Die aktuellen Ausbauziele für die Photovoltaik, von über 20 Gigawatt im Jahr zum Ende dieser Legislaturperiode sind mit Blick auf den potenziellen Flaschenhals Fachkräfte „ohne Weiteres möglich“. Diese Worte stammen aus einem PV Think Tank Impulspapier, in dem die Autoren Lösungswege aus dem Fachkräftemangel zeigen.
Den Anstoß zur Debatte gab ein Interview mit Robert Habeck in der taz. Der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz erwiderte bei der Frage, ob man mit Blick auf den Ukraine-Krieg nicht noch schneller mit dem Ausbau vorankommen könnte: “Noch mehr geht einfach nicht, … So viele Hände gibt es gar nicht, die das alles umsetzen und verbauen.“
Eine Einschätzung, die von den Denkfabrik nicht geteilt wird. Die Autoren betonen, dass es der „falsche Weg“ wäre, physische Grenzen zu antizipieren und so den Ausbau zu limitieren. Zwar gebe es einen Mangel an Fachkräften für die Installation von mehr Photovoltaik-Anlagen, doch dieser Mangel wäre sowohl kurz- als auch mittelfristig zu kompensieren.
Die Herausforderung
Im vergangenen Jahr betrug der Ausbau der Photovoltaik etwa fünf Gigawatt. Für die kommenden Jahre ist ein Anstieg auf erst sieben, dann neun, dreizehn und schlussendlich 20 Gigawatt pro Jahr geplant. Für die Pariser Klimazielen sollte das Marktwachstum etwa 30 bis 50 Prozent im Jahr betragen, heißt es im Impulspapier.
Um zu sehen, dass dieser Zubau auch in Zukunft bewältigt werden kann, empfehlen die Autoren des Papiers einen Blick in die Vergangenheit. 2012 wurden in Deutschland etwa acht Gigawatt Photovoltaik installiert. Durch höhere Modulwirkungsgrade und andere Effizienzsteigerung, zum Beispiel bei den Montageabläufen, geht der Think Tank davon aus, dass bei gleicher Anzahl an Fachkräften wir 2012 das Ausbaupotenzial um den Faktor 1,8 höher ist. So wäre mit dem Personal von damals Ausbau von über 14 Gigawatt im Jahr ohne Weiteres möglich.
Für kleinere und mittlere Photovoltaik-Dachanlagen bestehen Montagetrupps aktuell aus einem Elektriker, der die AC-seitige Installation übernimmt, und 2-3 Arbeitern, die DC-seitig die die Module installieren. So ein Trupp könne jährlich im Schnitt zwischen 100 und 120 Anlagen mit einer durchschnittlichen Größe von 10 Kilowatt bauen. Wenn Pre- und Aftersales-Aufgaben durch Vertriebsmitarbeiter anstatt Handwerker erledigt werden und An- und Abfahrtswege logistisch optimiert werden, wäre es möglich, mit 20.000 bis 25.000 Handwerken 10 Gigawatt Dachanlagen im Jahr zu bauen, schätzen die Autoren des Impulspapiers. Im Bereich der großen Freiflächenanlagen bestehe auch ein Mangel an Projektleitern. Aber immerhin würde bei der Montagekapazität die Möglichkeit bestehen, auf relativ ungelernte Kräfte zurückzugreifen. Zum Beispiel, könnten saisonal beschäftigte Erntehelfer auch Module installieren.
Solar-Installateur (m/w) gesucht
Im Jahr 2012 waren fast 150.000 Menschen in der Montage oder Wartung von Photovoltaik-Anlagen beschäftigt. Für die kommenden Jahre berechneten die Forschenden der HTW Berlin in einer Studie den Personalbedarf von 200.000 Fachkräften bis 2025. Aktuell seien es um die 40.000.
Den Autoren zufolge sollte die Differenz zu schaffen sein. Im Impulspapier gehen sie von einem hohen Mobilisierungspotenzial für den Personalaufbau aus. Bereits im vergangenen Jahr, pünktlich zum Regierungswechsel hätten viele Installationsfirmen im Segment der kleineren Anlagen damit begonnen, vermehrt neue Fachkräfte dauerhaft an sich zu binden. Das liegt auch an der Aktualität des Themas und der damit verbundenen Planungssicherheit für Unternehmen nachhaltig wachsen zu lassen. Außerdem gebe es zahlreiche Elektrohandwerksbetriebe, die sich bisher noch nicht mit dem Thema Photovoltaik auseinandergesetzt haben. Der Einschätzung PV Think Tanks nach könnten die Beschlüsse der Bundesregierung sich positiv auf die Bereitschaft der Betriebe, in den Photovoltaik-Markt einzusteigen, auswirken.
Um den Personalaufbau zu unterstützen, soll vor allem die Bürokratie abgebaut werden. Denn der „echte“ Flaschenhals wären Genehmigungsverfahren und überkomplexe Förderregeln, wie es in dem Papier weiter heißt. Auch der Netzanschluss solle weiter vereinfacht und vor allem digitalisiert werden. Viele Elektriker würden mehr Zeit im Büro als auf dem Dach verbringen. Dabei sollten diese eher Wallboxen und Wärmepumpen installieren.
Ein weiterer Punkt in der Liste der Lösungsvorschläge bezieht sich auf die Bauordnung. Wenn Photovoltaik-Anlagen und gegebenenfalls andere Systeme wie Wärmepumpen oder Wallboxen zum Standard in jedem Neubau werden, werden auch die Elektroinstallationsfirmen sich schnell auf die Marktsituation einrichten und ihr Personal entsprechend einsetzen oder dafür qualifizieren.
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Eine gute Zusammenfassung der wesentlichen Faktoren. Anders als vor 10 Jahren sind heute PV-Anlagen bis zum Netzanschluss schnell gebaut, aber was danach kommt ist der eigentliche Flaschenhals, und da nimmt de Aufwand aktuel sogar noch zu.
Denkfabrik hört sich ja gut an. Die Uhr einfach 10 Jahre zurückdrehen und sagen, dort hatten wir 150 000 in der Branche ist einfach. Zu der Zeit war alles sicherlich wesentlich einfacher Handwerker für seinen Betrieb zu generieren. Es sind nicht nur Solaranlagen gefragt, sondern die ganze Sektorenkopplung vom Dachdecker über den Elektriker bis zum Heizungsbauer. Jeder sollte über alles Bescheid wissen. Es gibt schon einige Betriebe die sich zusammengeschlossen haben und übergreifend ausbilden. Aber von heute auf morgen geht da nichts. Sicherlich können ungelernte Arbeiter angelernt werden, dass ist schon passiert und hat auch Grenzen. Es fehlen gut ausgebildete Handwerker im gesamten Gewerk und nicht nur in der PV. Deswegen ist es noch schwieriger auch mit mehr Gehalt geeignete Leute zu finden. Der private Hausbau ist in allen Gewerken am Limit und auch die PV-Anlage auf dem eigenen Dach. Bei Solarparks ist das etwas anderes. Hier können keine Spargelstecher verwendet werden, sondern gut ausgebildetes Personal. Planung und Montage sind hier hochprofessionell. Alle Module und Gestelle werden mit Technik wie Glassaugern und Staplern bewegt. Mit dem gleichen Personal wird über die zehnfache Leistung installiert im Vergleich zum Hausdach in derselben Zeit. Deswegen sind Solarparks am besten für die Kommune der schnellere Weg zur Energiewende. Die Denkfabrik sollte die akute Lage betrachten und das Gehirn einschalten.