EEG 2014: Bewertung und Ausblick

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Die EEG-Novelle 2014 hat die entscheidenden Grundpfeiler, die das ursprüngliche EEG aus dem Jahr 2000 so erfolgreich gemacht haben, abgerissen. Jetzt gilt es für die Gesellschaft und Unternehmen, sich neu aufzustellen und den von der Politik geschaffenen harten Bandagen mit intelligenten und innovativen Antworten zu begegnen.

Die damalige Oppositionsführerin Angela Merkel hatte bereits 2004 in internen Bundestagsverhandlungen die Forderung aufgestellt, das EEG drei Jahre später abzuschaffen. Dank der Unterstützung von EU-Kommissar Günther Oettinger und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat sie ihr Ziel mit der jetzigen Novelle erreicht. Ab 2017 soll die feste Einspeisevergütung beendet und durch Ausschreibungen ersetzt werden. Damit wird das EEG seines Kernelementes beraubt, welches es als erfolgreichstes Klimaschutzgesetz der Welt etablierte. Dabei zeigen alle seriösen wissenschaftlichen Untersuchungen u.a. von der EU-Kommission auf, dass Erneuerbare Energien unter einem Ausschreibungsregime weniger schnell wachsen, die Ausbaukosten steigen und vor allem Bürgeraktivitäten nicht mehr ausreichend möglich sind. Feste Einspeisevergütungen sind das erfolgreichste Instrument für den Ausbau der Erneuerbaren Energien und Garant des Ausbaus in Bürgerhand – und genau deshalb sollen sie offensichtlich abgeschafft werden.

Hinzu kommen weitere gravierende Einschränkungen: Jetzt, da neue Windkraftanlagen an Land und Photovoltaik-Freiflächenanlagen billiger geworden sind als Neuinvestitionen in konventionelle Stromerzeugung aus Erdgas, Erdöl, Atom- und Kohlekraft, werden die Ökostromerzeuger beim Eigenverbrauch mit der EEG-Umlage belastet. Dabei ist nicht einmal Wettbewerbsgleichheit mit den konventionellen Energien hinsichtlich der externen Schadenskosten hergestellt. Massive Zuschüsse (z.B. die milliardenschwere Kohlesubvention) begünstigen immer noch die konventionellen Stromerzeuger, während eine Internalisierung der gesellschaftlichen Schadenskosten (Klimaschäden, Radioaktivitätsschäden, lokale Umweltschäden, Gesundheitskosten) bis heute nicht erfolgt ist.

Es ist unerträglich zu sehen, wie diese Regierung mit dem EEG 2014 die Ökostrom-Investitionen mit höheren Kosten und massiven bürokratischen Auflagen erschwert und damit das Ungleichgewicht zugunsten der alten klimazerstörenden Energieerzeugung wieder herzustellen versucht.

Zudem wird das erfolgreiche Grünstromprivileg, also die direkte Vermarktung des Ökostromes an Kunden, abgeschafft. In allen Begründungen für das EEG 2014 steht ein stärkerer Zwang für die Direktvermarktung; doch genau diese wird mit der Abschaffung des Grünstromprivilegs massiv erschwert.

Das Ziel der großen Koalition ist klar: Kontrolle über den Ausbau der Erneuerbaren Energien und deren massives Ausbremsen, damit die Atom-, Erdgas- und Kohlekonzerne nicht zu schnell unter die Räder kommen. Vor allem soll die weitere „Unterwanderung“ (Originalton Oettinger) der Energiewirtschaft durch Erneuerbare Energien gestoppt werden. Dies ist zum Schaden des Klimaschutzes und einer politischen wie ökonomischen Unabhängigkeit von ausländischen Energielieferungen.

Die Regierung Merkel-Gabriel beraubt sich damit zusammen mit der EU-Kommission (Oettinger-Almunia) exakt den Maßnahmen, die sie für ihre selbst gesteckten Ziele dringend bräuchte: Unabhängigkeit von russischen Energielieferungen und Klimaschutz. Die Energy Watch Group (EWG) hat unlängst dargestellt, dass es eine Diversifizierung zur Ablösung von russischen Erdgas- und Erdöllieferungen innerhalb des fossilen Energiesystems nicht geben kann.1 Diese EEG-Novelle trägt damit entscheidend dazu bei, dass sich die EU und Deutschland nur sehr schwer aus der energiepolitischen Umklammerung Russlands befreien können. Damit bleiben EU, G7 und Deutschland weitestgehend machtlos gegenüber russischen Okkupationsabsichten, wie auf der Krim bereits exerziert.

Jetzt erst recht: Der Ausbau der Erneuerbaren Energien muss und wird weitergehen

Ein großer Teil der Gesellschaft wird diese politischen Entscheidungen gegen das EEG nicht akzeptieren und weiter für den Ausbau der Erneuerbaren Energien kämpfen. Wir stehen politisch in einer ähnlichen Situation wie in der Kohl-Ära, in der die Erneuerbaren Energien auch nicht nennenswert wachsen sollten. Viele Pioniere der damaligen Zeit kämpfen heute mit einem Gefühl des „jetzt erst recht“ weiter für die Erneuerbaren Energien und werden von der Mehrheit der Bevölkerung unterstützt, die die Chancen der Energiewende sieht. Mit dem EEG wurde im Jahr 2000 ein Samen gesät und seitdem wächst die Pflanze kontinuierlich. Selbst wenn die Bundesregierung bei einem Ökostromanteil von mittlerweile 28,5 Prozent versucht, diese Pflanze mit der Heckenschere niedrig zu halten, wird sie deren weiteres Aufblühen nicht aufhalten.

Heute ist es ungleich leichter als damals unter der Regierung Kohl, die politische Blockade der Merkel/Oettinger/Gabriel-Regierung ins Leere laufen zu lassen: Jetzt sind die Investitionen in Erneuerbare Energien wesentlich kostengünstiger, viele Firmen betreiben Massenproduktion innovativer Technologien und wissen, wie in Erneuerbare-Energien-Projekte erfolgreich investiert werden kann. Weite Teile der Gesellschaft haben sich Wissen angeeignet, wollen den Ausbau der Erneuerbaren Energien vorantreiben und den globalen Trend des rasanten Ausbaus verfestigen. Dies sind beste Voraussetzungen, trotz der politischen Blockadeversuche das Ziel 100% Ökostrom bis 2030 oder früher zu erreichen.

Aber dies ist kein Automatismus.

Eine gründliche Analyse des Status quo ist erforderlich, um daraus die besten Strategien für den weiteren schnellen Ausbau der Erneuerbaren Energien mit einer breiten gesellschaftlichen und unternehmerischen Basis gegen den Widerstand von Politik, vielen Medien und alten Energiekonzernen weiter zu führen. Eine Analyse der wichtigsten Veränderungen des EEG 2014 ist dafür unverzichtbar.

Bedeutsam wird sein, die Selbstvermarktung und den Selbstverbrauch von Ökostrom weiter zu steigern, sei es im Privathaus, im Mietshaus, im produzierenden Gewerbe, in der genossenschaftlichen Dorf- und Stadtteilgemeinschaft oder an der Börse. Intelligente Köpfe finden Auswege aus den harten Einschnitten der politischen Strangulation. Das Ziel ist es, die Bürger trotz der EEG-Novellierung weiter am Ausbau der Erneuerbaren Energien teilhaben zu lassen. Die ersten Risse an den Monopolstrukturen der Strom- und Ölkonzerne sind bereits deutlich. Den Kampf gegen die Lobbygruppen der Atom-, Kohle-, Erdgas- und Ölindustrie muss weiter geführt werden, um die Energieversorgung insgesamt zu demokratisieren und zu ökologisieren.

— Der Autor Hans-Josef Fell saß für die Grünen von 1998 bis 2013 im Deutschen Bundestag. Der Energieexperte war im Jahr 2000 Mitautor des EEG. Seit kurzem ist er Präsident der Energy Watch Group. Er hat in fünf Teilen seine Bewertung zu verschiedenen Aspekten des EEG-Gesetzentwurfs veröffentlicht. Die Analysen finden Sie unterwww.hans-josef-fell.de.—

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