Eine typische Geschichte: Ein deutsches Solarpark-Projektentwicklungsunternehmen hat im Rahmen einer Unternehmensdelegationsreise nach Indien beim Business Matching einen sehr interessanten Geschäftspartner in Indien kennengelernt. Man wird sich sehr schnell handelseinig und entwirft einen LOI („Letter of Intent“). Der indische Joint-Venture-Partner bietet zudem an, bei der Registrierung der indischen Tochtergesellschaft zu helfen – vor allem kenne er sich mit der indischen Bürokratie gut aus und könne hier seine guten Beziehungen zum Einsatz bringen. Der deutsche Unternehmer ist durch die zupackende Art des Partners begeistert und freut sich, dass in Indien noch wahres Unternehmertum herrscht.
Doch nach einiger Zeit stockt das Projekt, und der indische Partner meldet verschiedene Probleme mit den Behörden. So wäre die geplante Anlage nicht im indischen Gesetz vorgesehen, die lokalen Behörden wären nicht die zuständigen Behörden. Man habe jedoch alles im Griff und man konnte auch schon einige wichtige Registrierungen vornehmen. Was ist passiert?
1. Vom richtigen Umgang mit Geschäftspartnern
Der richtige Umgang mit ausländischen Geschäftspartnern will gelernt sein. Insbesondere sind interkulturelle Stolpersteine zu vermeiden, und Joint-Venture-Verträge, aber auch alle sonstigen bindenden Rechtsgeschäfte sollten mit guten Rechtsberatern besprochen werden, die nicht nur das deutsche Know-how hierzu haben, sondern auch lokal vor Ort gut vernetzt sind. So sollte, um beim indischen Beispiel zu bleiben, ein Joint-Venture-Vertrag zum festen Bestandteil der „Articles of Association“ gemacht werden.
Der Vertrag sollte eine Break-up-Klausel enthalten, und die Folgen des Scheiterns des Joint Ventures sollten gut überlegt werden. Wichtig ist, dass klar geregelt ist, wer welchen Zugang zu immateriellen Rechten hat und auf welchen Namen diese registriert werden dürfen. Gewarnt werden muss dringend vor Firmen, die über Strohmänner gegründet werden müssen. Oftmals ist im Ausland eine solche Strohmann-Gründung nicht wirksam mit der Folge, dass Eigentumsrechte nicht durchgesetzt werden können.
Die gröbsten Fehler lassen sich relativ einfach vermeiden, indem frühzeitig kompetente Berater zu den Vertragsverhandlungen hinzugezogen werden. Im Falle eines geplanten Joint Ventures bietet es sich beispielsweise an, einen Joint-Venture-Vertrag als Entwurf vorzuformulieren und diesen dem ausländischen Partner, möglichst auch schon in dessen Landessprache übersetzt, vorzulegen. Bei der Suche nach dem richtigen Rechtsberater kann im Übrigen die deutsche Außenhandelskammer und die deutsche Botschaft über die von ihrer herausgegebene Anwaltsliste helfen. Gut ist auch, wenn der deutsche Anwalt oder Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sich mit ausländischen Berufskollegen in einem funktionierenden Netzwerk zusammengeschlossen hat oder sogar selbst vor Ort mit einer eigenen Niederlassung vertreten ist.
2. Die lokalen Gesetze und Bestimmungen sind zu beachten
Die Einhaltung der allgemeinen Spielregeln, sprich die Beachtung von lokalen Vorschriften und Gesetzen, steht häufig am Anfang einer Auslandsexpansion weniger im Fokus. Verständlich, da hierdurch oft hohe Kosten entstehen, die nur schwer auf den konkreten Auftrag umzulegen sind. Etabliert sich jedoch die Auslandstätigkeit, kann die anfängliche Nachlässigkeit leicht zum Bumerang werden. Werden am Anfang eines Auslandsengagements öffentlich-rechtliche Auflagen oder Steuern nicht beachtet oder bezahlt, ergeben sich möglicherweise bei einer erfolgreichen Expansion später Schwierigkeiten. Da in einigen Staaten der Photovoltaikbereich direkt oder indirekt durch die öffentliche Hand bestimmt ist, können Fehler in diesem Bereich zum Ausschluss bei der Vergabe von Anschlussaufträgen führen. Unternehmen sind aus diesem Grund gut beraten, mindestens die gleichen Standards einzuhalten, wie sie auch im Heimatland gelten.
3. Wenn Einkommensteuern zu Umsatzsteuern werden
Die lokalen Bestimmungen sind nicht nur einzuhalten, viel wichtiger ist es, die korrekten Steuersätze in der Preiskalkulation von Anfang an zu berücksichtigen. Wieder ein Beispiel aus Indien: Die indischen Behörden verlangen, dass eine xAnzeige20-prozentige Quellensteuer auf Zahlungen in das Ausland einbehalten werden muss, soweit nicht nachgewiesen werden kann, dass diese Quellensteuer nicht oder nicht in voller Höhe anfällt. Die 20-prozentige Steuer kann sich unter Umständen auch auf mehr als 50 Prozent erhöhen – je nach Fallkonstellation.
Da Zahlungen eines indischen Unternehmens in das Ausland von einem indischen Wirtschaftsprüfer freigegeben werden müssen, ist in der Regel davon auszugehen, dass die 20-prozentige Quellensteuer zunächst immer einbehalten wird. Ob die Steuern jedoch an die lokalen Steuerbehörden abgeführt werden, stellt sich oft erst im Nachhinein heraus. Zudem ist häufig nicht klar, ob diese Steuer später in Deutschland angerechnet werden können – oder ob Deutschland den Vorgang ebenfalls besteuert. Damit wird wirtschaftlich betrachtet die Einkommensteuer auf den Umsatz berechnet und empfindlich teuer! Wird also in der Auftragskalkulation die Steuer falsch ermittelt, kann das Auslandsengagement empfindliche Mehrkosten verursachen – die im schlimmsten Fall den finanziellen Ruin des deutschen Unternehmens nach sich ziehen!
4. Fokus auf das Kerngeschäft – Outsourcing prüfen
Eine deutsche GmbH ist Marktführer im Bereich ökologisch hergestellter Textilien und will in Singapur eine Niederlassung gründen und findet schnell Personal. Nach einer Einarbeitungszeit der Assistenz für die Buchhaltung von sechs Monaten scheinen die ersten Anlaufschwierigkeiten überwunden. Drei Monate später kündigt sie. Erst nach weiteren zwei Monaten wird eine neue lokale Assistentin gefunden. In der Buchhaltung herrscht Chaos. Der Umsatz bricht ein.
Wird der Schritt ins sonnige Ausland gewagt, ist darauf zu achten, nicht nur an die Vertriebs- und Produktions-/Entwicklungskapazitäten zu denken. Die Aufträge müssen auch buchhalterisch und administrativ verarbeitet werden. Die deutschen Rechnungslegungsvorschriften beziehungsweise damit verbundene administrative Prozesse stimmen – trotz aller Internationalisierungsstandards – in der Regel nicht mit den ausländischen Anforderungen überein.
In der Praxis führt dies dann häufig dazu, dass sich der Vertrieb, weil vor Ort im Ausland, mit buchhalterischen Fragestellungen auseinandersetzen muss oder dass finanzielle Schieflagen des Projektes nicht rechtzeitig erkannt werden und dadurch den Erfolg des Projektes gefährden. Daher kann es ratsam sein, für die Buchhaltung, die ja nicht zum Kerngeschäft gehört, das Outsourcing zu prüfen.
5. Auf die Steuerquote im Konzern achten
Die sinkenden Subventionen im Photovoltaikbereich machen es notwendig, die Herstellungs- und Projektkosten zu optimieren. Dabei spielt die Wahl der richtigen Rechtsform und Gesellschaftsstruktur keine unerhebliche Rolle, da manche ausländischen Rechtsformen nicht von den inländischen Steuerbehörden akzeptiert werden und es dadurch zu einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung kommen kann. Dabei kann die richtige Organisationsform des Unternehmens zu einem bis zu 15-prozentigen Steuervorteil beitragen. Wird beispielsweise im Ausland eine Personengesellschaft als rechtliche Einheit gewählt, besteuert Deutschland die im Ausland erzielten Gewinne in der Regel nicht, da viele Doppelbesteuerungsabkommen das Besteuerungsrecht dem ausländischen Staat zusprechen. Die Freistellung von der deutschen Besteuerung ist aber an eine Reihe von Voraussetzungen geknüpft, so dass im Voraus mit Beratern vor Ort und in Deutschland ein abgestimmtes Konzept zu erarbeiten ist.
6. Auf Marktsegmente und lokale Gegebenheiten achten
Wie einige Photovoltaikunternehmen in den letzten Jahren in Deutschland schmerzlich erfahren konnten, unterliegen die äußeren Bedingungen eines Marktes ständigen Veränderungen. Wer den Schritt ins Ausland wagt, muss sich hier doppelt absichern: Wird sich das politische Klima für Photovoltaikanlagen in einigen Jahren wesentlich verändern? Sind die Marktteilnehmer im Ausland die gleichen wie im Inland? Wer in Bolivien Solarstrom für sieben Cent pro Kilowattstunde produziert, wird sich trotzdem schwertun, diesen erfolgreich am Markt zu verkaufen, es sei denn, er findet eine entsprechende Marktnische für seine Produkte. Die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen sind dementsprechend durch einen in der Branche gut vernetzten Experten vor Eintritt in Auslandsmärkte zu analysieren.
7. Ethische Grundsätze auch im Ausland beachten
Der Aufschrei und die nachfolgende Diskussion, die die inhumanen Produktionsbedingungen der Apple-Produkte in China bei dem koreanischen Subunternehmer Foxconn hervorriefen, sind vermutlich noch in guter Erinnerung. Auch bei kleineren Projekten ist auf die Einhaltung von Umweltschutz, sozialen und ethischen Grundsätzen zu achten, damit die ausländischen Aktivitäten nicht die inländischen Kunden und Mitarbeiter verstören. Wer sich in Deutschland als familienfreundliches Unternehmen präsentiert, muss dementsprechend auch im Ausland für humane Arbeitsbedingungen sorgen. Im Prinzip müssen die gleichen Grundsätze angewendet werden, wie sie auch im Inland bestehen. Im Zweifel sollte beispielsweise schwangeren Mitarbeiterinnen Mutterschutz gewährt werden, auch wenn es das lokale Arbeitsrecht nicht vorsieht. Oder, überspitzt formuliert: Wer für eine PV-Anlage fruchtbares Ackerland vernichtet, Regenwälder roden lässt oder Sicherheitsbestimmungen beim Aufbau nicht einhält, muss sich dann über negative Schlagzeilen im Inland nicht wundern! Kein Wunder, dass sich der sogenannte Biosprit als (un)ökologisches Produkt nur schwer verkauft! (Mathias Müller)
Der Autor Mathias Müller arbeitet als Steuerberater bei der Rechtsanwalts- und Steuerberatungsgesellschaft Rödl & Partner. Er hat einen MBA der renommierten Booth School of Business, ist deutscher Steuerberater und US Certified Public Accountant. Müller berät überwiegend deutsche, ins Ausland expandierende Unternehmen. Er hat mehrere Jahre eine Auslandsniederlassung geleitet. Der Bericht beruht auf seinen Erfahrungen. |
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