Zehn Vorschläge zum schnelleren Ausbau der Photovoltaik!

Teilen

Wenn Deutschland das gesteckte Ziel hinsichtlich des Ausbaus an Photovoltaik-Anlagen schaffen will, brauchen wir dringend bundeseinheitliche Regelungen. Deshalb habe ich mich bereits Ende des vergangenen Jahres an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) gewandt, um ihn auf die bestehenden Probleme aufmerksam zu machen.

Die momentanen bürokratischen Hürden beim Ausbau fangen bereits bei den Anforderungen der über 900 Netzbetreiber an – jeder möchte sein eigenes Formular – der eine per Post, der andere per E-Mail und der dritte über ein Onlineformular. Dieses bürokratische Durcheinander ist unnötig und verschwendet Zeit und menschliche Ressourcen und muss daher dringend vereinfacht und vereinheitlicht werden. Durch die verschiedenen Anforderungen ist es Wirtschaftsunternehmen zudem nicht möglich, eine Serienproduktion zu tätigen, sondern immer nur auf die momentanen Anforderungen in einer Art „Manufaktur“ zu reagieren.

Ein weiterer wichtiger Punkt sind zentrale Energiespeicher. Diese fehlen in der von der Gesetzgebung komplett, sind aber auf Grund des rapiden Anstiegs an Photovoltaik-Anlagen für die zukünftige Stabilität des Stromnetzes von zentraler Bedeutung. Ohne diese Speicher, ist die Gefahr von einer Netzüberlastung und damit einhergehenden Blackouts in wenigen Jahren vorprogrammiert.

Insgesamt will ich mit meinem Brief die Politik dazu aufrufen, sich nicht immer in den Markt einzumischen. Anstelle von starren Reglements sollten die verabschiedeten Regelungen und Gesetze ähnlich dem Grundgesetz sein – das heißt es sollte Spielraum für Kreativität und Veränderungen geben. Nur so können wir die gesteckten Ziele zukünftig erreichen.

Im Folgenden finden Sie meine zehn Vorschläge für einen schnelleren Ausbau der Photovoltaik in Deutschland, die ich Habeck schickte und bislang leider unbeantwortet blieben.

I. Versprechen der „Ampel-Koalition“

Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung steht auf S. 44/45 unmissverständlich: „Wir machen es zu unserer gemeinsamen Mission, den Ausbau der Erneuerbaren Energien drastisch zu beschleunigen und alle Hürden und Hemmnisse aus dem Weg zu räumen.

Wir richten unser Erneuerbaren-Ziel auf einen höheren Bruttostrombedarf von 680 bis 750 Terawattstunden im Jahr 2030 aus. Davon sollen 80 Prozent aus erneuerbaren Energien stammen. (…) Wir werden Planungs- und Genehmigungsverfahren erheblich beschleunigen. (…)

Alle geeigneten Dachflächen sollen künftig für die Solarenergie genutzt werden. Bei gewerblichen Neubauten soll dies verpflichtend, bei privaten Neubauten soll es die Regel werden. Bürokratische Hürden werden wir abbauen und Wege eröffnen, um private Bauherren finanziell und administrativ nicht zu überfordern. (…)

Unser Ziel für den Ausbau der Photovoltaik (PV) sind circa 200 Gigawatt bis 2030. Dazu beseitigen wir alle Hemmnisse, unter anderem werden wir Netzanschlüsse und die Zertifizierung beschleunigen, Vergütungssätze anpassen, die Ausschreibungspflicht für große Dachanlagen und die Deckel prüfen. Auch innovative Solarenergie wie Agri- und Floating-PV werden wir stärken und die Ko-Nutzung ermöglichen. (…)

Wir wollen dafür sorgen, dass Kommunen von Windenergieanlagen und größeren Freiflächen-Solaranlagen auf ihrem Gebiet finanziell angemessen profitieren können.“

II. Stand der Umsetzung

Im „Oster- und Sommerpaket“ wurde viel für die Windenergie getan, was ausdrücklich begrüßt wird. Dieselbe Anstrengung ist nun für die Solarenergie notwendig. Hierzu müssen schnell auf Gesetzes- oder auf dem Verordnungswege folgende Dinge umgesetzt werden, da andernfalls der Beitrag der Solarenergie nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen wird:

1. Netzanschlussanmeldung vereinheitlichen und vereinfachen!

Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung von bis zu 30 Kilowatt werden ab sofort einheitlich wie folgt beim Netzbetreiber angemeldet und nicht wie bisher in einem „unübersichtlichen Dschungel“ aus jeweils unterschiedlichen Formularen und Verfahren:

  • Alle Netzbetreiber verwenden das vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (BDEW) herausgegebene Formular „Anmeldung zum Netzanschluss“, so dass die Beantragung eines Netzanschlusses für PV-Anlagen deutschlandweit einheitlich und einfach erfolgt.
  • Der Eigentümer lässt den erforderlichen Zweirichtungszähler nach der Anerkennung/Registrierung beim Netzbetreiber von einer beauftragten Elektrofachkraft einbauen. Dies bleibt nicht – wie bisher – dem Netzbetreiber vorbehalten. Dies kostet gegenwärtig bis zu sechs Monate Zeit und steht einer Inbetriebnahme entgegen.
  • Alle Netzbetreiber veröffentlichen eine Liste mit verfügbaren Netzverknüpfungspunkten, an denen Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung von bis zu 30 Kilowatt an das Netz angeschlossen werden können und Strom eingespeist werden kann.

2. Technische Anforderungen an Mittelspannungstransformatoren vereinheitlichen!

Die technischen Anforderungen an Mittelspannungstransformatoren werden ab sofort vereinheitlicht. Es werden hierzu entsprechend dem technischen Fortschritt Modelle von Mittelspannungstransformatoren in einer jährlich zu aktualisierenden Liste ausdrücklich benannt, welche den Stand der Technik darstellen und in den Vorhaben ohne weitere Prüfung verwendet werden dürfen.

Die unterschiedlichen Vorgaben der etwa 900 Netzbetreiber verhindern gegenwärtig eine Serienproduktion dieser zwingend erforderlichen technischen Anlagen. Lange Lieferzeiten und eine Verhinderung der Inbetriebnahme sind die unmittelbare Folge.

3. Einbau von Stromspeichern für Haushalte und Gewerbe fördern!

Der Einbau von Stromspeichern für Haushalte und Unternehmen wird ab sofort gefördert. Hierzu müssen insbesondere Flexibilitäts-Boni gewährt werden.

Der gegenwärtige Fokus auf den Ausbau der Erzeugungskapazitäten ist verständlich. Allerdings muss der nächste Schritt der Speicherung der erzeugten Energie unbedingt bereits jetzt mitgedacht werden. Speicher sind grundlastfähig und stellen jederzeit Strom bereit. Der Strom aus Speichern hat damit einen höheren wirtschaftlichen Wert. Aktuell ist die gespeicherte Kilowattstunde günstiger als die netzbezogene Kilowattstunde. Der Transport von Strom wird mit voranschreitender Speicherentwicklung zunehmend unwirtschaftlicher.

4. Anreize für netzdienliche Speicher schaffen!

In Zeiten der lokalen „Überproduktion“ von Strom (beispielsweise aus Windenergieanlagen) muss ab sofort dieser Strom in Anlehnung an § 14a EnWG vergünstigt Betreibern von Speichern zur Verfügung gestellt werden. Gegenwärtig stehen Windenergieanlagen bis zu drei Monate im Jahr still, da der produzierte Strom nicht abgeführt werden kann.

5. Zinsgünstiges KfW-Darlehen für Photovoltaik-Anlagen ermöglichen!

Die Zinsen steigen derzeit so stark, dass es sich für Unternehmen und Privatpersonen kaum lohnt, in Photovoltaik-Anlagen zu investieren. Durch Zurverfügungstellung von zinsgünstigen Darlehen durch die KfW werden Anreize zur Errichtung von Photovoltaik-Anlagen geschaffen.

6. Sinnvolle lokale Nutzung von Photovoltaik-Anlagen und geschlossene Verteilernetze stärken!

Wenn Strom aus Photovoltaik-Anlagen ohne Einspeisung in das (Mittelspannungs-)Netz der allgemeinen Versorgung (vor dem sogen. „Ortsnetz-Transformator“) über Photovoltaik-Anlagen oder geschlossene Verteilernetze geführt wird (etwa zum Laden von Elektroautos bei einem Nachbarn mit Photovoltaik-Anlage) dürfen in Zukunft keine Netzentgelte, Abgaben und Umlagen mehr anfallen.

Die Nutzung des Stromnetzes beziehungsweise dessen Ausbau ist hierfür gerade nicht erforderlich. Technische Voraussetzung ist, dass die Abnehmer einen Zähler zur – viertelstündlichen Lastgang-Messung haben.

7. Selbst produzierter und gespeicherter Strom muss umlagen- und abgabenfrei sein!

Die Speicherung von Strom aus einer eigenen Photovoltaik-Anlage zur späteren Selbstnutzung muss ab sofort frei von Abgaben und Umlagen sein, da das Stromnetz nicht genutzt wird.

8. Abschaffung der Abstandsregelung bei Reihenhäusern für nichtbrennbare PV-Module!

Bei Solarmodulen mit Brandschutzklasse A ist eine Abstandsregelung von 50 Zentimetern nicht gerechtfertigt, da diese Photovoltaik-Module nicht brennbar sind. Bauordnungsrechtlich besteht daher keine Notwendigkeit einer solchen Abstandsregelung. Dies ist rechtlich in den jeweiligen Bauordnungen klarzustellen bzw. die entsprechenden Vorschriften sind ersatzlos zu streichen.

Gegenwärtig geht durch diese Regelung eine empfindliche Fläche zur Belegung von Solarmodulen verloren.

9. Zertifizierung für Anschlüsse an Mittelspannung erst ab einem Megawatt!

Gemäß der Europäischen Verordnung “NC RfG” (Network Code Requirements for Generators) wurden Stromerzeugungsanlagen in vier Leistungsgruppen klassifiziert. Die genaue Einteilung der Typen konnte national festgelegt werden. Die Bundesnetzagentur muss sofort vom Bundeswirtschaftsministerium angewiesen werden, dass die Zertifizierung nur für Anschlüsse an die Mittelspannung mit einer Gesamtanlagenleistung von mehr als einem Megawatt gilt.

Die verordnete Zertifizierung von Anschlüssen an die Mittelspannung mit einer Gesamtanlagenleistung ab 135 Kilowatt ist willkürlich und hindert beziehungsweise verzögert den Ausbau von Photovoltaik-Anlagen, da es insbesondere zu wenig Zertifizierungsstellen gibt. Die deutsche Umsetzung geht dabei einmal wieder über das europarechtlich Vorgeschriebene hinaus.

10. Verfahren zur Errichtung und zum Betrieb von Photovoltaik-Freiflächenanlagen erleichtern!

Die Verfahren zur Errichtung und zum Betrieb von Photovoltaik-Freiflächenanlagen muss ab sofort erleichtert und vor allem entschlackt werden:

  • Photovoltaik-Freiflächenanlagen werden von der Pflicht der Vorlage einer Prüfstatik befreit.
  • Der Abstand von Photovoltaik-Freiflächenanlagen zu Autobahnen wird im Bundesfernstraßengesetz auf 20 Meter reduziert.

III. Zwei abschließende Hinweise

1. Pflicht zur Installation von Photovoltaik-Anlagen ist kontraproduktiv!

  • Die Pflicht zur Installation von Photovoltaik-Anlagen (auf Neubauten und bei Dachsanierungen) macht die sogenannte Vorprodukte (wie beispielsweise Solarmodule oder Wechselrichter) von Photovoltaik-Anlagen im Ergebnis teurer. Dies führt dazu, dass Gewerbe und Private – um Kosten zu sparen – nur kleinere Photovoltaik-Anlagen auf ihren Häusern errichten, obwohl eigentlich Raum und Kapazität für größere Photovoltaik-Anlagen vorhanden wäre.

2. Vereinfachtes Messstellenwesen und innovative Netznutzung muss möglich werden!

Das Smart-Meter-Gateway ist ein Instrument, welches den Strom im Ergebnis teurer macht. Es reicht absolut aus, wenn der Strom von Photovoltaik-Anlagen bis 30 Kilowatt über den normalen und vorhandenen H0-Lastzähler per Schnittstelle ausgelesen wird. Betreiber von Photovoltaik-Anlagen könnten zudem in den Geschäftsprozesse zur Kundenbelieferung mit Elektrizität (GPKE)  eingebunden werden.

—- Der Autor Mathias Hammer gründete 2008 die Deutsche Energieversorgungsgesellschaft mbH, aus der später Senec entstand. Nach dem Verkauf von Senec an EnBW im Jahr 2018 wandte er sich neuen Ideen zu und gründete den Installationsbetrieb Energiekonzepte Deutschland. Er will mit seinem Unternehmen in diesem Jahr rund 40.000 neue Photovoltaik-Anlagen im Einfamilienhausbereich realisieren. —-

Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion@pv-magazine.com.

Dieser Inhalt ist urheberrechtlich geschützt und darf nicht kopiert werden. Wenn Sie mit uns kooperieren und Inhalte von uns teilweise nutzen wollen, nehmen Sie bitte Kontakt auf: redaktion@pv-magazine.com.