Am Mittwoch startet der BDEW-Kongress 2019 in Berlin mit einer klaren Forderung an die Bundesregierung. Deutschland brauche für einen wirksamen Klimaschutz einen CO2-Preis für alle Wirtschaftssektoren, in denen der europäische Emissionshandel nicht greife, erklärte Verbandspräsidentin Marie-Luise Wolff. „Wir sind nicht glücklich darüber, dass die Bundesregierung das Thema auf das Jahresende verschoben hat.“ Wolff kündigte an, dass der BDEW in den kommenden Wochen eine Studie zum Thema veröffentlichen werde. Dies werde derzeit vom RWI erarbeitet. Es beinhalte drei Szenarien mit einem CO2-Preis von 25, 45 und 65 Euro, so Wolff weiter. Der Verband sei allerdings gegen die Festlegung von Mindestpreisen, sondern solle Marktmechanismen wirken lassen. Zugleich müsse die Einführung aufkommensneutral für die Bürger gestaltet werden. Der Verband plädiere auch dafür klimaverträgliches Verhalten zu belohnen.
Doch mit Blick auf die Klima- und Erneuerbaren-Ziele für 2030 erklärte Wolff weiter: „Klar ist auch, dass ein CO2-Preis allein nicht reichen wird.“ Es sei dringend erforderlich, auch die Abgaben und Steuern beim Strom zu reformieren. Nur so könne Strom aus Erneuerbaren konkurrenzfähig werden und auch stärker in den Sektoren Wärme und Verkehr zum Einsatz kommen. Denn gerade in diesen Bereichen werde mehr grüner Strom gebraucht, um die Klimaziele zu erreichen. Wolff plädierte jedoch zugleich für eine steuerliche Förderung der Elektromobilität und von grünen Gasen.
Letzteres umfasst auch das neue Konzept, dass der BDEW-Vorstand jüngst zur Kenntnis genommen hat, wie es Hauptgeschäftsführer Stefan Kapferer ausdrückte. Es geht um das Positionspapier „Power-to-Gas – Eine Schlüsseltechnologie der Sektorenkopplung“. Darin enthalten sind drei Bausteine zur Markteinführung der Technologie, die der Verband für elementar hält, um die 65 Prozent erneuerbaren Energien bis 2030 zu erreichen.
Baustein eins sieht vor, marktnahe Mechanismen zu entwickeln sowie die Forschungs- und Entwicklungsförderung auszuweiten. Kapferer wies darauf hin, dass die deutliche Überzeichnung des Ideenwettbewerbs „Reallabore der Energiewende“ die energiewirtschaftliche Bedeutung von Power-to-Gas-Vorhaben unterstreiche. Daher sei es auch sinnvoll, die Fördermittel hier auszuweiten.
Der zweite Baustein sieht eine regulatorische Anpassung bei Abgaben und Umlagen an die Erfordernisse der Energiewende vor. Damit griff Kapferer das Thema von Wolff wieder auf. Auch für die weitere Entwicklung der Power-to-Gas-Technologien sei es wichtig, über eine sachgerechte Ausgestaltung der Steuern, Abgaben und Umlagen möglichst einheitliche Wettbewerbsbedingungen in den zu koppelnden Sektoren zu schaffen. Idealerweise sollte dies über eine CO2-Bepreisung erfolgen, so Kapferer. Doch wenn dies nicht reiche könnte man sich auch Erleichterungen für Überschussstrom aus Photovoltaik oder Windkraft vorstellen, der zur Erzeugung von grünem Gas genutzt werde.
Der Baustein drei seien Förderinstrumente wie etwa eine Verpflichtung zur Nutzung grüner Gase im Erdgasnetz, etwa in dem eine Quote festgeschrieben werde. Dies solle aber nur zum Tragen kommen, wenn die ersten beiden Punkte nicht für die Markteinführung von Power-to-Gas ausreichten, so Kapferer. Der BDEW hoffe aber, dass die dritte Maßnahme nicht erforderlich werde. Bei der Frage, wer die Power-to-Gas-Anlagen künftig betreiben werde, verwies Kapferer erneut auf die Marktmechanismen.
Doch nicht nur CO2-Preis und Power-to-Gas sind wichtig, damit ein Erneuerbaren-Anteil von 65 Prozent bis 2030 erreicht wird. Photovoltaik, Windkraft und Co. müssen natürlich auch weiter ausgebaut werden. Hier berichtete Kapferer von Fortschritten bei der Sitzung der AG Akzeptanz Ende Mai, die nach der Verabschiedung des Energiesammelgesetz zu Jahresbeginn eingesetzt wurde. Sie berät unter anderem über den 52-Gigawatt-Deckel bei der Förderung von Photovoltaik-Anlagen, zerstritt sich aber dann hauptsächlich über Akzeptanzfragen beim weiteren Windkraftausbau. „Natürlich hoffen wir, dass die Ergebnisse noch vor der Sommerpause veröffentlicht werden, um nach der Sommerpause in den gesetzlichen Prozess zu gehen“, erklärte Kapferer. Aber gewiss sei dies nicht. Ursprünglich wollte die aus Mitgliedern der Koalitionsparteien bestehende Arbeitsgruppe ihre Ergebnisse bereits im März vorlegen.
Kapferer plädierte in diesem Zusammenhang für einen stärkeren Ausbau von Freiflächenanlagen, gerade auch außerhalb des EEG. Dieser sei zum einen erforderlich, um den schwächelnden Ausbau der Windkraft an Land zu kompensieren. Zum anderen würden sich durch Stromabnahmeverträge (PPA) ganz neue Möglichkeiten für große Anlagen eröffnen. Diese seien nicht an die Größenbeschränkungen aus dem EEG von zehn Megawatt für die Anlagen gebunden. Dieses Instrument sollte stärker zum Zuge kommen, so Kapferer. Bei der Offshore-Windenergie will der BDEW ebenfalls eine deutliche Ausweitung der Zubaus bis 2030 durchsetzen.
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Aus der CDU kamen ja Stimmen, eher einen sektorenübergreifenden Emissionshandel zu bevorzugen, statt das CO2 zu bepreisen.
Dazu sollte man mal ganz klar die Unterschiede benennen:
Mit Emissionszertifikaten hat der Staat deutlich mehr „Nachbesserungsmöglichkeiten“. Er könnte diese dazu nutzen, um die Energiewende nachträglich zu beschleunigen, aber auch, um sie nachträglich doch wieder zu verlangsamen. Letzteres wäre wahrscheinlicher. Ein einmal eingeführter CO2-Preis wäre hingegen politisch wie fiskalisch schwerer rückgängig zu machen.
Überraschenderweise ist der CO2-Preis gegenüber der Zertifikateausgabe die marktwirtschaftlichere Methode: Die Menge der auszugebenden Zertifikate wird staatlich festgelegt. Dadurch hat der Staat nominell kontinuierlich die Hand darauf, wie viel CO2 von Jahr emittiert wird. Wenn allerdings geringere CO2-Emissionen bedeuten würden, dass die Versorgungssicherheit in Gefahr ist, wird er ganz schnell einknicken, und mehr Zertifikate als ursprünglich beabsichtigt ausgeben. Ein CO2-Preis wird hingegen dazu führen, dass ein wirtschaftlicher Anreiz entsteht, zusätzliche Erneuerbare Leistungen aufzubauen. Hier sind Mangelsituationen also unwahrscheinlich, und es wird damit auch weniger Grund geben, zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit die ursprünglichen Minderungsziele aufzugeben und das alles mit Mitteln des freien Marktes.
Wer den CO2-Preis ablehnt und statt dessen Emissionszertifikate bevorzugt, lehnt also die marktwirtschaftliche Lösung zu Gunsten stärkerer staatlicher Eingriffsmöglichkeiten ab. Sehr wenig konsequent von den marktliberalen CDUlern, aber die Motivation ist natürlich durchschaubar: Man will etwas tun, das gut aussieht, aber einem die Möglichkeit erhält, hinterher alles beim alten zu belassen.
Man kann es auch noch provaktiver formulieren: Bei der Ausgabe von Emissionszertifikaten hat späteres staatliches Nichtstun die Folge, dass die Emissionen nicht sinken. Beim CO2-Preis hat späteres staatliches Nichtstun die Folge, dass der Marktvorteil der Erneuerbaren bestehen bleibt. Und was ist die Paradedisziplin unseres Staates? Bei Emissionszertifikaten müsste der Staat Jahr für Jahr den CO2-Emittenten die Daumenschrauben anziehen. Den einmal eingeführten CO2-Preis dürfte er bloß nicht reduzieren, dann würde er schon seine Wirkung entfalten. Behält man diese Mechanismen und die Erfahrung, was wohl wahrscheinlicher ist, in Erinnerung, dann ist es wohl klar, wer auf welchen Effekt hofft: Wer die effektive Absenkung der CO2-Emissionen für unmöglich oder nicht wünschbar hält und deshalb hintertreiben will, der ist für die Zertifikateausgabe. Wer die CO2-Reduzierung will, und sich offenhalten, sie möglicherweise noch zu beschleunigen, der wählt die CO2-Bepreisung.