Die Bundesnetzagentur hat das von den Fernleitungsnetzbetreibern vorgeschlagene Wasserstoff-Kernnetz mit kleinen Änderungen genehmigt. Damit ist die Planungsphase abgeschlossen. Insgesamt umfasst das Netz 9.040 Kilometer Leitungen, die sukzessiv bis 2032 in Betrieb gehen sollen. Rund 60 Prozent davon sind Gasleitungen, die auf Wasserstoff umgestellt werden. Die verbleibenden 40 Prozent werden neu gebaut. Im Zieljahr 2032 beträgt die Einspeiseleistung 101 Gigawatt, die Ausspeiseleistung 87 Gigawatt. Die Investitionskosten sollen bei 18,9 Milliarden Euro liegen.
Das Wasserstoff-Kernnetz ist der erste Schritt für den Aufbau eines deutschlandweiten Wasserstoffnetzes. Es verbindet deutschlandweit die künftigen Wasserstoffcluster miteinander. In diesen bündeln sich regionale und lokale Wasserstoffprojekte, zum Beispiel in Industrie- oder Gewerbeparks. Das Kernnetz berücksichtigt auch die Verbindung mit den Nachbarstaaten: Es sind 13 Grenzübergangspunkte in europäische Nachbarländer vorgesehen.
Der Aufbau des Wasserstoff-Kernnetzes erfolgt schrittweise. Zunächst werden vor allem Umstellungsleitungen in Betrieb genommen. Dabei stellt die Planung der Bundesnetzagentur sicher, dass nur Erdgasleitungen auf Wasserstoff umgestellt werden, die nicht mehr für den Erdgastransport benötigt werden.
Kernnetz wird über Netzentgelte finanziert
Das Kernnetz sollen privatwirtschaftlich gebaut und betrieben und durch die Entgelte der Nutzer finanziert werden. Da es jedoch am Anfang relativ wenige Abnehmer geben wird, können die Investitionskosten nicht voll auf die Nutzer umgelegt werden. Daher werden die Netzentgelte gedeckelt. Ein Amortisationskonto sorgt dafür, dass die Mindereinnahmen der ersten Phase durch spätere Mehreinnahmen ausgeglichen werden. Mit Ausnahme der von Bund und Ländern geförderten Important Project of Common European Interest (IPCEI) Leitungsprojekte fließen keine Bundesmittel in die Kernnetzleitungen. Das Finanzierungskonzept enthält aber eine finanzielle Absicherung des Bundes gegen unvorhersehbare Entwicklungen.
Nach 2032 könnte das Kernnetz noch weiter ausgebaut werden. So werden neue oder geänderte Bedarfe und Verfügbarkeiten im Rahmen der alle zwei Jahre stattfindenden Netzentwicklungsplanung für Gas und Wasserstoff berücksichtigt. Damit soll sich die Transportinfrastruktur kosteneffizient mit dem Markt entwickeln. Die Arbeiten für den ersten integrierten Netzentwicklungsplan Gas und Wasserstoff haben mit dem Entwurf für den Szenariorahmen bereits begonnen. Im Jahr 2026 soll dann der erste integrierte Netzentwicklungsplan von der Bundesnetzagentur genehmigt werden.
„Europäischer Vorreiter für Wasserstoffinfrastruktur“
Mit dem genehmigten Wasserstoff-Kernnetz können die Netzbetreiber nun schrittweise die Infrastruktur für Wasserstoff aufbauen und betreiben, sagt Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur. „Erste Leitungen werden ab dem nächsten Jahr umgestellt. Alle Beteiligten haben seit mehr als anderthalb Jahren intensiv am Prozess und den Planungen gearbeitet und konstruktiv die nicht immer einfachen Diskussionen geführt, vielen Dank dafür.“
Die Genehmigung des Wasserstoff-Kernnetzes durch die Bundesnetzagentur bildet einen herausragenden Baustein für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft und des Wasserstoffmarktes in Deutschland, kommentiert der Nationale Wasserstoffrat. „Die Genehmigung des H2-Kernnetzes durch die Bundesnetzagentur ist ein starkes Signal für die Energiewende und zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, sagt die Vorsitzende Katherina Reiche. Deutschland setze damit ein wichtiges Zeichen für den konsequenten Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur in Europa. „Ein wichtiger Meilenstein ist erreicht: So können wir zum europäischen Vorreiter für eine leistungsfähige Wasserstoffinfrastruktur werden.“
Der Stadtwerke-Verband VKU weist darauf hin, dass es mit dem Kernnetz allein nicht getan ist – es brauche unbedingt auch die Verteilnetze. „Leider ist man hier nicht so weit wie beim Wasserstoff-Kernnetz. Bei Verteilnetzbetreibern, die Leitungen ins Kernnetz einbringen wollen, herrscht deshalb Verunsicherung“, erklärt VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing. Ihnen fehlten die rechtlichen Grundlagen, um die Umrüstung der bisherigen Gasnetze auf grüne Gase wie Wasserstoff rechtssicher planen und entsprechend investieren zu können. Auch die Frage der Finanzierung müsse geklärt werden. Hier brauche es schnellstmöglich Klarheit.
Timm Kehler, Vorstand des Branchenverbands Zukunft Gas, stößt ins gleiche Horn wie der VKU. „Wir begrüßen ausdrücklich, dass die Bundesnetzagentur den Antrag der Fernleitungsnetzbetreiber rasch genehmigt hat und die operative Umsetzung des Kernnetzes somit wie geplant im nächsten Jahr beginnen kann. Um Deutschland entschieden in Richtung Wasserstoffland zu führen, muss im nächsten Schritt aber auch das Verteilnetz angeschlossen werden“, so Kehler. Hier fehle noch die nötige Klarheit und auch das Signal der Politik.
Für alle im Wasserstoff-Markthochlauf beteiligten Akteure ist die Genehmigung ein wichtiges Signal, sagt Corinna Enders, Vorsitzende der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agentur (dena). „Es besteht nun Klarheit darüber, wo sich zukünftig Wasserstoff-Pipelines des Fernleitungsnetzes befinden werden – und wo nicht. Damit können die zukünftigen Produzenten und Verbraucher in ihren jeweiligen Planungs- und Entscheidungsprozessen fortschreiten.“ Um das gegenseitige Abwarten bei Investitionsentscheidungen zu durchbrechen, sei die Genehmigung des Kernnetzes wegweisend.
Netzentwicklung mit langer Historie
Bereits in den letzten beiden Netzentwicklungsplänen Gas 2020 und 2022 haben die Fernleitungsnetzbetreiber (FNB) Marktabfragen für Wasserstofferzeugung und -bedarf durchgeführt. Ebenso haben sie Leitungen zur Umstellung von Erdgas auf Wasserstoff identifiziert. Anschließend haben die Fernleitungsnetzbetreiber eine eigene, noch unverbindliche Wasserstoffmodellierung im Netzentwicklungsplan Gas entwickelt, inklusive erster Wasserstoffcluster.
Im Frühjahr 2023 hat die Bundesregierung dann die Errichtung eines Wasserstoff-Kernnetzes beschlossen. Ziel sollte sein, deutschlandweit die wesentlichen Produktions-, Import- und Verbrauchspunkte zu verbinden. Parallel zum Gesetzgebungsverfahren veröffentlichten die Gas- Fernleitungsnetzbetreiber im Juli 2023 ihren Planungstand. Dieser wurde gemeinsam von den Netzbetreibern und dem Bundeswirtschaftsministerium konsultiert. In diesem Rahmen wurden auch die Kriterien zur Festlegung des Szenarios für das Wasserstoff-Kernnetz veröffentlicht. Zudem konnten zum Beispiel Betreiber von Gasverteilernetzen mögliche Leitungsstrukturen einbringen.
Im November 2023 haben die Netzbetreiber ihren Antragsentwurf für das Wasserstoff-Kernnetz bei der Bundesnetzagentur eingereicht, den die Bundesnetzagentur konsultierte und prüfte. Die Fernleitungsnetzbetreiber nutzten die Ergebnisse der Konsultation und Vorabprüfung für eine Überarbeitung des Antrags. Einzelne Leitungen wurden hinzugefügt, andere herausgenommen.
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Dazu lese man „Die Gaslüge“ (Aus der ZEIT Nr. 43/2024 von Mitte Oktober 2024) und stelle sich die kritische Frage, ob das Ganze nicht ein Manöver der Erdgaslobby und Erdgasnetzbetreiber ist, die alte Infrastruktur noch ein wenig am Leben zu erhalten.
Wer künftig auf Verbrennen von Gasen setzt, der wird am Ende mit immensen Netzkosten zu tun haben, weil Gase verbrennen immer weniger modern ist. Ähnliches dürfte alten Fernwärmenetzen (heissen Wärmenetzen) blühen. Besser könnte es sein, anstatt auf Rohrleitungen auf Stromleitungen mit integrierten Stromspeichern (das ist Sache des Netzbetriebs!) plus lokale Technik für Wärme und Kälte (z.B. Wärmepumpen) zu setzen.
Ergänzend traue ich dem ganzen H2-Hype auch aus diesem Grunde nicht so wirklich: https://www.lobbycontrol.de/aus-der-lobbywelt/bonhoff-das-wasserstoff-lobbynetzwerk-im-verkehrsministerium-113681/
Bonhoff: Das Wasserstoff-Lobbynetzwerk im Verkehrsministerium
Unsere neue Recherche beleuchtet ein fragwürdiges Lobby-Freundschaftsnetzwerk rund um die Vergabe von Fördergeldern für die umstrittene Wasserstoff-Mobilität. Es entsteht der Anschein, dass dieses bei der Vergabe von Fördergeldern eine Rolle gespielt hat.
Ich bin da technisch leider ganz so tief drin, aber schicken wir da wirklich puren Wasserstoff in diese Leitungen oder ist der mit anderen Elementen versetzt, die Wasserstoff beherrschbarer machen. Welche Drücke und Temperaturen sind in diesen neuen Kernnetzen vorgesehen. Was passiert, wenn ein Knotenpunkt oder wie auch immer sich Anzapfungen daran nennen, explodiert?
Technischer Fehler, Anschlag, Versprödung, was auch immer. Explodiert dann die ganze Leitung?
Bitte die Bevölkerung mitnehmen und informieren !!!!
Guten Tag Herr Borchert,
technisch ist Wasserstoff beherrschbar. Das zeigen die unzähligen Industrieparks in Deutschland durchaus, dort wird Wasserstoff seit langer Zeit als Prozess oder Synthesegas eingesetzt wird. Die Frage ist aus welchem Material die Durchleitungsrohre sind, da Wasserstoff Stahlgängig ist und ausgasen kann, aber auch da haben die Netzbetreiber Erfahrung. Hinsichtlich der Explosionsgefahr befinden wir uns im Vergleich zum bekannten Erdgas mit einer unteren Explosionsgrenze (UEG) bei 4,6 Vol.-% bis obere Explosionsgrenze (OEG) von 16,8 Vol.-%, bezüglich Wasserstoff bei 4,0 Vol.-% UEG und 77,0 Vol.-%.. Zum Großen Bild gehört jedoch auch dazu, dass die Netzbetreiber bzw. die Industriepartner auf eine sehr lange Historie und Kompetenz mit ähnlich gelagerten Fällen bsp. Acetylen zurückgreifen können.
Explosionen treten in dem Zusammenhang nicht auf, siehe bisherige Erdgasnetze und diverse Schutzmechanismen. Im Falle eines Brandes an Erdgasanlagen werden die im Leitungsnetz verbleibenden Reste bis zum nächsten Schieber einfach abgebrannt, da dies ein erheblich geringeres Risiko als eine unkontrollierte Gasfreisetzung darstellt.
Wenn Sie bezüglich der Sicherheit der Gefahrstoffe Bedenken haben, sollten Sie den Fokus jedoch auf den Ottokraftstoff lenken, wird dieser täglich hundertfach im 30.000L Maßstab durch Wohngebiete zur nächsten Tankstelle vorbei an Schulen/Kindergärten transportiert und sind einem deutlich größerem Risiko der Verunfallung ausgesetzt.
VG
Heiner
Hm…in der Antwort von Heiner ist einiges sehr luftig formuliert. Die Entzündungsmischung bei H2 ist massiv einfacher herzustellen. Wieso soll das also dann einfacher sein? Und ich kenne einige H2 Tanks bei Unternehmen der Halbleiterbranche. Ich würde sagen, die sind weder billig, noch kann dort jeder Hans und Franz mal so eben den LKW daneben stellen und nachfüllen.
Benzin und Diesel sind wesentlich brandfester, als eine Leckage an H2 Containern. Und wie selbst beschrieben, ist H2 Metallgängig. Soll das heißen es werden jetzt 9000km Rohre ausgebuddelt und neu eingegraben?
Hallo Gregor,
hinsichtlich der Entzündungsmischung habe ich bezüglich UEG sowie OEG soweit aufgeklärt, dass daraus abgeleitet sonnenklar ist, dass eine explosionsfähige Mischung leichter darzustellen ist.
In Bezug auf die Tanks bzw. deren Nachfüllung habe ich keinerlei Aussage getroffen, aber auch hier gibt es Gasbehälter mit PE-Inliner um die Problematik der Stahlgängigkeit zu regeln.
Bezüglich der Sicherheitsbetrachtung muss ich hier widersprechen, Wasserstoff als flüchtiges Gas entweicht hierbei als leichtes Gas gen Atmosphäre sofern möglich, Dämpfe von Ottokraftstoff hingegen bilden hochentzündliche Lachen da schwerer als Luft – Auch treten Leckagen nicht urplötzlich auf, siehe Prüfintervalle für Druckbehälter. (Neben dem Fakt, dass Diesel nicht selbst zündfähig ist bei Atmosphärendruck mit einem Flammpunkt von 58°C, Ottokraftstoff hingegen mit einem FP von -38°C sehr wohl).
Zu guter Letzt, werden Erdgasrohre seit knapp 20 Jahren als PP/PE Rohre (auf Verteilnetzebene) verlegt, neuere Höchstdruckleitungen für bis 70 bar haben in aller Regel einen PE-Inliner und sind auch dicht.
VG
Heiner
Positiv an der Sache ist die Umlegung auf die Netzentgelte. So werden keine Steuermittel verwendet und gleichzeitig zeigt es direkt, wie teuer der Spaß wird. Bin gespannt auf die Netzkosten. Beim Gas steigen sie ja gerade aufgrund der geänderten Abschreibungszeiten (Gasausstieg) immens.