HSBI-Feldtest: Dezentrale künstliche Intelligenz für eine netzdienliche Ladung von Batteriespeicher nutzen

Einspeisespitzen, HSBI, Forschungsprojekt

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In einem Feldtest bei Privathaushalten haben die Hochschule Bielefeld (HSBI) und die Universität Bielfeld getestet, wie sich mit verteilter künstlicher Intelligenz das Stromnetz sicher steuern lässt, auch wenn viel Strom aus privaten Photovoltaik-Anlagen das Netz strapaziert. Die Schwankungen durch die unregelmäßige Erzeugung der Erneuerbaren brächten das Netz lokal immer wieder an die Grenzen seiner Belastbarkeit.

„Eine Photovoltaik-Anlage erzeugt Strom abhängig vom Wetter und damit nicht so konstant und planbar wie herkömmliche Kraftwerke“, erklärt Katrin Schulte, Elektrotechnikerin und Expertin für Stromnetze von der Hochschule Bielefeld. Der nicht im Haus verbrauchte Strom wird in das Niederspannungsnetz eingespeist, an das die Privathaushalte angeschlossen sind. Andererseits benötigen die Privathaushalte immer öfter eine große Leistung, etwa für das Laden ihres Elektroautos. „Die starken Schwankungen bei Erzeugung und Verbrauch belasten das Stromnetz“, so Schulte. „In unserem Projekt haben wir eine Lösung entwickelt, wie wir die Schwankungen lokal ausgleichen und so das Netz sicher steuern können.“

Mit Hilfe dezentral arbeitender künstlicher Intelligenz sind die Forscher dem Problem begegnet. Dafür beteiligten sie auch die Universität Grenoble Alpes am Projekt, wobei die Universität Bielefeld die künstliche Intelligenz stellte und um deren verteilten Einsatz kümmerte, also um das sogenannte Edge-Computing. „Das bedeutet, dass die Daten dezentral genau dort verarbeitet werden, wo sie erzeugt werden“, erklärt Timon Jungh von der Universität Bielefeld. „Sie müssen nicht erst zu einer zentralen Verarbeitungsstelle verschickt werden. Das erhöht die Sicherheit und den Datenschutz, und nebenbei auch die Geschwindigkeit.“

Für die Umsetzung des Feldtests halfen noch der Industriepartner Atos Worldgrid aus Frankreich und der Bereich „Technik – Netzdigitalisierung“ von Westfalen Weser Netz (WWN). Letztere wählten das Gebiet in Herford für den zu Jahresanfang gestarteten Feldtest aus. Die grundlegenden Bedingungen waren so wie vielerorts in Deutschland. Am Vormittag verbrauchen die Haushalte eher wenig Strom und der Solarstrom wird in der Batterie gespeichert. „Ist die Batterie voll, geht der Überschuss ins Netz. Gerade mittags, wenn besonders viel PV-Strom erzeugt wird, entstehen aber Spitzen, so viel Überschuss, dass das Netz ihn kaum mehr aufnehmen kann“, erklärt Schulte. Daher die Idee der Forscher die Speicherung durch intelligente Steuerung so zu verschieben, dass es keine Spitzen mehr gibt und ergo das Netz nicht überlastet wird.

Dazu platzierten die Forscher einen Edge-Controller in der Ortsnetzstation und weitere bei den Testhaushalten. Bereits zuvor zeichneten sie über mehrere Monate das Lastprofil der Haushalte auf. „Mit den erhobenen Daten wurde dann die im Edge-Controller arbeitende KI trainiert“, sagt Timon Jungh. In Kombination mit den vorausgesagten Wetterdaten kann die künstliche Intelligenz nun die Stromerzeugung aus der Photovoltaik-Anlage und den Verbrauch im Haushalt und im Ortsnetz prognostizieren.

Jeder Haushalt habe entsprechend einen individuell konfigurierten Edge-Controller erhalten, abgestimmt auf die unterschiedlichen Ausstattungen der Haushalte. „Der Controller steuert dann die geplante Ladung und Entladung des Batteriespeichers über den Tag“, so Schulte. „An einem sonnigen Tag wie heute wird der Batteriespeicher zum Beispiel nicht sofort voll aufgeladen, sondern es bleibt Platz für die Mittagsspitzen.“ Über den Controller lasse sich auch die Versorgung der Nachbarhaushalte mit überschüssigem Solarstrom steuern. Damit werde schlussendlich das Stromnetz entlastet und mehr Solarstrom könne genutzt werden.

Für eine flächendeckende Umsetzung ihrer Ergebnisse braucht es jedoch noch mehr Daten. „Dafür braucht es noch ein variables System, das mit den unterschiedlichen Ausstattungen der Haushalte umgehen kann und die zeitaufwendige individuelle Abstimmung spart“, sagt Jungh. Doch nicht nur am variablen System hapert es. „Auch ein Geschäftsmodell ist nötig, das Anreize schafft für den Einbau eines Batteriespeichers und die eventuelle Versorgung der Nachbarn mit Photovoltaik-Strom“, sagt Schulte. Es gebe bereits Überlegungen für ein Nachfolgeprojekt, um den Ansatz weiter auszubauen.

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