Chinesische Hersteller drängen auf den deutschen Solarmarkt, zumindest bei den Modulen. Und bei Wechselrichtern? Lohnen würde sich das Ganze eigentlich schon, findet zumindest Henrik Riebartsch vom Berliner Großhändler Schoenau AG. „Der Preisvorteil gegenüber einem deutschen Wechselrichter liegt bei 20 bis 25 Prozent.“ Das macht bei der Gesamtkalkulation für eine Photovoltaikanlage immerhin einige Prozent aus.
Doch der Weg scheint oft noch weit, kulturelle Unterschiede und Sprachprobleme scheinen groß. Auf der deutschsprachigen Webseite eines Herstellers etwa findet sich der Bericht über „die Inspektionsreise von Shanghaier Parteisekretär Yu Zhengsheng“, verfasst in einer kruden Mischung aus Parteichinesisch und Google-Translator-Deutsch: „Am Ende der Untersuchung hielt Herr Sekretär Yu die Hand des Geschäftsführers, schätzte die Unternehmensgruppe sehr hoch und spornte das Unternehmen dazu an, die Chance wahrzunehmen und sich um einen größeren Fortschritt zu bemühen.“ Das ließe sich als Stilblüte abhaken, würden die übrigen deutschsprachigen Beiträge nicht ebenfalls den Eindruck erwecken, als seien sie durch den Google-Translator gejagt worden. Auch wenn das Produkt gut sein mag – Vertrauen in einen guten Service oder eine reibungslose Garantieabwicklung im Schadensfall erwirbt man sich damit nicht.
Aber auch wenn es eine professionell gemachte Webseite gibt, ist das noch kein Garant für guten Service. So heißt es bei einem anderen Hersteller auf der Seite „Unser Team“ lediglich lapidar: „Unsere kompetenten und zuverlässigen Mitarbeiter sind ein sehr wichtiger Erfolgsfaktor unseres Unternehmens.“ Namentlich wird niemand genannt. Und: „Unsere Stärken liegen im Bereich der fachlichen, sprachlichen und kulturellen Kompetenz.“ Ein Telefonanruf zeigt allerdings, dass das nicht stimmt. Als der Mit arbeiter am anderen Ende der Leitung nach einiger Zeit verstanden hat, dass er mit der Presse spricht, will er nichts mehr gesagt haben. Man findet leicht Beispiele für das Klischee, gegen das chinesische Hersteller ankämpfen müssen, wollen sie hierzulande erfolgreich sein.
Kein Wunder, dass Vertreter deutscher Wechselrichter wie Kaco-Sprecher Andreas Schlumberger ihre Vorteile auf dem heimischen Markt betonen: „Wir sind nahe am Kunden, sprechen die gleiche Sprache und unser Gerichtsstand ist nicht Shenzhen.“ Einen Wettbewerb alleine auf der Ebene des Preises könne die deutsche Solarbranche auf Dauer aber nicht gewinnen.
Heimvorteil aufholbar
Es sind allerdings keine unmöglichen Voraussetzungen, die chinesische Wechselrichterhersteller erfüllen müssen, um auch hierzulande für Kunden attraktiv zu werden. Die chinesischen Modulhersteller zeigen, wie es geht. Wenn sie in Europa, besser noch in Deutschland, Filialen errichten, mit enger Bindung zu den Kunden und schnellem Service, und wichtiger noch, mit deutschem Personal oder solchem, das der Landessprache mächtig ist, ist schon viel gewonnen. Dennoch haben erst wenige chinesische Wechselrichterhersteller den Sprung gewagt. Sungrow hatte bislang schon eine Filiale in Paris und will Anfang März mit sechs Mitarbeitern und einer Münchner Filiale in die Bundesrepublik kommen.
Auch Chint startet jetzt in Deutschland mit Wechselrichtern. Wobei der Name erst einmal für Verwirrung sorgt: Bekannt ist bisher vor allem die Modulmarke Astronergy des chinesischen Konzerns, unter deren Namen auch die Webseite läuft. Chint Solar stellt die Module her, Chint Power Systems Wechselrichter. Unter www.chint.de findet sich der Deutschland-Lieferant für diverse Elektrogeräte der Firma. Den Solarbereich gibt es noch nicht.
Den baut derzeit Matthias Wagner in der Nähe von Freiburg auf. Dort wird Chint im März ein Büro im Solarinfo-Center beziehen. In München folgt im Frühjahr ein weiteres Büro. „In Deutschland fangen wir jetzt erst an“, sagt Wagner. Noch habe man höchstens 20 Wechselrichter hierzulande laufen. Das Vertriebsteam soll nun gleichzeitig Module und Wechselrichter verkaufen. Publik gemacht hatte Chint die Gründung einer deutschen GmbH schon im September 2009.
Wagner befindet sich derzeit in Gesprächen, um den bundesweiten Vertrieb zu organisieren. Wie bei anderen Wechselrichterherstellern soll der zunächst
über die laut Wagner „üblichen Verdächtigen“ laufen, also Händler wie Donauer Solar oder EffizienzX. Zusätzlich plant er aber mit zwei für die Solarbranche eher ungewöhnlichen Partnern, darun-ter Hagemeyer, einem Großhandel für Elektrotechnik.
Entscheidend sei vor allem ein gut durchdachtes Servicekonzept, „das zumindest den Austausch der Geräte beinhaltet“, so Wagner. In der Tat scheint dies bisher ein entscheidendes Problem für chinesische Wechselrichterhersteller in Deutschland zu sein. Die Schoenau AG vertreibt unter anderem Wechselrichter von Sungrow. „Wenn wir die Geräte im Stock haben, geht der Austausch schnell“, sagt Riebartsch. „Aber bei großen Stationen kann es schon einmal länger dauern, im schlimmsten Fall zwei Wochen.“ Die deutsche SMA habe die schnellste Reaktionszeit, aber auch den kalifornischen Wechselrichter von Power-One verkaufe man „mit Servicelevel drei“: „Innerhalb von 48 Stunden ist das Gerät umsonst ausgetauscht.“
Chint hat nun einen Vertrag mit CTDI unterschrieben, einem amerikanischen Unternehmen, das vor Jahren in ein früheres Postgebäude bei Karlsruhe gezogen ist. Mit denen habe man einen 24-Stunden-Austauschservice vereinbart, sagt Matthias Wagner. „Wenn ein Installateur in Karlsruhe anruft und sagt, wir haben einen Defekt an einem Wechselrichter, bekommt er in 24 Stunden ein Ersatzgerät geschickt.“ Für den Einbau erhält der Installateur anschließend eine Pauschale je nach Größe des Geräts. Bis zum Einbau könnten dann allerdings noch ein paar Stunden vergehen.
Knackpunkt Lieferzeit
„Bisher haben die chinesischen Wechselrichterhersteller keine Lager“, sagt Henrik Riebartsch – für das Deutschlandgeschäft vielleicht das größte Problem, wenn Anlagen erst mehrere Wochen lang über Luftfracht oder gar den Seeweg nach Europa geschippert werden müssen. Eduard Wagner, Geschäftsführer bei IRES Solar, hat die China-Wechselrichter deshalb wieder aus dem Sortiment genommen. Oder, um genauer zu sein: Der Lagerbestand war Ende 2010 einfach aufgebraucht, neue hat er lieber nicht geordert. „Das ist eine Liquiditätsfrage.“ Die Wechselrichter von Aero-Sharp habe man eineinhalb Jahre im Sortiment gehabt und bestellt, als „Großhändler zu normalen Preisen keine deutschen mehr im Angebot hatten“.
„Sechs bis sieben Wochen“ habe die Lieferfrist aus China betragen, sagt Eduard Wagner. Für 150.000 bis 200.000 Euro habe man sich Wechselrichter aufs Lager bestellen müssen, um stets genug vorrätig zu haben. Bei deutschen Herstellern betrage die Lieferfrist nur drei oder vier Tage. Und zudem seien die Wechselrichter gar nicht so billig gewesen: „Die Kommunikationsschnittstellen und DC-Freischalter waren nicht dabei, die mussten separat bestellt werden. Damit war der Preisvorteil wieder dahin.“ Und, würde Wagner noch einmal chinesische Wechselrichter bestellen? „Einen Lieferengpass werden wir erst einmal nicht mehr haben. Und wenn, würde ich mir beim nächsten Mal einen Hersteller suchen, der in Deutschland zumindest ein Warenlager hat.“ Sungrow hat aus den Problemen jetzt die Konsequenzen gezogen und will ein europäisches Lager einrichten: „Die Lieferfrist wird dann unter einer Woche betragen“, sagt Paris-Chef Laurent Garreau. Chint überlegt noch: „Die Hürde, beim Chinesen zu kaufen, ist extrem hoch. Die Verfügbarkeit der Wechselrichter ist da ein wichtiges Argument, sie zu senken“, sagt Chint-Vertriebler Matthias Wagner.
Besondere Qualitätsmängel bei chinesischen Wechselrichtern, zumindest bei denen der besagten Hersteller, kann keiner der Händler ausmachen. Aero-Sharp hatte zwar nach IRES-Aussagen im letzten Jahr eine besonders hohe Ausfallquote von bis zu 15 Prozent bei in Australien verkauften Geräten, die auch über die dortige IRES-Tochter vertrieben wurden. Dies sei aber wohl auf die besonderen klimatischen Bedingungen dort zurückzuführen gewesen, sagt IRES-Chef Wagner. Aber bei Kunden und Banken muss mitunter noch Überzeugungsarbeit geleistet werden. „Es gibt sogenannte weiße Listen bei den Banken. Und je nach Größe des Projekts und je nach Wechselrichterfirma schauen einige Banken, die früher nur auf die Module geachtet haben, jetzt auch auf die Wechselrichter – und verweigern die Finanzierung“, sagt Riebartsch. Das betreffe allerdings weniger eine bekannte Marke wie Sungrow als vielmehr die Wechselrichter von unbekannteren chinesischen Herstellern.
Dennoch – dass die Akzeptanz chinesischer Wechselrichter schnell steigen kann, zeigt ein Blick zurück auf die chinesischen Modulhersteller. Die Frage ist nur, ob noch mehr Hersteller in Deutschland ihren Vertrieb aufbauen, abgesehen von Sungrow und Chint. „Schwierig zu sagen“, findet Matthias Wagner. „Ich glaube, dass da noch viel mehr kommen. Wobei es sein kann, dass sie dann nichts verkaufen.“ Gegen Solarkürzungen helfen auch die besten Vertriebskonzepte nicht. Denn Unsicherheit im Markt ist auch eine Hürde, die Anbieter aus Fernost davon abhalten kann, ihren Service auszubauen.
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