von Dr. Erich Merkle
Regionale Flughäfen stehen seit Jahren unter wirtschaftlichem Druck. Sinkende Passagierzahlen und wachsender Wettbewerb sorgen dafür, dass viele dieser Standorte zunehmend in die Verlustzone rutschen – einige drohen sogar, ganz vom Netz zu gehen. Gleichzeitig bieten gerade diese Flughäfen ein bisher weitgehend ungenutztes Potenzial: große Freiflächen, die sich hervorragend für die nachhaltige Stromerzeugung eignen.
Photovoltaik auf dem Vormarsch – auch am Flugfeld
Besonders vielversprechend ist der Einsatz von Agri-Photovoltaik (AgriPV) – also Solaranlagen, die mit landwirtschaftlicher Nutzung kombiniert werden können. Experten schätzen, dass allein auf deutschen Flughäfen bis zu 3,5 Gigawatt an AgriPV-Leistung installiert werden könnten. Für die gesamte DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) liegt das Potenzial sogar bei bis zu 5 Gigawatt.
Ein Beispiel: Auf einem durchschnittlichen Regionalflughafen stehen in der Regel 50 bis 150 Hektar ungenutzte Grünflächen zur Verfügung. Pro Hektar lässt sich etwa 1 Megawattpeak (MWp) PV-Leistung installieren. Eine Fläche von 100 Hektar würde somit eine PV-Leistung von rund 100 MWp ermöglichen – genug, um jährlich etwa 100 Millionen Kilowattstunden Strom zu erzeugen. Dabei kommen reflexionsarme Module zum Einsatz, um den Flugbetrieb nicht zu beeinträchtigen.
Zahlen und Fakten: Flächenpotenziale in der DACH-Region
| Region | Gesamte Flughafenfläche (ha) | Potenziell nutzbare AgriPV-Fläche (ha) | Mögliche PV-Leistung (MW) |
| Deutschland | 7.000 | 3.500 | 3.500 |
| Österreich | 1.500 | 750 | 750 |
| Schweiz | 1.150 | 575 | 575 |
| Gesamt | 9.600 | 4.800 | 4.800 – 5.000 |
Wirtschaftlichkeit durch Speicherlösungen
Noch attraktiver wird der Solarstrom durch die Kombination mit Batteriespeichern. Während die reinen Stromgestehungskosten für PV-Anlagen bei rund 4 Cent pro Kilowattstunde liegen, erhöhen sich diese bei einer Speicherintegration (mit 2–4 Stunden Kapazität) auf etwa 6 Cent pro Kilowattstunde. Diese wettbewerbsfähigen Preise bieten exzellente Voraussetzungen für energieintensive Betriebe – beispielsweise Rechenzentren oder Produktionsstandorte, die sich direkt auf dem Flughafengelände ansiedeln könnten.
Neue Nutzungskonzepte: Vom Verkehrsflughafen zum Innovationszentrum
Die große Stärke regionaler Flughäfen liegt in der Kombination von Fläche, Infrastruktur und Flexibilität. Diese kann in zukunftsfähige Geschäftsmodelle übersetzt werden:
- Business- und Technologieparks
- Energieintensive Unternehmen wie IT-Firmen oder Datenzentren könnten sich direkt vor Ort ansiedeln.
- Der lokal erzeugte Strom kann kostengünstig vermarktet werden – ein klarer Standortvorteil.
- Freizeit- und Erlebnisangebote
- Die Integration neuer Luftfahrttechnologien wie elektrischer Kleinflugzeuge oder Drohnen eröffnet touristische Perspektiven.
- Besucherzentren, Simulatoren, Rundflüge oder Aviation-Museen können zu Anziehungspunkten ausgebaut werden – langfristig sogar zu „Luftfahrt-Freizeitparks“.
- Aviation 4.0: Infrastruktur für neue Mobilität
- Der Aufbau von Ladeinfrastruktur für elektrische Flugzeuge sowie Drohnen-Hubs für medizinische und logistische Transporte könnte regionale Innovationszentren schaffen.
Konkretes Szenario: Ein Regionalflughafen im Wandel
Ein fiktiver, aber realistischer Entwicklungsplan zeigt, wie sich ein bisher wenig ausgelasteter Regionalflughafen in mehreren Etappen neu aufstellen könnte:
Heute: Hohe Betriebskosten, niedrige Auslastung, große ungenutzte Flächen – erste Stilllegungsdiskussionen.
In 5 Jahren: Installation einer großflächigen AgriPV-Anlage mit über 100 MW Leistung, dazu ein Batteriespeicher. Erste Ansiedlungen von Gewerbe und Freizeitangeboten beginnen.
In 10 Jahren: Der Standort ist etabliert als Energie-, Innovations- und Freizeitzentrum – mit starkem Fokus auf elektrische Luftfahrt, Drohnenlogistik und Erlebnistourismus.
Wirtschaftliche Kennzahlen im Überblick
Investitionen und Betrieb:
- PV-Anlage inkl. Infrastruktur: ca. 500.000 Euro pro MWp
- Batteriespeicher (4 Stunden): ca. 100.000 Euro pro MWh
- Laufende Betriebskosten: etwa 2 % der Investitionskosten pro Jahr
Einnahmepotenziale:
- Reduktion der Stromkosten durch Eigenverbrauch
- Zusätzliche Einnahmen durch Netzdienstleistungen und Lastmanagement
- Langfristige Wertschöpfung durch Neuansiedlungen von Unternehmen
Regulatorische Rahmenbedingungen: Bereits gute Voraussetzungen
Da Flughäfen ohnehin als Gewerbeflächen eingestuft sind, sind viele regulatorische Hürden – etwa beim Bau von PV-Anlagen – leichter zu überwinden als in der Landwirtschaft oder im Wohnbau. Förderprogramme wie das EEG oder KfW-Finanzierungen lassen sich unkompliziert einbinden. Auch eine Anpassung von Bebauungsplänen ist in der Regel schnell umsetzbar.
Regionale Flughäfen haben das Potenzial, sich zu Schlüsselstandorten der Energiewende und zu Hotspots innovativer Technologien zu entwickeln. Der gezielte Einsatz von Photovoltaik, Speichern und neuen Luftfahrtlösungen bietet nicht nur wirtschaftliche Perspektiven, sondern kann vielen dieser Standorte eine neue Zukunft eröffnen.
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