Wie sich Siemens und SMA ihre Kooperation vorstellen

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Die SMA Solar Technology AG und Siemens Division Energy Management haben auf der Intersolar Europe in München angekündigt, bei der Ausstattung und dem Netzanschluss von großen Solarkraftwerken im Megawattbereich zu kooperieren. Auf dem Messestand war das erste Ergebnis zu besichtigen: Ein 20-Fuß-Container, der einen 2,5 Megawatt-Zentralwechselrichter von SMA, einen Siemens Mittelspannungstrafo und die nötigen Schaltanlagen enthält. Der Mittelspannungstrafo wurde von Siemens so designed und gebaut, dass er in den Container hineinpasst. Dazu wurden zum Beispiel die Anschlüsse, die standardmäßig nach oben herausgeführt und einen großen Freiraum über dem Trafo erfordern würden, nach unten umgelegt. Die Kooperation geht aber über die reine Vorstellung eines neuen Produktes hinaus und erstreckt sich auch auf den Vertrieb.

Im Vertrieb müsse man Bedenken, so Pierre-Pascal Urbon, CEO und CFO von SMA, dass Investitionsentscheidungen heute keine singulären Entscheidungen. Sie werde von den verschiedenen Parteien stark beeinflusst. Siemens und SMA Kontakte im Vertrieb würden sich dadurch sehr gut ergänzen.

pv magazine sprach dazu auf der Intersolar mit Pierre-Pascal Urbon und Ralf Christian, CEO der Siemens Division Energy Management.

pv magazine: Für Sie ist die Kooperation, die Sie auf der Intersolar verkündet haben, sehr wichtig. Wieso?

Pierre-Pascal Urbon: Die Kooperation mit Siemens halte ich für einen Paukenschlag für die Solarindustrie. Hier verbinden sich zwei Unternehmen, die auf ihrem Gebiet Spezialisten sind und jetzt eine gesamtheitliche und aufeinander abgestimmte Lösung für den Kunden anbieten. Das senkt die Kosten von großen Solarkraftwerken. Damit sind wir bei einem sehr wichtigen Thema unserer Industrie. Wir haben dafür einen klugen Weg gefunden.

Um wie viel senken Sie die Kosten?

Pierre-Pascal Urbon: Wir haben eine komplette Lösung entwickelt, die einen Sunny Central-Solarwechselrichter mit der Siemens-Mittelspannungslösung aus Transformator und Schaltanlage in einem 20-Fuß-Container kombiniert. Es gibt keinen anderen Hersteller, der eine Lösung liefern kann, wo die Komponenten vorkonfiguriert und vorinstalliert sind, so dass der Kunde das Gerät einfach im Feld aufstellen kann. Die Einsparungen im Prozess, an der Komplexität, im Design, in der Auslegung der Anlage sind signifikant. Außerdem steigt der Gesamtwirkungsgrad der Anlage, weil wir die Komponenten optimal aufeinander abgestimmt haben. Die Lösung ist für uns auch deshalb so wichtig, weil der Markt der Solarkraftwerke  einer der wichtigsten überhaupt ist. 40 Prozent des Weltmarktes entfallen auf solare Großkraftwerke.

Ralf Christian: Das ist einer der Punkte, für die die Zusammenarbeit zwischen Siemens als dem weltweit führenden Anbieter von Netzkomponenten und der SMA, die innerhalb des Solarfeldes technologisch hervorragend positioniert ist, strategisch sinnvoll ist. Die großen Solaranlagen sind ja nicht nur ein Thema in Ländern wie Deutschland mit stabilen großen Netzen. Es gibt erhebliche Potenziale in Ländern, die man in der Vergangenheit vielleicht als Emerging Markets bezeichnet hat. Da finden Sie ganz andere Netzzustände. In der Zusammenarbeit können wir auch für die Kunden dort hervorragende Gesamtlösungen anbieten, und wenn nötig, auch Netzstudien erstellen.

Welche Märkte haben Sie mit der Kooperation vor allem im Blick?

Ralf Christian: Wir haben keine Märkte geographisch ausgeschlossen. Wir als Siemens sind heute in über 180 Ländern der Welt mit Netzbetreibern im Geschäft. In diesem Umfeld spielen Photovoltaik-Anlagen zunehmend eine wirtschaftlich interessante Rolle. Dort können wir von der Kundennähe profitieren.

Sie wollen auch betrieblich zusammenarbeiten. Verkaufen muss man die Anlagen aber nicht den Netzbetreibern, sondern den Investoren. Was ist die Aufgabe des Siemens-Vertriebs in den Ländern?

Ralf Christian: Die Kundensegmente sind nicht eindimensional. Wir haben in der Welt neben privaten Investoren auch Utilities, die in Photovoltaik investieren. SMA hat einen exzellenten Kundenkontakt in Richtung der  institutionellen Investoren, Banken und der Projektentwickler aufgebaut. Wir haben einen exzellenten Kundenkontakt mit den Utilities in der Welt. Insofern ergänzen wir uns auch auf der Seite der Kundesegmente hervorragend.

Pierre-Pascal Urbon: Das sehe ich exakt genauso. Meist ist das Zusammenspiel dieser verschiedenen Kundengruppen wichtig. Die Entscheidung für eine Investition ist keine singuläre Entscheidung. Sie wird von den verschiedenen Parteien stark beeinflusst. Da liegt der enorme Vorteil der Zusammenarbeit im Vertrieb.

Nochmal zurück zur Technik. Was sind die Tücken und Schwierigkeiten der Anbindung an Mittel- und Hochspannungsnetze?

Ralf Christian: Jeder Netzbetreiber hat seine eigenen Standards, seine eigenen sogenannten Grid Codes. Von daher ist es nicht einfach für jemanden, der dieses Umfeld nicht kennt, so eine Anlage mal für ein Land A, dann für ein Land B, dann für ein Land C zu designen. Das Risiko, dass man etwas spezifiziert, was am Ende gar nicht in den lokalen Grid Code passt, ist relativ hoch. Dann wird es sehr aufwendig, das im Betrieb nachzubessern. Da bringen wir natürlich über Jahrzehnte Erfahrungen mit. Wir haben Engineering Teams, die in fast jedem Land der Welt bereits über Jahrzehnte mit diesen Netzbetreibern zusammenarbeiten. Wir wissen daher genau, was der jeweilige Netzbetreiber braucht. In den Emerging Marktes werden typischerweise auch nicht 15 oder 20 Projekte in Serie realisiert, sondern erst einmal ein Projekt. Das heißt, wenn Sie nicht sowieso in diesem Geschäft sind, haben Sie wenige Chancen, einen Wiederholeffekt zu erzielen. In der Zusammenarbeit können wir als Siemens unglaublich viel beitragen, weil wir diese Kunden kennen.

Siemens hat keine Exklusivität mit SMA vereinbart. Wie wichtig ist SMA als Partner für Sie?

Ralf Christian: SMA ist gemäß dieser Vereinbarung auf dem Gebiet der Solarstromerzeugung und der Solaranlagen der für uns wichtigste Partner. Wenn Sie Siemens insgesamt betrachten, dann haben wir natürlich in vielen anderen Geschäftsgebieten auch andere Partnerschaften.

Wenn ein Kunde kommt, der keine SMA-Wechselrichter installiert, werden Sie ihn aber auch bedienen, oder?

Ralf Christian: Natürlich.

Was für einen Vorteil hat der Kunde durch die Kooperation, wenn er dann vielleicht doch SMA-Wechselrichter nimmt?

Ralf Christian: Wir haben im Vorfeld, wie Herr Urbon schon gesagt hat, durch die Zusammenarbeit mit SMA technologisch eine besser optimierte Gesamtlösung entwickelt. Natürlich kann man auch einen Transformator von Siemens und eine Mittelspannungsanlage von Siemens mit anderen Wechselrichtern zum Laufen bringen, aber mit SMA wird es für den Kunden eine vorteilhafte Konstellation geben, die wir auch vermarkten wollen.

Können Sie sich vorstellen, auch mit anderen Wechselrichter-Herstellern Container-Lösungen zu entwickeln?

Ralf Christian: Unser Beitrag zur SMA-Container-Lösung ist der für SMA spezifisch entwickelte Transformator. Das ist ein OEM-Geschäft. Für uns ist SMA an dieser Stelle also ein Original Equipment Manufacturer, der Komponenten von uns zukauft, die wir auf seine Bedürfnisse zugeschneidert haben. Wir haben natürlich die Offenheit, auch anderen OEMs, die solche Lösungen entwickeln wollen, unseren Transformator anzubieten. Wir bieten jedem, der solche Komponenten einbauen möchte, in gleicher Weise unsere Unterstützung an. Aber die Zusammenarbeit mit SMA geht ja über die reine Lieferung der Produkte hinaus.

Container mit SMA Wechselrichter Sunny Central 2500. Foto: SMA

Siemens hat früher eine Wechselrichtersparte gehabt und war auch im EPC-Geschäft tätig. Da Sie beides Sie aufgegeben haben, hatten wir das Gefühl, dass Photovoltaik für Siemens nicht mehr so wichtig ist. Ist die Ankündigung der Kooperation jetzt eine Kehrtwende?

Ralf Christian: Ich glaube nicht, dass wir über eine Kehrtwende sprechen. Ich stehe hier für die Siemens-Division Energy Management. Unsere Aufgabe ist, alle erzeugenden Einheiten, egal ob Biogasanlagen, Photovoltaik- oder Windkraftwerke oder Großkraftwerke mit dem Konsumenten zu verbinden. Unsere Division steht zwischen der Erzeugung, die wir nicht anbieten, und dem Verbrauch. Wir optimieren alles, was elektrisch dazwischen zu optimieren ist. Damit ist Solarenergie für uns immer ein Thema gewesen.

Haben Sie das neue System schon eingesetzt?

Pierre-Pascal Urbon: Wir haben schon die ersten Erfahrungen in England bei einer ganzen Reihe von Projekten gesammelt. Die Partnerschaft, insbesondere die Zusammenarbeit der jeweiligen Teams, hat in diesen Projekten gut funktioniert.

Denken Sie schon über diese Kooperation hinaus, können Sie sich eine noch intensivere Zusammenarbeit vorstellen?

Pierre-Pascal Urbon: Wir haben uns zunächst den wichtigsten Wachstumsmarkt herausgegriffen, in dem wir zusammenarbeiten wollen. Es gibt bestimmt ganz viele Bereiche, in denen man tatsächlich auch noch zusätzliches Geschäft generieren kann. Aber wir konzentrieren uns jetzt erst einmal auf das Geschäft der solaren Großprojekte und darauf, dort unsere Ziele zu erreichen. Dann schauen wir, wie wir diese Partnerschaft weiter nach vorne treiben. Mir ist sehr wichtig zu unterstreichen: SMA bleibt unabhängig. Das war immer unser Ziel und so werden wir das in Zukunft auch beibehalten wollen.

Das Gespräch führte Michael Fuhs

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