Wunsiedel setzt auf grünen Wasserstoff

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Wasserstoff wird schon lange als Energieträger der Zukunft diskutiert, doch erst jetzt kommt richtig Dynamik in dieses Thema. „Für die Dekarbonisierung vor allem der Industrie, aber auch des Verkehrs ist dieses Gas eine Schlüsseltechnologie“, sagt Marco Krasser, Geschäftsführer der SWW Wunsiedel GmbH. Der lokale Energieversorger hat daher eine Anlage für die Erzeugung von Wasserstoff, chemisches Kürzel H2, in seine Strategie für eine nachhaltige Energiewirtschaft integriert.

Enorm wichtig sei die H2-Anlage auch zum Ausgleich der Schwankungen beim Anfall von Wind- und Sonnenstrom, so Krasser weiter. Zum Beispiel bei einer sogenannten Dunkelflaute, also wenn weder die Sonne scheint noch Wind weht, kann man den Wasserstoff nutzen, um Strom zu erzeugen. „Damit haben wir quasi ein Residualkraftwerk, das die fehlende Leistung im Netz bereitstellt“, erläutert Krasser. Solche Kraftwerke würden in Zukunft immer wichtiger – ebenso wie die effektive Speicherung von Wasserstoff über lange Zeiträume.

Zusammenarbeit mit Siemens

Für den Bau des geplanten Elektrolyseurs, der Wasser in H2 und Sauerstoff spaltet, hat die SWW zusammen mit Siemens Financial Services und der Rießner Gase GmbH die WUN H2 GmbH gegründet. Zur Erzeugung des Wasserstoffs wird Ökostrom aus Anlagen in der Region verwendet und die künftigen Abnehmer sind in Nordbayern, Thüringen und Tschechien beheimatet. „Wir setzen auf das Prinzip Regionalität“, sagt Krasser.

Genauso wichtig wie der dezentrale Ansatz ist laut Krasser die Kooperation verschiedener Akteure: „Wir müssen die Kompetenzen bündeln, um die enormen Aufgaben zu bewältigen.“ Aus diesem Grund arbeitet die SWW außer mit Siemens Financial Services und Rießner Gase als Investoren auch mit Siemens Energy (liefert den Elektrolyseur) und Siemens Smart Infrastructure (fungiert als Generalunternehmer) als Technologie-Partner zusammen. Im Juli dieses Jahres wurde der erste Spatenstich für die Wasserstoff-Anlage gefeiert.

Grün statt blau, grau oder türkis

Der Elektrolyseur wird eine Leistung von 8,75 Megawatt haben sowie rund 1.350 Tonnen Wasserstoff pro Jahr produzieren – und damit eine der größten Anlagen zur H2-Erzeugung in Deutschland sein. Da bei dem Prozess sowie bei der Nutzung des Wasserstoffs keinerlei Kohlendioxid entsteht, ist der Energieträger klimaneutral, sofern nur Ökostrom zum Einsatz kommt. Er trage daher das Label „grün“ zurecht, betont Krasser.

„Blauer Wasserstoff“ wird unter anderem aus Erdgas gewonnen, was CO2 freisetzt, das dann unterirdisch gelagert wird. Geschieht das nicht, entsteht „grauer Wasserstoff“. Daneben gibt es noch „türkisen Wasserstoff“, für den man Erdgas thermisch spaltet, wobei Kohlenstoff entsteht. Hier hängt die Klimaneutralität davon ab, wie die nötige Wärme erzeugt und ob der Kohlenstoff dauerhaft gebunden wird.

Allrounder Wasserstoff

Die SWW und Siemens sehen ihr Projekt auch als Blaupause für andere Stadtwerke und Kommunen. Zwar seien die Bedingungen überall andere, doch es würden stets dieselben Aufgaben zu lösen sein, meint Krasser: „Wollen wir die Klimaziele erreichen, führt kein Weg daran vorbei, verstärkt Wasserstoff als Energieträger zu verwenden.“ Das Gas sei so etwas wie ein Allrounder und in allen Sektoren einsetzbar – unter anderem bei Prozessen in der Industrie, die sich nur schwer elektrifizieren lassen, oder auch im Schwerlastverkehr. Krasser: „Hier ist H2 eine Möglichkeit, fossile Energien, die ja das Klima belasten, zu verdrängen.“