Die beiden stellvertretenden Vorsitzenden der Unions-Bundestagsfraktion, Andreas Jung (CDU) und Georg Nüßlein (CSU) sind mit der Aufgabe betraut worden, Vorschläge für ein auf den Klimaschutz ausgerichtetes und wettbewerbsfähiges Steuer- und Abgabensystem zu erarbeiteten. Der Auftrag sei, „starke Signale für Klimaschutz und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit“ im Konzept zu vereinen, sagte Jung in einem Interview mit der „Augsburger Allgemeinen“. Dabei gehe es der Union darum, höhere Belastungen für Bürger und Unternehmen im Energiebereich zu vermeiden. „Wir haben im Energiebereich nicht zu wenig Abgaben, Umlagen und Steuern, wir haben zu wenig Effizienz, Innovation und Steuerung.“ Das derzeitige Steuersystem sei „klimablind“, bestätigt Jung die Kritik des ehemaligen Bundesumweltministers Klaus Töpfer.
Doch was schwebt der Union nun vor? „Wir brauchen eine stärkere Ausrichtung auf den CO2-Ausstoß und damit Innovationssignale für Klimaschutz“, sagt der CDU-Politiker in dem Interview. Nach Jungs Aussage soll ein auf den Klimaschutz ausgerichtetes Instrument geschaffen werden. Er könnte damit eine CO2-Steuer meinen, benennt sie aber an dieser Stelle nicht konkret. Zugleich stellt Jung in Aussicht, dass bei der Einführung einer neuen Abgabe, eine Entlastung an anderer Stelle erfolgen müsse. So könnten beispielsweise Stromsteuer oder EEG-Umlage wegfallen. „Aber alle Auswirkungen müssen noch sorgfältig durchdacht und durchgerechnet werden.“
Im Prinzip gehe es darum, einen marktwirtschaftlichen Ansatz mit passenden Preissignalen zu finden. Zudem setzt Jung noch Hoffnungen, dass der europäische Emissionshandel verbessert und auf mehr Sektoren ausgeweitet wird. „Dadurch, dass diese Zertifikate für CO2-Ausstoß immer weiter reduziert werden, können die Mengen genau gesteuert und Klimaziele so präzise erreicht werden. Wir legen uns jedoch nicht schon auf ein Instrument fest. Aber für uns ist klar: Marktwirtschaftliche Wege sind besser als Verbote und Subventionen“, sagt Jung im Interview. Allerdings müssten auch die Menschen mitgenommen werden, um ähnliche Proteste wie der Gelbwesten in Frankreich zu vermeiden.
Noch steht die Union mit ihrem Konzept wohl ganz am Anfang. Jung verspricht, externen Sachverstand einzubeziehen. Das Konzept soll dann einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutzgesetz, dessen Verabschiedung im Herbst geplant ist, sowie zum Erreichen der Klimaziele 2030 leisten. Im Juli sollen Klimaökonom Ottmar Edenhofer und der Wirtschaftsweise Christoph Schmidt dem Klimakabinett ein Modell für CO2-Bepreisung vorstellen. Dies soll offen diskutiert und die Ergebnisse in das Konzept der Union einfließen, wie Jung erklärt. Bis September will er mit Nüßlein den Vorschlag dann finalisieren.
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So vollkommen klimablind war das Steuersystem bisher gar nicht. Die Mineralölsteuer ist z.B. ziemlich direkt an den CO2-Ausstoß gekoppelt. Nur die Diesel-Ermäßigung ist da natürlich nicht gerechtgefertigt. Ähnlich ist es mit der Stromsteuer: Solange der Strom fast nur aus Kohle und Gas kam, war die Stromsteuer praktisch eine CO2-Steuer. Inzwischen kommt sie zu 40% aus Erneuerbaren Energien, so dass die Stromsteuer kein geeignetes Instrument mehr ist. Die PKW-Maut habe ich zwar schon in „Klima-Maut“ umbenannt gesehen, aber das wäre sie nur, wenn sie erstens proportional an die gefahrenen Kilometer gebunden wäre (ohne Mengenrabatt für Vielfahrer!) und zweitens den Verbrauch pro km berücksichtigen würde. Besser geht das über die Mineralölsteuer. Die Straßenmaut könnte man dann abhängig von Schadstoffausstoß und/oder Achslast machen, damit auch die Aspekte Luftreinhaltung und Straßenabnutzung berücksichtigt werden. Oder man spart sie sich ganz, um die Bürokratie nicht ausufern zu lassen.
Eine CO2-Steuer wird auch viele unerwünschte Wirkungen auf anderen Gebieten haben. Geringverdiener trifft es mehr, wenn etwas teuerer wird, als Besserverdienende, die solche Mehrkosten aus der Portokasse bezahlen können. Sozialen Ausgleich erreicht man aber auch auf andere Weise, durch Rückerstattungen pro Kopf, höheren Mindestlohn, höhere Steuerfreibeträge, höheres Kindergeld und höheres ALG2.
Pendler werden auch stärker betroffen sein. Die CO2-Steuer wird aber keine ausreichende Lenkungswirkung entfalten, wenn man Pendler dann von ihr ausnimmt. Hier werden Übergangsfristen erforderlich sein, die den Betroffenen Zeit geben, sich eine Wohnung näher am Arbeitsplatz zu suchen. Die steuerliche Absetzbarkeit der Fahrtkosten zum Arbeitsplatz sollte grundsätzlich zeitlich begrenzt werden. Innerhalb von zwei Jahren kann jeder umziehen. Wenn er es nicht tut, dann, weil er an seinem gegenwärtigen Wohnort vielleicht eine niedrigere Miete hat, und die höhere in Arbeitsplatznähe nicht von der Steuer absetzen könnte. Das sollte dann aber Privatsache sein.
Wer in einem alten, schlecht gedämmten Haus wohnt, könnte Schwierigkeiten bekommen, noch seine Heizungsrechnung zu bezahlen. Das wäre mit individuell angepassten Hilfen zur Sanierung zu flankieren.
Wenn das Ganze für die Gesamtheit der Bürger aufkommensneutral bleibt, wird es auch keine „Gelbwestenproteste“ geben. Da würden dann nur die Großenergieverbraucher auf die Straße gehen. Und das kann ich mir nicht vorstellen.
„Noch steht die Union mit ihrem Konzept wohl ganz am Anfang. Jung verspricht, externen Sachverstand einzubeziehen.“
Der deutsche Wohngebäudebestand hat einen durchschnittlichen Energieaufwand von etwa 185kWh/m2. Der minimale Neubaustandard unterschreitet 45kWh/m2 Primärenergiebedarf als KfW-70 Effizienzhaus (inklusive Warmwasser, Kühlung und Haushaltstrom) durch die EnEV 2009.
„Der Endenergieverbrauch inklusive des Haushaltsstroms je Quadratmeter Wohnfläche [kWh/(m²·a)] ist gegenüber 1990 um ca. 28 % gesunken. Während der Endenergieverbrauch von 1990 bis 2000 um 250 kWh/(m²a) schwankte, ist er von 2000 bis 2015 stetig um ca. 1,6 % pro Jahr auf ca. 185 kWh/(m²a) zurückgegangen.“
„Die Entwicklung der Anteile ist sehr unterschiedlich: Während der Endenergieverbrauch für
Raumwärme stark gesunken ist (-25 %), erhöhte sich jener für Warmwasser um 11 %.“
„Seit 2002 ist der Wärmebedarf der Wohngebäude um durchschnittlich 1,8 % pro Jahr bezogen auf
den Wert 2008 gesunken, jedoch mit zunehmend langsamerer Tendenz. So betrug die Reduzierung in den letzten 5 Jahren nur noch 1,3 % pro Jahr bezogen auf den Wert von 2008.“
Das Einsparungspotential wird weniger und die spezifischen Kosten für weitere energetische Optimierungen steigen, dabei verändert sich das Verbraucherverhalten entgegen einiger Prognosen (Beispiel Warmwasser). Um bis etwa 2050 im Wohngebäudebestand den Standard der EnEV 2009 zu erreichen müssten sich die Einsparungserfolge (und damit der Aufwand dafür) gegenüber den derzeitigen Veränderungen, durchschnittlich, verdreifachen.
Die Babyboomer-Jahrgänge gehen allmählich in Rente und die Kosten für den Infrastrukturumbau wurden/werden durch die Verschleppung der umweltfreundlicheren Ideen auf einen kleiner werdenden Anteil (demographische Entwicklung, auch Anreize für Sozialberufe und deren Absicherung durch Beitragserhöhungen) der arbeitenden Bevölkerung verlagert.
Befristete Arbeitsverträge laden seltener zum Wohnortwechsel/Wechsel des sozialen Wohnumfeldes für einen jeweiligen Arbeitgeber ein.
Wer sich mit der konkreten Umsetzung der Maßnahmen, welche erneut vorgeschlagen werden dann auseinandergesetzt hat und feststellt, daß in einzelnen Bereichen alte Hemmnisse weiterbestehen, fühlt sich seitens einer pseudo-umweltfreundlichen Gesellschaft weitreichend allein gelassen. Deshalb wählen Frustrierte in den östlichen Bundesländern aus Prostest verstärkt auch randständige Parteien. Mit dieser Art zielgerichteter, rücksichtsloser, politischer Einflußnahme zur weiteren Belastung der unteren Einkommen verwundert das nicht länger, so sinnlos bis destruktiv das für die einzelnen Protestwähler in der Konsequenz auch ist, als Schaden an den humanistischen Grundwerten.
… wer einen alten Diesel selten fährt könnte Schwierigkeiten bekommen, in ländlichen Regionen?