Verbraucherschützer fordern zeitvariable Netzentgelte

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Die Installation einer großen Zahl von Ladestationen für Elektroautos sowie Wärmepumpen dürfte manche Netzbetreiber künftig vor Herausforderungen stellen. Zugleich können solche Verbraucher aber auch zur Versorgungssicherheit beitragen, indem ihr Betrieb an die Einspeisung von Solar- und Windstrom sowie die allgemeine Nachfrage im Netz angepasst wird. Um dieses Potenzial privater Verbrauchseinrichtungen zu erschließen, hat das Bundeswirtschaftsministerium das Beraterkonsortium Ernst & Young / BET beauftragt, dafür ein Modell zu entwickeln. Die Berater schlagen eine so genannte Spitzenglättung vor: Netzbetreiber sollen das Recht bekommen, flexible Verbraucher bis zu 1,5 Stunden am Tag abzuschalten.

Eine vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) bei Consentec in Auftrag gegebene Studie kommt nun zum Ergebnis, dass dieses Modell für Haushalte viele Nachteile bringt. So werde die Wahlfreiheit privater Verbraucher bezogen auf die Eingriffe der Netzbetreiber stark eingeschränkt. Zudem hätten sie keine finanziellen Vorteile davon – im Gegenteil: Der Vorschlag sieht sogar die Einführung neuer, unter Umständen sehr hoher Entgelte für Flexibilität vor, insbesondere wenn dem Netzbetreiber kein Zugriff auf die Flexibilität gewährt wird. Einmal eingeführt, wäre das Modell aufgrund seiner Komplexität zudem nur unter großem Aufwand zu ändern.

Stattdessen bevorzugt der vzbv die Einführung zeitvariabler Netzentgelte: Verbraucher bezahlen zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Preise, so dass sie ihre Stromnutzung individuell anpassen können. Dabei steht es ihnen frei, dies selbst zu tun oder Lieferanten und andere Unternehmen damit zu beauftragen. So könnten Verbraucher zum Beispiel Elektroauto zu nachfragearmen und daher preisgünstigen Zeiten laden. Gleiches wäre für den Betrieb einer Wärmepumpe möglich.

Der Consentec-Studie zufolge bietet dieses Modell Verbrauchern gegenüber einer Spitzenglättung viele Vorteile. So geben ihnen die Preissignale eine echte Wahlmöglichkeit bei der Nutzung der Flexibilität ihres Stromverbrauchs. Zudem kommen zeitvariable Netzentgelte ohne Verpflichtungen und Strafzahlungen für die Verbraucher aus. Dabei bleibt die Versorgungssicherheit gewährleistet, da auch dieses Modell Engpässen im Stromnetz vorbeugt.

„Bei der geplanten Reform der Netzentgelte sind die privaten Haushalte besonders betroffen“, sagt vzbv-Vorstand Klaus Müller. „Die Bundesregierung ist daher aufgefordert, die Belange von Verbrauchern auch als Priorität umzusetzen.“ Wenn sie ihr Elektroauto nachts laden und somit das Netz entlasten, müsse sich das auch positiv auf ihre Stromrechnung auswirken. „Das vorgelegte Gutachten zeigt, dass dies möglich ist.“

Allerdings hat auch das Modell der Spitzenglättung einige Vorteile, heißt es in der Studie. So lassen sich damit akute Netzengpässe und damit gegebenenfalls verbundene Stromausfälle mit direkten Eingriffen der Netzbetreiber besser vermeiden. In solchen Ausnahmesituationen sollte der der Netzbetreiber das Recht haben, direkt in den Betrieb der flexiblen Verbrauchseinrichtungen einzugreifen, so die Verbraucherschützer.

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