Nallinger: „Es mangelte an politischem Willen“

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Die Solarinitiative München GmbH & Co. KG (SIM) wurde 2010 von der Landeshauptstadt München und den Stadtwerken München (SWM) gegründet. 2012 kamen drei private Gesellschafter dazu, die Landeshauptstadt München und die SWM hielten aber die Mehrheit an dem Unternehmen. Auftrag der SIM war es, im urbanen Umfeld Photovoltaik-Anlagen zu bauen und das Thema Photovoltaik in Großstädten voranzubringen. Ende 2014 wurde die SIM aufgelöst.

pv magazine hat mit der Ideengeberin der SIM, Sabine Nallinger, gesprochen. Sie hat rund 20 Jahre im Bereich der Stadt- und Verkehrsplanung bei Umweltverbänden, im Planungsreferat, in Ingenieurbüros und bei den Stadtwerken München gearbeitet. Seit 2008 ist sie Stadträtin für Bündnis 90/Die Grünen im Münchner Stadtrat. 2014 kandidierte sie für das Amt der Oberbürgermeisterin. Seit Herbst 2014 ist sie als Vorständin bei der Stiftung 2°, einer Klimaschutzinitiative deutscher Unternehmen, tätig.

Grünen-Politikerin Sabine Nallinger ist enttäuscht über die Auflösung der Solarinitiative München. Foto: Niko Schmid-Burgk

pv magazine: Zu Ende Dezember wurde die Solarinitiative München, die mehr Photovoltaik auf Münchens Dächer bringen sollte, aufgelöst. Auf Ihre Initiative war das Unternehmen 2010 gegründet worden. Sind Sie enttäuscht?

Sabine Nallinger: Ich bin schon viel früher enttäuscht gewesen, weil ich gemerkt habe, dass die SIM ein großes Potenzial hat, aber der politische Wille fehlte.

Woran lag’s?

Die SPD als deutlich stärkerer Teil der Rot-Grünen Stadtregierung hat hier ihren Einfluss geltend gemacht. Nach anfänglicher großer Sympathie für dieses Projekt des damaligen Oberbürgermeisters Christian Ude ließ bei der praktischen Umsetzung die politische Unterstützung aus der SPD-Fraktion zunehmend nach.

Meine Idee war es, dass der OB zunächst für das Projekt wirbt. Der weitere Plan war, dass mit der geballten politischen Kraft der Rot-Grünen-Koalition ein Schneeballeffekt in der Münchner Bevölkerung ausgelöst werden sollte. Nach dem Motto: Mein Nachbar macht es, dann mache ich es auch.

Haben auch die Stadtwerke München dazu beigetragen, dass die SIM bei Weitem nicht die Photovoltaik-Leistung erreicht hat, die möglich gewesen wäre?

Das Verhalten der Stadtwerke war nicht gerade förderlich. Die Zusammenarbeit war problematisch. Die Stadtwerke waren zunächst Großanteilseigner an der SIM, sie blockierten von Beginn an ein erfolgreiches Agieren der Initiative. Ihre Strategie bei erneuerbaren Energien basiert überwiegend auf überregionalem Ausbau, großteils im Ausland. Regionale Konzepte haben dagegen einen weitaus geringeren Stellenwert. Die Stadtwerke sind zu 100% im Eigentum der Stadt München, und wenn es den politischen Willen gegeben hätte, hätten sie die entsprechenden Vorgaben bei der SIM umsetzen müssen.

Was genau kritisieren Sie an der Strategie der SWM?

Es reicht nicht, beim Klimaschutz nur an Megawattzahlen für erneuerbare Energien zu denken, es müssen auch sämtliche Potenziale vor Ort genutzt werden. Auch wenn es vielleicht etwas angestaubt klingt, ist es immer noch richtig, global zu denken und lokal zu handeln. Die momentane politische Debatte um die Nord-Süd-Stromtrassen zeigt, welche Konflikte eine starke regionale Konzentration des Ökostromausbaus mit sich bringen kann. Die Stadtwerke haben noch nicht erkannt, dass es einen enormen Wandel gibt. In Zukunft wird es viel mehr intelligente, dezentrale Projekte mit erneuerbaren Energien oder BHKWs geben auf Basis von Eigen- oder Mieterstromversorgung.

Was empfehlen Sie anderen Städten, die ein Unternehmen für mehr Photovoltaik gründen wollen?

Zunächst einmal braucht es Leute, die das Thema vorantreiben. Die Verwaltung kann den Photovoltaik-Ausbau stark bremsen. Deshalb sollte es Zielvorgaben für die operativ Verantwortlichen geben, zum Beispiel für das Liegenschaftsamt oder die Stadtwerke. Eine Taskforce Photovoltaik, die am besten beim höchsten Vertreter einer Kommune angesiedelt ist könnte dies mit einem Durchgriff qua Amtes entscheidend voranbringen. Vonnöten ist nicht nur der politische Wille, es braucht auch die entsprechenden Strukturen in den nachgelagerten Behörden.

Das Interview führte Ina Röpcke.

Mehr zur Haltung der Stadtwerke München bezüglich der Solarinitiative München sowie zum Ausbau der Erneuerbaren erfahren Sie in unserer kommenden Ausgabe. Das Heft erscheint am 2. März.Sichern Sie sich ihr Abo noch rechtzeitig.

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