Energiewende bedeutet Verteidigung unserer Freiheit

Sönke Tangermann, Green Planet Energy

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US-Präsident Donald Trump hat sich nach dem jüngsten Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin offen dafür gezeigt, dass Russland seine eroberten Gebiete in der Ukraine zu Gunsten eines Friedens-„Deals“ behalten könnte. Sein Vizepräsident James David (JD) Vance hat auf der Sicherheitskonferenz von München das Vertrauen in das Verteidigungsbündnis mit Westeuropa stark geschwächt. Besser kann es für den Aggressor Putin nicht laufen. Spätestens jetzt muss dem Letzten klar sein, dass Europa seine Sicherheit selbst gewährleisten muss. Die Frage, wie Europa dies schaffen kann, muss so dringend wie seit Jahrzehnten nicht mehr beantwortet werden.

Fragt man danach, wie es so weit kommen konnte, darf ein ganz wesentlicher Grund nicht außen vor bleiben: Unsere fatale Abhängigkeit von fossilen Energieträgern aus autokratischen Staaten wie Putins Russland. Jahrzehntelang haben wir dort vermeintlich billiges Gas und Öl gekauft und uns hiervon abhängig gemacht. Dass dies – allen Warnungen zum Trotz – an Naivität nicht zu überbieten war und auch wirtschaftlich ein fataler Bumerang ist, zeigt sich heute: Mit den Erlösen konnte Putin seine Diktatur aufbauen und festigen, seine Armee modernisieren und sich zum Aggressor aufschwingen, der Menschenleben opfert, Teile der Ukraine annektiert und weitere Teile Europas bedroht. Jetzt sehen wir uns gezwungen, militärisch aufzurüsten, um diesen Aggressor abzuschrecken. Ein Vielfaches der vermeintlichen Gewinne aus dem fossilen Handel werden wir damit in unsere Verteidigung investieren müssen. Sicherheitsexperten wie Claudia Major bringen für Deutschland inzwischen nicht mehr nur – wie ursprünglich geplant und mühevoll erreicht – zwei, sondern weit über drei Prozent unseres Bruttoinlandsprodukts ins Spiel – Summen in Milliardenhöhe (jedes Prozent kostet über 40 Milliarden Euro pro Jahr!), die in anderen Bereichen wie Bildung und Wohnungsbau fehlen werden. Hinzu kommt die Klimakrise, deren Folgen ohnehin zu enormen Belastungen führen wird.

Deutschland hat seine Gasimporte zwar mittlerweile diversifiziert, doch die Abhängigkeit von autokratischen Systemen bleibt bestehen. Selbst die vertiefte Abhängigkeit von US-amerikanischem Fracking-Gas kann als Druckmittel ausgenutzt werden, wie die jüngsten Entwicklungen zeigen.

Wollen wir den gleichen Fehler nicht immer wieder machen, müssen wir uns von diesen Abhängigkeiten lösen, indem wir so schnell wie möglich noch konsequenter auf erneuerbare Energien setzen. Gerade eine unionsgeführte Bundesregierung unter Friedrich Merz wäre in der Pflicht, aus den Fehlern der Merkel-Ära zu lernen und Unabhängigkeit sowie heimische Energien groß zu schreiben. Die Energiewende ist nicht nur eine ökologische Verpflichtung, sondern eine strategische Investition in unsere Freiheit und Sicherheit, die einen erheblichen Teil der nun anstehenden Ausgaben für die Verteidigung vermeiden könnte.

Denn dies muss uns klar sein: Je weniger Geld Putins Diktatur durch den Verkauf von fossilen Energieträgern an uns verdient (absurderweise geschieht dies nach wie vor!), desto weniger kann er in weitere Aggressionen gegen Europa investieren. Ganz nebenbei sparen wir dadurch auch noch Importkosten in Milliardenhöhe.

All dies ist aber nicht einmal mehr eine Frage der ökonomischen Optimierung, sondern es geht um weitaus mehr: Jede neue Gasheizung, jedes fossile Kraftwerk ohne echte Wasserstoffoption und jeder Verbrennungsmotor verlängert unsere Abhängigkeit von Staaten wie Russland, die diese gegen uns verwenden. Wer in diesem Zusammenhang immer noch von „Technologieoffenheit“ spricht, verkennt die Risiken oder nimmt sie sogar – wie AfD und BSW – in Kauf. Die CDU suggeriert, mit der Abschaffung des Gebäudeenergiegesetzes würde sie ein wichtiges Problem beseitigen. Als sei es wichtig, eine Option für fossile Energieträger aufrecht zu erhalten. Doch die Gewährung so kleiner vermeintlicher „Freiheiten“ wie der Entscheidung für eine neue Erdgasheizung oder einen Verbrenner-PKW verstärkt die aktuellen Probleme nur. Stattdessen geht es um unsere Sicherheit und die Freiheit unserer Demokratie, die über jede wirtschaftliche Erwägung erhaben sind.

Europa muss die Energiewende daher konsequent vollenden. So erschweren wir autoritären Regimen die Finanzierung weiterer Aggressionen. Anstatt uns in einer endlosen Aufrüstungsspirale zu verlieren und uns durch fossile Abhängigkeiten selbst zu schaden, sollten wir jetzt auf dem Fundament einer sauberen, unabhängigen Energieversorgung aufbauen. Wer diesen Schritt verweigert, riskiert einen viel höheren Preis – nicht nur für das Klima, sondern ebenso für den Frieden und unsere Freiheit. Denn genau hierum geht es jetzt – auch bei der Bundestagswahl am Sonntag. Wirklich!

— Der Autor Sönke Tangermann ist Vorstand von Green Planet Energy. 1999 von der Umweltschutzorganisation Greenpeace e.V. gegründet, versorgt die Energiegenossenschaft rund 200.000 Kunden und Kundinnen, betreibt eigene Wind- und Solarparks und gehört ihren mehr als 44.000 Mitgliedern. —

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