Eigenverwaltung: Das neue Insolvenzrecht macht die Sanierung in eigener Regie deutlich berechen- und planbarer

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Aus Fehlern lernen – und es das nächste Mal besser machen: Das ist das Prinzip der Eigenverwaltung. Die Geschäftsführung führt den Geschäftsbetrieb unter Aufsicht einer vom Gericht bestellten Person im Konsens mit den Gläubigern und den Verfahrensbeteiligten fort – in der Regel beraten und unterstützt von einem Sanierungsexperten. Der Maschinen- und Anlagenbauer Rena geht diesen Weg seit Ende März 2014. Der Photovoltaikspezialist Mage Solar hat seine Sanierung in eigener Regie Ende Dezember 2013 erfolgreich abgeschlossen.

Hürden für die Sanierung in eigener Regie gesenkt

Seit der Insolvenzrechtsreform steigt die Zahl der Eigenverwaltungen kontinuierlich an. Bis Ende 2013 haben nach den Daten der Online-Plattform Insolvenz-Portal branchenübergreifend bereits 260 Unternehmen das Sanierungsinstrument Eigenverwaltung genutzt. Dies liegt vor allem daran, dass der Gesetzgeber die Hürden gesenkt hat, die vor dem 1. März 2012 sehr hoch waren. Fakt ist: Die Sanierung in eigener Regie ist jetzt auch für Unternehmen der Solarbranche attraktiv. Im vergangenen Jahr haben nach einer Erhebung des Insolvenz-Portals 22 Personen- und Kapitalgesellschaften, die Solarzellen, -module oder -wärmekollektoren herstellen, einen Insolvenzantrag gestellt. Zahlen zu Maschinen- und Anlagenbauern aus der Solarbranche liegen nicht vor, da diese zumeist auch für andere Branchen tätig sind und daher nicht eindeutig zugeordnet werden können.

Entscheidung über die Eigenverwaltung erfolgt früher

In der Regel besteht ein Insolvenzverfahren aus dem vorläufigen und dem eröffneten Verfahren. Im vorläufigen Verfahren, das in den meisten Fällen drei Monate dauert, werden oftmals bereits die wesentlichen Weichen gestellt. Das Problem: Bis zur Insolvenzrechtsreform legte das Gericht erst mit der Eröffnung des Verfahrens – also rund drei Monate nach dem Insolvenzantrag – fest, ob der Schuldner sich in Eigenverwaltung sanieren durfte oder nicht. Im vorläufigen Verfahren waren durch diese späte Entscheidung oftmals bereits Tatsachen geschaffen worden, die eine Eigenverwaltung im eröffneten Verfahren erschwerten oder faktisch unmöglich machten.

Jetzt trifft das Gericht die Entscheidung über die Eigenverwaltung zumeist kurz nach dem Insolvenzantrag. Der Vorteil: Die Geschäftsführung hat sehr schnell Klarheit, ob sie ihr Unternehmen in eigener Regie sanieren darf oder nicht – das Verfahren wird dadurch planbarer.

Sanierung in eigener Regie wird von der Ausnahme zur Regel

Zur besseren Planbarkeit trägt auch bei, dass der Gesetzgeber die Position des Schuldners gestärkt hat. Das Gericht kann den Antrag auf Eigenverwaltung nur noch ablehnen, wenn konkrete Fakten vorliegen, dass die Gläubiger durch die Eigenverwaltung benachteiligt werden. Bislang war dies auch wegen bloßer Bedenken oder negativer Prognosen möglich. Fakt ist: Durch das neue Insolvenzrecht wird die Sanierung in eigener Regie von der Ausnahme zur Regel.

Wenn das Gericht die Eigenverwaltung genehmigt, kann die Geschäftsführung weiterhin über das Vermögen ihres Unternehmens verfügen – ein großer Vorteil gegenüber dem Regelinsolvenzverfahren, bei dem die Kontrolle über das Unternehmen ganz oder in Teilen auf den vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht. Bei einer Eigenverwaltung bestellt das Gericht hingegen einen vorläufigen Sachwalter. Dieser kontrolliert als eine Art Aufsichtsrat im Auftrag des Gerichts, dass der rechtliche Rahmen eingehalten wird und die Gläubigerrechte gewahrt bleiben. Dass die Geschäftsführung die Kontrolle über ihr Unternehmen behält, stärkt neben der Berechen- und Planbarkeit des Verfahrens auch das Vertrauen der Beteiligten in das Schuldnerunternehmen und seine Organe.

Das neue Insolvenzrecht stärkt die Eigenverwaltung als Sanierungsinstrument. Die Entscheidungen des Gerichts und damit das gesamte Verfahren sind für den Schuldner berechen- und planbarer geworden. Damit wird die Sanierung in eigener Regie auch für Unternehmen aus der Solarbranche zu einer Sanierungsoption, die jetzt auch in der Praxis erfolgsversprechend nutzbar ist.

Der Autor

Detlef Specovius ist Partner der Kanzlei Schultze & Braun und hat eine 18-jährige Erfahrung als Insolvenzverwalter und Restrukturierer. Der Fachanwalt für Insolvenzrecht ist Spezialist für Insolvenzpläne und Eigenverwaltung. In operativer Funktion verantwortete er unter anderem die Sanierung von SinnLeffers, SaarGummi und des Internationalen Clubs Baden-Baden (Galopprennen Iffezheim). Kontakt: Eisenbahnstraße 19-23, 77855 Achern, Tel.: 07841 708251; E-Mail:DSpecovius@schubra.de

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