welchen neuen Zugang zum Strommarkt haben Sie vorgestellt?
Wir haben unser 360-Grad-Paket mit dem EEBus für die Verbindung zur Steuerbox und dem Smart-Meter-Gateway und mit kostenlosem Lastmanagement ausgerollt. Mit dynamischen Stromtarifen steuern wir Speicher, Elektroautos und Wärmepumpen so, dass man im Winter den günstigsten Netzbezug hat und damit auch den mit dem höchsten erneuerbaren Anteil. Ein vollelektrisches Haus besitzt sehr viel Flexibilität, also 20 Kilowattstunden am Wintertag fürs Auto und 30 Kilowattstunden für die Wärmepumpe und auch noch der Stromspeicher an sich, wenn Sie den richtig groß wählen, 20 bis 30 Kilowattstunden. Das heißt, wir reden über 20 Kilowatt Leistung, da alle Geräte parallel angeschlossen sind, und über 50 bis 100 Kilowattstunden pro Wintertag. Das ist mehr, als man eigentlich denkt. Das mit dem Strommarkt wird ein Wahnsinnserfolg. Es werden jetzt schon 50 Prozent des Stroms komplett gehandelt und der Handel wird der Standard. Jetzt muss man nur noch die Smartmeter ausrollen und aufpassen, dass die Verbraucher mit einem Vertrag nicht übers Ohr gehauen werden. Am Ende wird sich der Reststrom um 50 Prozent verbilligen. Wir haben in dem Zusammenhang auch die Energy Hub Alliance gegründet, um die Standards für die Kommunikation der Geräte zu schaffen. Wenn Sie einen guten Anbieter haben, brauchen Sie keine Cloud-Integration. Also wir funktionieren mit fast allen Anbietern. Das gilt auch für die Fahrzeugintegration mit Mercedes, BMW und Tesla. Wenn Sie das Ladekabel anstecken, weiß das Hauskraftwerk die Lademenge von Ihrem Auto und kann sich darauf einstellen.
Erzählen Sie uns mehr über Ihr Steckenpferd, für das Sie morgens aufstehen.
Ich stehe für die Energiewende auf. Und die braucht zwei fundamentale Dinge: Erstens das Bewusstsein, dass Flexibilität und der Strommarkt unverzichtbar sind. Der intelligente Umgang mit dem schwankenden Strombedarf ist zwingend, ob wir es wollen oder nicht. Ich musste mich damit auseinandersetzen, wie der Strommarkt vorteilhaft funktionieren kann mit dynamischen Netzentgelten, und wie eine Smart Energy-Kopplung funktioniert. Der zweite Trend, auch wenn er momentan wegen der wirtschaftlichen Lage stockt, ist die Nutzung erneuerbarer Energien und das batteriegepufferte Laden in Gewerbebetrieben. Dazu gehört auch die Aufgabe, Photovoltaik in das öffentliche Laden zu integrieren. Mich nervt es, weil das kaum jemand aufgreift. Wir haben jetzt eine Lösung für das Problem.
Können Sie uns diese Entwicklung an einem konkreten Beispiel beschreiben?
Klar, nehmen wir an, ein Gewerbebetrieb hat 20 Ladestationen für Mitarbeiter und öffnet 10 davon für die Öffentlichkeit. Die Mitarbeiter können sie weiterhin kostenlos nutzen. Die Stationen werden durch Photovoltaik-Anlagen versorgt, was auch bei öffentlichen Stationen funktioniert, wenn man das Messkonzept richtig aufsetzt. Man profitiert sogar von der THG-Quote, wenn über die Stationen nachweislich mit Photovoltaik-Strom geladen wird. Das ergibt zusätzliche Einnahmen von etwa zehn Cent pro Kilowattstunde. Dafür benötigt man natürlich auch die richtigen Abrechnungen. Den meisten ist nicht klar, dass man die energierechtlichen und die handelsrechtlichen Anforderungen trennen kann. Ohne diese Trennung gibt es oft Probleme, dann ist es in Deutschland Stand heute nur möglich, Mitarbeiter kostenlos laden zu lassen. Wenn Sie von Ihren Mitarbeitern oder von Dritten Geld dafür haben wollen, müssen Sie das energierechtlich abrechnen, weil Sie dann ein Versorger sind, der Dritten Strom liefert. Deshalb werden alle AC-Ladestationen so gut wie zu 99,9 Prozent an das öffentliche Netz angeschlossen und nicht erneuerbar versorgt. Sie können das aber machen, wenn Sie Energierecht und Handelsrecht trennen. Mit eichrechtskonformen Stationen und Cocharge als Backend-Dienstleister lassen sich die Anforderungen problemlos umsetzen.
Was ist mit Ihrer bidirektionalen Wallbox, über die wir vor eineinhalb Jahren gesprochen haben und die man auf dem Messestand sehen konnte?
Unsere Lösung funktioniert, aber das Elektroauto wird ja momentan protektionistisch zurückgedrängt. Die Amerikaner sperren die Chinesen aus, die EU erhebt Zölle. Das heißt, so viele chinesische Elektroautos werden wir nicht sehen. Der Markt hat nicht die Dynamik, wie ich mir das erhofft habe. Der Markt konsolidiert sich und damit auch das bidirektionale Laden. Wenn Sie ein Automobilhersteller sind, der sich restrukturieren muss, weil er in China nichts mehr verkauft, dann sind Sie nicht für fancy, smarte Themen zu haben, auch wenn sie im Prinzipien auf der Agenda stehen. Serienlösungen für bidirektionales Laden erwarten wir daher frühestens Ende 2026. Aktuell ist unsere bidirektionale Wallbox noch eine Pionierlösung, die wir in Kooperation mit Volkswagen und Ford anbieten.
Der Dachanlagenmarkt ist ungefähr 30 Prozent eingebrochen. Wie sehen Sie das?
Ja, es wurde letztes Jahr das geliefert, was 2022 bestellt wurde. Und jetzt sind wir sozusagen auf einer linearen Fortsetzungskurve von 2022. Die chinesischen Hersteller haben die Bauteilkrise genutzt, um ihre Marktanteile zu erhöhen. Dadurch haben die Europäer verloren. Insgesamt sind wir letztes Jahr aber auf einem sehr hohen Niveau gewesen und haben über 400.000 Aufdachanlagen mit Speicher gehabt. Solch einen Zubau hätten wir vor drei Jahren nicht für möglich gehalten. Ob man den noch steigern kann, weiß ich nicht. Aber ich glaube, dass es auf dem Niveau von 300.000 bis 400.000 Stromspeichern weitergeht. Die Preise sind natürlich gefallen. Die Batterien sind günstiger geworden, die deutsche Industrie schwächelt, und die Leute haben schlechte Laune. Es gibt auch ein anderes Kaufverhalten. Wir sind davon nicht so betroffen, weil wir im Premiumsegment eine Klientel haben, die sich das leisten kann. Auch wir haben einen Absatzrückgang, schreiben aber schwarze Zahlen.
Mehr zu dynamischen Stromtarifen lesen Sie in der aktuellen Magazinausgabe (Premium) im Artikel „150 Euro oder 2000 Euro – Was ist das Sparpotenzial?“, der Teil eines Schwerpunktes zum Heim-Energiemanagement ist.
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E3/DC macht es genau richtig. Ein innovativer Anbieter mit den richtigen Zukunftsvisionen.
Bi Laden, intelligentes Strommanagement, Wärmepumpe und das alles bestenfalls mit Ökostrom.
Gemeinsame Software Standards. So muss es sein. Das muss unterstützt werden.
Jetzt noch die Gesetzlichen Rahmenbedingungen für den Strommarkt optimieren, dann sinken auch
die Energie Preise für alle.
Mit dem Zitat:
„[…] Ein vollelektrisches Haus besitzt sehr viel Flexibilität, also 20 Kilowattstunden am Wintertag fürs Auto und 30 Kilowattstunden für die Wärmepumpe und auch noch der Stromspeicher an sich […]“
gehe ich nicht mit – im süddeutschen Raum – solange Schnee fällt und sich leider niemand dem Thema einfaches Abtauen von Bestandsanlagen annimmt – mit PVT könnte sich in Zukunft für Neuanlagen etwas auftun.
Was hat die benötigte Energiemenge von Auto, Wärmepumpe und Speicher (Haushalt) denn mit dem Schnee zu tun?
Der Speicher soll doch gerade im Winter auch zu günstigen Zeiten aus dem Netz laden und eben nicht durch die PV-Anlage.
@ Lukas
Das mit dem Strommarkt – und REIN erneuerbar kann ich nicht ganz glauben – der Strommarkt mit seinen teils nicht ausgelasteten Kohlemeilern wird damit teils auch mit gestützt- daher
ist das eigene Dach / Wand / Zaun u. a. noch immer eine gute Option, wenn das weiße Zeug nicht noch mehr das Tal der Tränen (Erzeugungsleistung von Nov-Feb) verstärkt. 😉
Was E3DC verstanden hat, dass eine Sektorenkopplung – samt europäischem Verbundnetz über alle Bedürfnisse der Prosumenten wichtig ist und auch umgesetzt werden muss.
Der Strommarkt muss zugänglicher werden bzw. jeder einzelne sollte sich so unabhängig machen können, wie möglich bzw. wie zum Zeitpunkt der Installationen wirtschaftlich umsetzbar.
Eine Nachrüstung der Systeme mit neuen Komponenten ist bisher das schwierigste über Jahrzehnte hinweg, muss aber irgendwo abbildbar sein, dann bleiben die Kunden bei den guten Systemen