Wie die meisten Fachmessen für Photovoltaik und erneuerbare Energien im Jahr 2012 war auch die Renewable Energy India (REI) Expo kleiner als in den Vorjahren. Sie zählte laut Veranstalter UBM 475 Aussteller – darunter viele chinesische Tier-2- und Tier-3-Hersteller – und 12.000 Besucher. Dabei ist REI keine reine Solarveranstaltung, auch Geothermie- und Windkraftproduzenten sind vertreten. Und trotz des Rückgangs im Jahr 2012 bleibt REI die größte Photovoltaikmesse in Indien. Platz zwei belegt die Intersolar India, die in diesem Jahr zeitgleich in Mumbai stattfand. Dort zählte der Veranstalter Solar Promotion 200 Aussteller und 7.300 Besucher.
Die schwache Resonanz spiegelt den nur langsam wachsenden Markt: Insidern zufolge verzeichnet Indien 2012 zwischen 200 und 400 Megawatt neue Photovoltaikleistung. Das ist weit weniger als erwartet, die meisten Analysten waren von mindestens einem Gigawatt ausgegangen. Immerhin verfolgt das staatliche Förderprogramm Jawaharlal Nehru National Solar Mission (JNNSM) das Ziel, in Indien bis zum Jahr 2022 eine Gesamtleistung von mindestens 20 Gigawatt Solarenergie zu installieren – im Juni 2012 lag die installierte Gesamtleistung erst bei einem Gigawatt.
Ein schnellerer Ausbau der erneuerbaren Energien in Indien scheitert vor allem an fehlenden oder zu teuren Finanzierungsmöglichkeiten. Laut Charlie Gay von Applied Materials können die Zinsen in Indien zwischen 14 und 15 Prozent erreichen, da der indische Bankensektor mit der Entwicklung von erneuerbaren Energien noch nicht ausreichend vertraut ist. „Das verlangsamt das Installationsgeschäft“, so Gay. Indische Banken würden bei der Finanzierung von Photovoltaikprojekten einen Risikoaufschlag von zwei bis drei Prozent berechnen.
Banken fehlt die Zuversicht
„Den indischen Banken fehlt noch die Zuversicht in die langfristige Rentabilität der Photovoltaik“, sagt Chiranjeev Saluja, Geschäftsführer von Premier Solar. Außerdem, so Saluja, führten Unsicherheiten über die indische Politik im Bereich erneuerbare Energien dazu, dass die indischen Banker bei der Kreditvergabe an den Photovoltaiksektor vorsichtig seien. Beispielsweise gebe es gegenwärtig eine kontroverse politische Diskussion darüber, ob Dünnschichtmodule unter die Bestimmungen für den nationalen Anteil an der Wertschöpfung im Rahmen des Förderprogramms der National Solar Mission (JNNSM) fallen sollen und wie eine Regelung im Hinblick auf den nationalen Anteil an der Wertschöpfung für kristalline Siliziumzellen umgesetzt werden kann. Für kristalline Module gibt es bereits so eine Regelung.
Hinzu kommt, dass einige indische Hersteller von ihrer Regierung die Einführung von Importzöllen in Höhe von 100 bis 200 Prozent auf Module aus China, Taiwan, Malaysia und den USA fordern. Auf der REI hieß es, dass dahingehende Schritte bereits in den kommenden Wochen unternommen werden könnten. Der Markt wartet zudem mit Spannung auf die Ankündigungen zur Phase II der JNNSM. Es wird erwartet, dass die ausgeschriebenen Ausgangstarife der JNNSM weiter sinken von 15,39 Rupien (22 Eurocent) auf 8,75 Rupien (12,4 Eurocent) pro Kilowattstunde und bis zu einem Mindestwert von 4,81 Rupien (6,8 Eurocent) pro Kilowattstunde.
„Wir sehen ein starkes Absinken der Tarife, sehr niedrige Margen und sehr hohe Zinsen. Das stellt viele Entwickler vor Probleme“, meint Ritwik Ghosh, Leiter für Business Development & Investment bei Hareon Solar. „Wir sind der Meinung, dass es schwierig sein wird, diesen starken Preissturz zu halten, ohne dass die entsprechenden Marktgrundlagen geschaffen sind“, sagt Raj Prabhu, Managing Partner der Mercom Capital Group. Das Zertifizierungssystem für erneuerbare Energien (RECS), das im März 2011 eingeführt wurde, spielt für die Photovoltaikbranche in Indien immer noch kaum eine Rolle, so Jasmeet Khurana vom Beratungsunternehmen Bridge to India. Die Zertifikate laufen nur über fünf Jahre, und bisher gibt es für die Versorgungsunternehmen keine Abnahmeverpflichtung innerhalb des Systems der Renewable Purchase Obligations (RPOs).
Aus diesen Gründen werden viele Photovoltaikprojekte in Indien von Exportbanken aus dem Ausland finanziert, insbesondere von der US-amerikanischen Export-Import Bank, die nach Schätzungen der Messeteilnehmer fast hinter 50 Prozent der Investitionen in Projekte im Land steht. Die Ex-Im Bank bietet Kredite mit nur fünf bis sechs Prozent Zinsen bei einer Laufzeit von 15 Jahren, was weit attraktiver ist als die von indischen Banken angebotenen Kredite. Ein Nebeneffekt des starken Engagements der Ex-Im Bank in Indien ist der große Marktanteil der Dünnschichtmodule, insbesondere der CdTe-Module von First Solar. Die Kredite wurden unter der Maßgabe vergeben, dass in den USA hergestellte Module eingesetzt werden.
Exportbanken anderer Länder scheinen der Ex-Im Bank der USA zu folgen. Hou Peng von TBEA Solar sagt, dass die Chinese Development Bank erst kürzlich selbst ein Exportfinanzierungsprogramm mit einem Budget von über zwei Milliarden US-Dollar gestartet hat. Die Kredite sollen an Projekte gehen, die chinesische Module und Komponenten in Indien und anderswo einsetzen. Auch die Asian Development Bank wird in Indien aktiver und startet ein Multi-Millionen-Dollar-Programm zur Finanzierung von Photovoltaikprojekten.
Keine deutschen Programme
Frank Polhaus, Business Development Executive Director bei Abakus Solar, meint, dass dem Exportweltmeister Deutschland immer noch Programme zur internationalen Projektfinanzierung fehlen, um eigene Solarprodukte und -dienstleistungen zu fördern. Vor zwei Jahren gründete Abakus Solar – ein Pionier der deutschen Solarbranche – zusammen mit der Harsha Engineers Group in Gujarat das EPC-Joint-Venture Harsha Abakus Solar. Inzwischen hat Harsha Abakus in Indien einen Jahresumsatz von 25 Millionen Euro erreicht, was bereits einem Viertel des Gesamtumsatzes von Abakus entspricht, sagt Polhaus. „So weit sind wir mit unserem Geschäft in Indien sehr zufrieden, aber natürlich würde ich unseren Kunden gern zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten bieten können.“ Die Entwicklung des Photovoltaikmarktes in Indien wird durch den gewaltigen Energiebedarf der indischen Wirtschaft angetrieben. Häufige Ausfälle bei Verbrauchsspitzen plagen die Wirtschaft deutlich, wobei die Ausfälle im Durchschnitt rund zehn Prozent des Landes betreffen. Zudem sind in Indien über 400 Millionen Menschen noch nicht ans öffentliche Stromversorgungsnetz angeschlossen. Bereits heute, berichtet Charlie Gay von Applied Materials, kann die Photovoltaik in vielen Fällen mit Strom aus Dieselgeneratoren mithalten. Unternehmen wie etwa Azure Power und Abakus/Harsha Solar sehen hier großes Wachstumspotenzial.
Trotz der vorhandenen Finanzierungsprobleme sieht die Zukunft des indischen Marktes für Photovoltaikinstallationen noch gut aus. Dunklere Wolken hängen über den indischen Photovoltaikproduzenten. Markus Hoehner von EuPD Research schätzt, dass die indischen Hersteller von kristallinem Silizium gerade einmal zu 15 Prozent ausgelastet sind. Zudem fehlten den Unternehmen die finanziellen Mittel, um in Automatisierung und Modernisierung der Produktionsanlagen zu investieren.
Die Frage, inwiefern Steuern und Importzölle für Solarkomponenten der indischen Solarindustrie tatsächlich auf dem aktuell hart umkämpften indischen Photovoltaikmarkt helfen könnten, blieb in Neu-Delhi unbeantwortet. Dennoch haben bereits einige Unternehmen, darunter Renesola, Bonfiglioli und TBEA, mit der Planung beziehungsweise dem Bau von Produktionsanlagen in Indien begonnen, um auf dem Markt mit einem Potenzial von 100 Gigawatt Fuß zu fassen.
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