Mietermodelle bleiben attraktiv

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Mit der EEG-Novelle hat die Bundesregierung das solare Grünstromprivileg abgeschafft. Energieversorger konnten bislang für Solarstrom, den sie an ihre Kunden verkaufen, bei der EEG-Umlage einen Rabatt in Höhe von zwei Cent pro Kilowattstunde in Anspruch nehmen. Voraussetzung für diesen Nachlass war, dass Erzeugung und Verbrauch in unmittelbarer räumlicher Nähe zueinander geschehen. Damit ist nun Schluss – diese Form der Direktvermarktung von Solarstrom ist zum 1. August ersatzlos gestrichen worden. Dies gilt auch für bereits bestehende Vermarktungsmodelle. Einen Bestandsschutz genießen sie nicht.

Das betrifft in erster Linie die sogenannten Mieterstromtarife, die einige Versorger, Energiegenossenschaften und Immobiliengesellschaften seit einigen Monaten anbieten. (In pv magazine März 2014 finden Sie ab Seite 58 detaillierte Beschreibungen von drei Mieterstrommodellen.) Bei diesen Modellen werden Mieter mit Strom beliefert, der zu rund 20 bis 40 Prozent aus Solaranlagen stammt, die auf den jeweiligen Dächern installiert sind. Da der Strom aus den Anlagen nicht durch die öffentlichen Netze fließt, werden auf den Solaranteil des Strommix weder Netzentgelt noch Konzessionsabgabe fällig. Auch die Stromsteuer entfällt. Dazu kam bislang der nun abgeschaffte Rabatt bei der EEG-Umlage, den die Versorger an ihre Kunden weitergegeben haben. Mit diesen Nachlässen konnten die Anbieter ihre Tarife sehr günstig gestalten. „Die Bundesregierung lässt die Mieter im Regen stehen“, kritisiert der Lichtblick-Chef Heiko von Tschischwitz den Wegfall des EEG-Umlagerabatts. Der Versorger hat im Frühjahr im Berliner Stadtteil Hellersdorf Deutschlands größtes Mieterstrommodell auf die Beine gestellt.

Möglicherweise kehrt das Grünstromprivileg schon bald durch die Hintertür zurück. Die SPD hat bei den Verhandlungen über die Novelle durchgesetzt, dass die Bundesregierung per Verordnung ein System für die Direktvermarktung von heimischem Ökostrom einführen kann – unter der Bedingung, dass damit keine zusätzlichen Kosten für die Allgemeinheit entstehen und zudem die EU grünes Licht gibt. „Die Vorschläge hierzu liegen auf dem Tisch. Wir werden prüfen, ob sie europarechtskonform und kostenneutral sind“, erklärt Dirk Becker, stellvertretender Sprecher der Arbeitsgruppe Wirtschaft und Energie der SPD-Bundestagsfraktion. Allerdings dürfte es nicht leicht werden, ein Modell zu finden, das vor den strengen Augen der EU Gnade findet. Denn schließlich ist die bis dato gültige Regelung zum Grünstromprivileg auf Betreiben der EU-Kommission gekippt worden.

Sollte es nicht gelingen, ein neues, wasserdichtes System für die Direktvermarktung von Grünstrom außerhalb des Marktprämienmodells zu finden, werden Mieterstromangebote nach Einschätzung von Lichtblick künftig nur noch sehr eingeschränkt möglich sein. Das sieht auch Theodor Scheidegger von Engynious so. Das Unternehmen hat jüngst in Wolfen, Sachsen-Anhalt, ein solches Projekt umgesetzt. „Zwar wird es auch in Zukunft noch Fälle geben, in denen die Versorgung der Bewohner mit Solarstrom vom Dach ihrer Vermieter wirtschaftlich sinnvoll ist. Doch diese Zahl wird sich mit der Novelle deutlich verringern. Das Modell lohnt sich künftig nur noch unter besonderen Bedingungen, etwa bei einer optimalen Ausrichtung des Dachs“, erklärt Scheidegger.

Ob dieser Pessimismus berechtigt ist, bleibt allerdings abzuwarten. Denn da der Rabatt auf die EEG-Umlage nur auf den Solarstromanteil – und nicht etwa auf die gesamte gelieferte Strommenge – gewährt wurde, steigen die Kosten pro Kilowattstunde lediglich um 0,5 bis 1,0 Cent pro Kilowattstunde. Lichtblick hat bereits angekündigt, seinen Mieterstromtarif in Berlin nicht zu erhöhen. Der Versorger übernimmt die Mehrkosten selbst, so dass es beim niedrigen Preis von 24,75 Cent pro Kilowattstunde bleibt. Doch selbst wenn Lichtblick den Betrag auf die Tarife umlegen würde, lägen sie immer noch deutlich unter dem Durchschnitt. Mieterstrommodelle dürften wohl auch künftig sowohl für Versorger und Immobilieneigentümer als auch für die Bewohner grundsätzlich interessant bleiben – unabhängig davon, ob das Grünstromprivileg eine Neuauflage erfährt oder nicht.

Rechtsanwältin Margarete von Oppen von der Berliner Kanzlei Geiser & von Oppen zur Neuregelung des solaren Grünstromprivilegs:

Die Neuregelung

Nach dem bisher geltenden EEG reduzierte sich im Falle der Lieferung von Strom aus Solaranlagen an einen Dritten ohne Nutzung des öffentlichen Netzes und in unmittelbarer räumlicher Nähe die EEG-Umlage um 2,0 Cent je Kilowattstunde. Dieses solare Grünstromprivileg hat der Gesetzgeber unter anderem mit Hinweis auf Zweifel an seiner Europarechtskonformität ersatzlos gestrichen.

Keine Übergangsvorschrift

Eine Übergangsvorschrift ist nicht vorgesehen. Auch Betreiber von Bestandsanlagen müssen künftig die volle EEG-Umlage zahlen. Aus verfassungsrechtlicher Sicht dürfte diese ersatzlose Streichung auch zulässig sein. Beim Entfallen des solaren Grünstromprivilegs für die Zukunft handelt es sich um eine sogenannte unechte Rückwirkung, die dem Gesetzgeber grundsätzlich gestattet ist.

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