Fünf Punkte, die beim Abschluss von Stromlieferverträgen (PPA) für Unternehmen wichtig sind – Was Europa von den USA lernen kann

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Kennzeichnend für die US-amerikanische Energiebranche waren in nahezu den gesamten letzten zehn Jahren sogenannte Corporate Power Purchase Agreements (PPAs), Stromlieferverträge für Unternehmen. Zum heutigen Zeitpunkt versorgen sich schon einige der weltweit erfolgreichsten Unternehmen über solche Stromlieferverträge mit kostengünstiger und sauberer Energie.

Viele dieser ersten Stromlieferverträge wurden von den Unternehmen aus verschiedenen Gründe unterzeichnet: dem Bestreben, ihre Energieversorgung zu dekarbonisieren, einer sich verändernden Kundennachfrage zu entsprechen und, besonders interessant, dem Wunsch, neue hochqualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen. So versuchen beispielsweise Unternehmen wie Facebook und Microsoft, ihre Datenzentren, die bereits jetzt zu den energieeffizientesten der Welt gehören, zur Deckung ihres Energiebedarfs beizutragen.

Vor dem Hintergrund des Inkrafttretens ehrgeiziger Energieziele einzelner Bundesstaaten spielen PPAs für Unternehmen in der größten Volkswirtschaft der Welt eine immer wichtigere Rolle: Im Jahr 2018 wurden 60 Prozent aller weltweit angebotenen Stromlieferverträge mit Unternehmen in den USA abgeschlossen.

Während dieses Modell sich in den USA praktisch etabliert hat, befindet sich der PPA-Markt für Unternehmen in Deutschland noch in der Anfangsphase – eine gute Gelegenheit für beide Ländern, ihre lange Tradition des beiderseitigen Wissensaustausches aufzunehmen.

Beim Abschluss von PPAs mit Unternehmen des deutschen Industriesektors sind vor allem fünf Punkte zu berücksichtigen:

  1. Netzparität besteht bereits

Zu Beginn hatten Stromlieferverträge für Unternehmen hauptsächlich einen symbolischen Wert: Unternehmen zahlten eine kleine Prämie, um ihre Kohlenstoffemissionen ausgleichen und sich als umweltbewusste Unternehmen zu positionieren; nur in den sonnenreicheren Regionen des Südens konnten Unternehmen mit Solarstromlieferverträgen wirklich Kosten sparen. Doch seit die Kosten für Photovoltaik-Anlagen Jahr für Jahr kontinuierlich fallen, erweisen sich PPAs auch für Unternehmen in anderen geographischen Regionen, einschließlich Deutschland, als eine immer kostengünstigere Alternative.

So wurde im letzten Jahr in der Nähe von Rostock in Norddeutschland ein Stromliefervertrag mit einer Laufzeit von 15 Jahren mit einem 85-Megawatt-Solarpark ganz ohne staatliche Förderung abgeschlossen. Dies verdeutlicht nicht nur, dass der PPA-Markt inzwischen nicht mehr subventioniert werden muss; die Tatsache, dass sich die Anlage in Norddeutschland befindet, ist auch eine gute Nachricht für die Umsetzung solcher Projekte in weiter südlich gelegenen Bundesländern, die über eine wesentlich höhere Sonneneinstrahlung verfügen.

  1. Um besser von den Stromlieferverträgen zu profitieren, können sich kleinere Unternehmen zusammenschließen

Anders als in den USA, wo die Unternehmen die PPAs direkt unterschreiben, werden diese Verträge in Europa im Allgemeinen zwischen Anlageneigentümern und Versorgungsunternehmen geschlossen, die den Strom dann liefern.

Je stabiler sich nun die finanzielle Situation zeigt, desto größer wird das Interesse am eigenständigen Abschluss von Stromlieferverträgen, und selbst kleinere Unternehmen erschließen sich diesen Bereich auf kreative Weise: Interessierte Unternehmen oder Regierungsbehörden schließen sich zu Käufergruppen zusammen, um gemeinsam PPAs mit Versorgungsunternehmen abzuschließen. Dadurch wird die Hürde für den Zugang zu sauberer Energie oder den Abschluss von Stromlieferverträgen deutlich niedriger, da so nun auch kleine oder mittlere Unternehmen diese Art der Energieversorgung nutzen können.

Gleichzeitig wird es den Unternehmen durch den Zusammenschluss zu Käufergruppen ermöglicht, Skaleneffekte zu erreichen und Risiken gemeinsam zu tragen. Die ersten dieser von Unternehmensgruppen geschlossenen PPAs werden umgesetzt, und weitere Vertragsabschlüsse von kleinen und mittleren Unternehmen werden sicher folgen. Da Deutschlands Wirtschaft bekanntermaßen von einer robusten Gruppe von mittleren Unternehmen – dem Mittelstand – getragen wird, stellt diese Form von Stromlieferverträgen für das Land ein großes Potenzial dar.

  1. Stromlieferverträge wirken sich häufig auch auf andere Unternehmen der Lieferkette aus

Viele Unternehmen aus den USA, die bereits früh PPAs abgeschlossen haben, verpflichten nur auch ihre Zulieferer zur Einhaltung von Nachhaltigkeitsstandards. Deshalb lösen viele Unternehmen mit ihrer Ankündigung neuer Nachhaltigkeitsmaßnahmen eine Art Dominoeffekt aus: Wenn sich ein Unternehmen zu Nachhaltigkeit und Umweltschutz verpflichtet, fordern seine Kunden zwangsläufig ein gewisses Maß an Transparenz im Hinblick auf die Ambitionen des jeweiligen Unternehmens ein. Zwar handelt es sich bei dem Thema Lieferkettentransparenz immer noch um eine Art Graubereich, doch für die meisten Unternehmen stellt die Lieferkette im Zusammenhang mit der Übernahme von Verantwortung für ihren ökologischen Fußabdruck den logischen nächsten Schritt dar.

Nachdem Apple im Jahr 2015 mit First Solar einen Stromliefervertrag mit einer Laufzeit von 25 Jahren und einem Wert von 848 Millionen US-Dollar unterzeichnet hatte, rief das Unternehmen sein Clean-Energy-Programm für Lieferanten ins Leben. Mit diesem Programm verfolgt das Unternehmen das Ziel, seine Ökobilanz zu verbessern, indem es seine Zulieferer verpflichtet, ihren Strombedarf zu 100 Prozent aus sauberen Energien zu decken. Damit ebnet der Kultkonzern anderen Unternehmen den Weg zum Erreichen von Nachhaltigkeitszielen.

  1. Die Liste der an der RE100-Initiative beteiligten Unternehmen ermöglicht einen Ausblick auf die Zukunft von Stromlieferverträgen für Unternehmen

Die steigende Nachfrage nach PPA für Unternehmen spiegelt sich auch in der wachsenden Zahl von Bündnissen wie der RE100-Initiative wider. Bisher haben sich fast 200 Unternehmen dazu verpflichtet, ihren Energiebedarf zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien zu decken; eine große Anzahl dieser Unternehmen hat begonnen, einen Teil ihres Energiebedarfs durch den Abschluss von PPAs zu sichern. Angesichts des rasant zunehmenden öffentlichen Bewusstseins bezüglich der Auswirkungen von fossilen Brennstoffen auf die Zukunft unseres Planeten ist davon auszugehen, dass Zusammenschlüsse wie die RE100-Initiative weiter an Fahrt aufnehmen, wenn Unternehmen nun auf die sich wandelnden Kundenanforderungen reagieren.

Mitglieder der RE100-Initiative konzentrieren sich nicht nur auf die Einhaltung ihrer eigenen Nachhaltigkeitsziele, sondern fordern auch gemeinsam die Regierungen ihrer jeweiligen Länder zur Vornahme entscheidender Änderungen auf. So appellierten im Juni 20 Mitglieder der RE100-Initiative an Politiker in Japan, dem Land weitergehende Klimaziele zu setzen. Dieser bisher beispiellose Aufruf verdeutlicht das Potenzial, das Zusammenschlüsse wie die RE100-Initiative im Hinblick auf die weltweite Energiepolitik bergen. Höher gesteckte Energieziele werden die Praxistauglichkeit von Stromlieferverträgen noch weiter vorantreiben, doch bereits jetzt hat die RE100-Initiative gezeigt, dass sie auch außerhalb der USA in der Lage ist, Veränderungen im Energiesektor anzustoßen.

  1. Solarenergie ist für den Abschluss von Stromlieferverträgen für Unternehmen besonders gut geeignet

Als einer ihrer Nachteile wurde der Solarenergie stets ihre Unbeständigkeit bei der Energiebereitstellung vorgeworfen, erzeugt sie doch Strom nur bei Tageslicht. Da die Preise für Batteriespeicher inzwischen kontinuierlich und schnell fallen, haben sich diese Bedenken nun größtenteils erledigt. Solarenergie eignet sich hervorragend für Stromlieferverträge mit Unternehmen, da der Großteil des Energiebedarfs der Unternehmen tagsüber während der Geschäftszeiten anfällt, wenn die Sonne scheint. Das macht PPAs mit Solarenergie für viele Unternehmen aus den verschiedensten Branchen zur ersten Wahl.

Vor dem Hintergrund stetig fallender Photovoltaik-Preise sollte immer mehr Unternehmen daran gelegen sein, die Vorteile dieser preiswerten Energie zu nutzen. Auch die Tatsache, dass in deutschen Unternehmen überwiegend zu den traditionellen Arbeitszeiten gearbeitet wird, trägt dazu bei, dass Stromlieferverträge für eine nachhaltige Energieversorgung dieser Unternehmen ideal geeignet sind.

Da diese PPAs zunehmend die Art und Weise der Energieversorgung von Unternehmen in den USA revolutionieren, sind deutsche Unternehmen gut beraten, sich auf diesen Wandel vorzubereiten.

Netzengpässe, die Interessen der Anbieter fossiler Brennstoffe und regulatorische Hemmnisse lassen die schnelle, flächendeckende Einführung von erneuerbaren Energien in Deutschland mutmaßlich noch um Jahrzehnte in die Ferne rücken. Doch mit Stromlieferverträgen erhalten Unternehmen nun die Möglichkeit, die Energiewende in die eigene Hand zu nehmen und von den rapide fallenden Kosten für die Solarenergieerzeugung zu profitieren.

Natürlich sind die Strukturen von PPAs für Unternehmen komplex – doch es gibt zahlreiche Akteure, darunter wir von First Solar, die über umfassende Kenntnisse und Erfahrungen verfügen und bereit sind, dieses mit deutschen Unternehmen zu teilen.

Mit Stromlieferverträgen für Unternehmen steht Deutschland nun ein neuer Weg offen, die viel diskutierte Energiewende umzusetzen und seine ehrgeizigen Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, von denen die beteiligten Unternehmen und zukünftige Generationen gleichermaßen profitieren werden.

— Der Autor Stefan Degener ist Vice President von First Solar für Europa und Afrika und Mitglied des Board of Directors von Solarpower Europe. Stefan Degener ist seit 2011 bei First Solar in verschiedenen Positionen mit Schwerpunkt auf Business Development tätig. —

Die Blogbeiträge und Kommentare auf www.pv-magazine.de geben nicht zwangsläufig die Meinung und Haltung der Redaktion und der pv magazine group wieder. Unsere Webseite ist eine offene Plattform für den Austausch der Industrie und Politik. Wenn Sie auch in eigenen Beiträgen Kommentare einreichen wollen, schreiben Sie bitte an redaktion(at)pv-magazine.com

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