Emissionshandel bleibt ineffektiv

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Die Abgeordneten des EU-Parlaments haben sich am Dienstag gegen eine Verschiebung der Versteigerung von CO2-Emissionszertifikaten ausgesprochen. Die EU-Kommission hatte einen entsprechenden Vorschlag eingebracht, um die historisch niedrigen Preise für die Zertifikate wieder zu erhöhen. Es sollten 900 Millionen Zertifikate vom Markt genommen werden. Das sogenannte „Backloading“ sei mit einer knappen Mehrheit von 334 Abgeordneten gekippt worden, teilte das EU-Parlament mit. 315 Abgeordnete hätten für den Vorschlag gestimmt bei 63 Enthaltungen. Nun gehe der Resolutionsentwurf zurück in den Umweltausschuss des EU-Parlaments.
Die Ablehnung der Änderung begründeten die überwiegend konservativen und liberalen Abgeordneten damit, dass sie durch eine Preiserhöhung der Zertifikate die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie beeinträchtigt sähen und Mehrkosten auf die privaten Haushalte zukämen. Die Befürworter einer Verknappung der Zertifikate sagen hingegen, dass das Überangebot korrigiert werden muss, damit der Emissionshandel in der EU überhaupt wie geplant funktionieren könne. Außerdem würde dies den Übergang zu einer grünen Wirtschaft in Europa vorantreiben sowie Anreize für Investitionen und Innovationen bei erneuerbaren Energien verstärken.  Der Preis für die CO2-Emissionszertifikate liegt derzeit bei unter fünf Euro.
"Diese Art von Politik spielt in die Hände der Klima-Skeptiker. Die Ablehnung des ‚Backloading‘-Vorschlags schwächt das EU-Emissionshandelssystem und gefährdet unsere klimapolitischen Ziele", sagte Berichterstatter Matthias Groote nach der Abstimmung. Der SPD-Politiker ist seit Anfang 2012 Vorsitzender des Umweltausschusses im Europäischen Parlament. Der Grünen-Energieexperte Hans-Josef Fell sprach davon, dass es „ein schwarzer Tag für den europäischen Klimaschutz“ sei. Er fürchtet, dass durch die Ablehnung die Kohleverstromung in Europa nun weiter zunehmen werde. Auch seien viele Programme die über den Energie- und Klimafonds finanziert würden nun gefährdet, da die Einnahmen aus dem Emissionshandel weiter ausblieben. Dazu zählten unter anderem Marktanreizprogramme für erneuerbare Energien, Energieeffizienz und kleine Photovoltaik-Speichersysteme. Fell bezeichnete das gesamte Emissionshandelssystem für nicht tauglich im Sinne des Klimaschutzes. Aus seiner Sicht wäre eine CO2-Steuer „wesentlich erfolgsversprechender“.
Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) interpretiert die Ablehnung des Vorschlags in einem Interview mit dem „Deutschlandradio“ dahingehend, dass der vorgeschlagene Weg nicht zielführend gewesen sei. „Ich persönlich glaube, dass wir mit dem Emissionshandel wirksam gegen Klimaveränderungen vorgehen können. Ich glaube auch, dass es ein marktwirtschaftliches Instrument ist, weil man einen Preis bezahlen muss für CO2. Das ist aus meiner Sicht besser als staatliche Regulierungen und Grenzwerte“, sagte Altmaier. Dabei räumte der Umweltminister ein, dass in der Vergangenheit zu viele Zertifikate kostenlos an die Unternehmen verteilt worden seien. „Das hat dazu geführt, dass der Preis in den Keller gefallen ist, und das wiederum hat zur Folge, dass es keinen Anreiz gibt, CO2 einzusparen. Wir wollten ja gerade erreichen, dass Unternehmen vor allen Dingen im Kraftwerksbereich von sich aus weniger CO2 produzieren, und das wird nun eindeutig mit dem jetzigen System so nicht erreicht“, sagte Altmaier. Er hoffe, dass es angesichts der knappen Mehrheit gegen den Vorschlag in den kommenden Monaten „noch zu einer anderen Entscheidung“ kommen könnte.
Allerdings ist sich die Bundesregierung in Sachen Emissionshandel wieder einmal uneins. Während Altmaier also offen für eine Änderung ist, begrüßten Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler und seine FDP-Fraktion die Ablehnung der Zertifikatsverknappung. „Ich begrüße die heutige Entscheidung des Europäischen Parlaments gegen eine Verknappung der Emissionszertifikate. Das Parlament hat sich damit für einen Kurs entschieden, für den ich lange gekämpft habe. Eine Verknappung der Emissionszertifikate wäre ein Eingriff in ein funktionierendes Marktsystem“, kommentierte Rösler die Entscheidung. Aus seiner Sicht würden die EU-Klimaschutzziele bereits mit dem existierenden System erreicht. „Eine Verknappung würde unsere Industrie zusätzlich belasten und der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und der gesamten EU schaden“, so der Wirtschaftsminister und FDP-Chef weiter. Auch die liberale Bundestagsfraktion sieht keinen Handlungsbedarf beim Emissionshandel. „Auch bei niedrigen Preisen erfüllt er sein zentrales Ziel: die Einhaltung der Klimaschutzziele für Industrie und Stromproduktion bis 2020“, sagte der umweltpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Michael Kauch. (Sandra Enkhardt)

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