Schluss mit falschem Potenzial

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PID hat derzeit das Potenzial, ein Aufregerthema zu sein. Auf diesen Zug ist Omron aufgesprungen. Das Unternehmen bietet eine Wechselrichter-Technologie an, die es als „innovative Lösung, um PID vorzubeugen“ anpreist.

PID steht für potenzialinduzierte Degradation. Der Effekt kann bei kristallinen Standardmodulen auftreten, wenn die Solarzellen eine negative Spannung gegenüber dem Modulrahmen haben. Das lässt sich verhindern, indem man den negativen Pol des Modulstrings erdet (siehe Grafik). Es ist bekannt, dass eine Anlage entsprechend geerdet werden kann, wenn man sie über einen Wechselrichter mit Trafo an das Netz anschließt. Das liegt daran, dass in Trafogeräten die DC- und AC-Stromkreise nur über die Trafospulen miteinander gekoppelt sind. Über sie wird die Energie übertragen, ohne dass es eine direkte Verbindung zwischen dem DC- und dem AC-Stromkreis gibt.

Bei Geräten ohne Trafo ist das meist anders. Bei ihnen besteht eine elektrische Verbindung zwischen DC- und AC-Stromkreis. Da der AC-Stromkreis über das Netz am Nullleiter geerdet ist, legen diese Wechselrichter dann auch das elektrische Potenzial des DC-Stromkreises fest. Je nach Schaltung sieht das unterschiedlich aus. Es gibt trafolose Wechselrichter, bei denen sowohl der negative als auch der positive Pol des Modulstrings in ihren Potenzialen gegenüber Erde fluktuieren. Andere Wechselrichter legen das Potenzial so fest, dass Zellen exakt in der Mitte des Modulstrings keine Spannung gegenüber Erde haben. Wenn der Eingang des Wechselrichters einen Hochsetzsteller hat, damit das Gerät auch für niedrigere Stringspannungen geeignet ist, kommt es zusätzlich zu asymmetrischen Potenzialen. In all diesen Fällen gibt es Module, in denen die Zellen eine positive Spannung gegenüber Erde haben.

Es gibt schon länger Alternativen zu solchen Schaltungen, und das nicht erst seit der Omron-Wechselrichter auf dem Markt ist. „Es ist möglich, trafolose Wechselrichter zu konstruieren, bei denen einer der beiden Pole des Strings fest auf Erdpotenzial liegt“, erklärt Heribert Schmidt, Wechselrichterexperte am Fraunhofer ISE. Das ist zum Beispiel mit der sogenannten Karschny-Topologie möglich, die Siemens für einige Wechselrichter genutzt hat. Die Experten am Fraunhofer ISE haben in der Vergangenheit auch schon eine entsprechende Topologie entworfen, die Sunways mit der AT-Serie auf den Markt gebracht hatte. Das war zu Zeiten des Dünnschichtbooms. Viele Dünnschichtmodule müssen ebenfalls am negativen Pol geerdet werden, damit keine Degradation auftritt.

Die Kosten der Erdung

Bei den diversen erdungsfähigen trafolosen Schaltungstopologien stellt sich eigentlich nur die Frage, wie kompliziert sie sind und wie hoch ihr Wirkungsgrad ist. „Wenn Sie einen der Pole erden wollen, brauchen Sie immer mehr Schalter und Komponenten als bei der einfachsten trafolosen Schaltung“, erklärt Heribert Schmidt. Mehr Schalter assoziieren die Experten automatisch mit mehr Verlusten und geringerem Wirkungsgrad. Das trafolose Sunways-Gerät hatte laut Marktübersicht des pv magazine von 2012 einen Wirkungsgrad von 95 Prozent und lag damit eher bei der Effizienz der Trafo- als der trafolosen Geräte. Die Effizienz der erdungsfähigen Geräte hängt auch davon ab, wie hoch die Eingangsspannung auf der Gleichspannungsseite sein muss. Bei manchen erdungsfähigen Schaltungen muss sie über den typischen Stringspannungen liegen und hochgesetzt werden. Das kostet Effizienz.

Kürzlich haben die ISE-Experten eine weitere Schaltung entwickelt, mit der man einen der Pole erden kann. Sie enthält einen sogenannten fliegenden Kondensator, der weniger aufwendig zu produzieren ist als die ursprünglich für Sunways entwickelte Schaltung. Die Idee ist, dass der Solargenerator und das Stromnetz nie direkt miteinander verbunden sind. Ein Kondensator wird dabei von der Solaranlage geladen, während er durch elektronische Schalter vom Netz getrennt ist. Dann wird er von dem Solargenerator getrennt und fliegt sozusagen zum eigentlichen Wechselrichter und der AC-Seite, mit der er dann verbunden wird. Der Nutzer kann den Minuspol erden, aber mit leichten Modifikationen auch den Pluspol.

Wann die Omrons Innovation nutzt

Die Schaltung von Omron funktioniert etwas anders und wird von dem Unternehmen als „Zigzag-connected chopper inverter“ bezeichnet. In diesem Wechselrichter sind Minuspol und Erde direkt miteinander verdrahtet, so dass PID, soweit bekannt, tatsächlich verhindert wird. Die Schaltung besteht aus drei Stufen. Wie sie konkret funktioniert, ist für Kunden allerdings nicht so wichtig. Hauptsache, die Wirkungsgrade stimmen. Omron gibt den maximalen Wirkungsgrad für das Gerät mit zehn Kilowatt Leistung mit 97,5 Prozent und den gewichteten europäischen Wirkungsgrad mit 97,1 Prozent an. Das dürfte mehr sein, als die meisten Trafogeräte bieten.

Das Gerät mit dem Namen KP100L hat eine AC-Leistung von zehn Kilowatt, die maximale Eingangsspannung beträgt 850 Volt, der MPP-Bereich liegt laut Datenblatt zwischen 225 und 850 Volt.

Damit eine Erfindung eine Innovation ist, muss sie gebraucht werden. Inzwischen bieten viele Modulhersteller ja auch PID-freie Produkte an. Ob der erdungsfähige trafolose Wechselrichter nutzt, hängt also zum einen davon ab, wie sehr man den Erklärungen der Modulhersteller traut (siehe auch pv magazine Juni 2014, Seite 106). Zum anderen hängt es davon ab, wo man Anlagen anschließt. Beim Anschluss an das Niederspannungsnetz gibt es keine andere Möglichkeit, auf der elektronischen Seite PID auszuschließen, als erdungsfähige Geräte zu nutzen. Wenn eine Anlage über einen Mittelspannungstrafo in das Mittelspannungsnetz einspeist, besteht aber auch bei anderen Wechselrichtern die Möglichkeit, den Generator zu erden.

Heribert Schmidt ist allerdings der Meinung, dass eigentlich nicht die Elektronik für die PID zuständig ist. Dass es möglich sei, PID-freie Module zu produzieren, zeige die Vergangenheit. Es gebe genug alte Anlagen mit nicht geerdeten Strings, bei denen keine Degradation aufgetreten sei. Schmidt plädiert dafür, das Problem auf der Modulseite zu lösen, indem Hersteller geeignete Materialien und Prozesse benutzen. Dann ist die Erdung überflüssig. Die Omron-Erfindung ist also für Kunden sinnvoll, die an den Aussagen der Modulhersteller zweifeln oder ältere Anlagen mit den Geräten ausstatten wollen, weil sie dort PID befürchten. Die Schaltung und das Funktionsprinzip machen es möglich, PID zu verhindern, und das bei einem beachtlichen Wirkungsgrad.

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