Wetterdaten: Genauere Vorhersagen reduzieren Finanzierungskosten

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pv magazine: Sie glauben, dass Entwickler von Solarkraftwerken zu konservativ sind, wenn sie den Ertrag vorhersagen. Warum?

Gwen Bender: Genau zu der Zeit als die ersten großen Solarkraftwerke gebaut wurden, wurde in der Windindustrie deutlich, dass viele große Parks hinter den Schätzungen zurückblieben. Ich denke, dass die große Vorsicht im Solarbereich zum Teil daher rührt. Kombiniert mit dem Etikett "Neue Technologie" hat das bei Finanzierern zu einer sehr vorsichtigen Herangehensweise geführt, wenn sie Projektrisiken abschätzen. Für viele Jahre wurde das noch durch staatliche Anreize ausgeglichen, aber jetzt, wo diese Anreize nachlassen, müssen wir zu einer fairen und genaueren Vorhersage der Erträge kommen.

Heißt das, Entwickler schätzen die Einstrahlung niedriger ein, um sich beim Ertrag sicher zu sein?

Es ist nicht die Annahme zu niedrigerer Einstrahlung, obwohl das auch vorkommen kann, es ist eher so, dass Geldgeber einen so hohen Grad an Sicherheit beim prognostizierten Ertrag verlangen, dass ziemlich gute Projekte einfach keine Finanzierung bekommen und gute Projekte nicht die Konditionen, die sie verdienen. Inzwischen verzeichnen aber immer mehr Solarkraftwerke langfristig Erfolge, so dass wir hoffen können, dass das zu mehr Sicherheit im Finanzsektor führt und auch die Fähigkeit der Solarindustrie steigt, langjährige Erträge genauer vorherzusagen.

Wie stark beeinflusst die Vorhersagegenauigkeit die Finanzierungskosten?

Die Vorhersagegenauigkeit der Energieproduktion spiegelt sich in der sogenannten Überschreitungswahrscheinlichkeit wider, auf die Finanzierer schauen, wenn sie ein Projekt bewerten. Der P50-Wert ist der Erwartungswert bei durchschnittlichen Bedingungen am Kraftwerk. Der P90 dagegen ist der Ertrag, der mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit überschritten wird. Der Abstand zwischen diesen beiden Werten wird von den Unsicherheiten bei der Abschätzung des Ertrags beeinflusst. Finanzierer finanzieren normalerweise auf Werten zwischen dem P75 und P95 Wert. Das hängt dann von anderen Bedingungen an dem Ort ab. Ein Entwickler kann die Variabilität der Stromproduktion nicht beeinflussen, da diese vom Wetter an der Stelle bestimmt werden. Was er aber tun kann, ist den Grad der Unsicherheit zu senken, der mit seinem Kraftwerk verknüpft ist. Die größten Auswirkungen hat die Wahl der Quelle für die Vorhersagedaten. Ein Beispiel: Öffentlich verfügbare Langzeitdaten haben oft eine geschätzte Unsicherheit von zehn Prozent oder mehr, während Qualitätsdaten von Anbietern wie Vaisala nur eine Unsicherheit von fünf Prozent oder weniger aufweisen. Und diese kann noch weiter reduziert werden, indem man Korrekturmodelle einsetzt, die Vor-Ort-Beobachtungen einbeziehen und dadurch die Unsicherheit auf weniger als 2,5 Prozent senken (Hier finden Sie den ersten Teil des Interviews zu der Frage,wieso Vaisala seine Wetterdaten für besonders genau hält). Die Wahl erstklassiger Technik und ein gut geplanter Wartungskalender können ebenfalls zur Reduzierung der Unsicherheiten bei der Ertragsschätzung beitragen. Je kleiner die Unsicherheit, je besser die P-Werte, desto besser die Finanzierungskonditionen.

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Haben Sie Fragen an Gwendalyn Bender und andere Experten zu diesen Themen? Sie wird in den Webinaren mit Initiativpartner Vaisala Rede und Antwort stehen, unter anderem zu der Frage, wie hoch die Genauigkeit der Daten ist und was diese Aussage bedeutet (Sprache dieser Webinare ist Englisch):

Reducing Solar Performance Uncertainty

Dienstag, 31. Januar 2017, 19:00 Uhr bis 20:00 Uhr CETMehr Informationen und kostenfreie Anmeldung

Best Practices for PV Project Development

Montag, 23. Januar 2017, 8:00 Uhr – 9:00 Uhr CETMehr Informationen und kostenfreie Anmeldung

Vaisala ist Initiativpartner dieser pv magazine Webinare. Fragen können Sie bei der Anmeldung stellen oder während des Webinars im Chat. Teilnehmer erhalten zu Vaisalas Wetterdatenbank für zwei Wochen freien Zugang.

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Um den Solarertrag eines Kraftwerks vorauszusagen, vertrauen Sie auf Wetterdaten aus der Vergangenheit. Um die jährlichen Fluktuationen zu glätten, ist es sinnvoll, möglichst langfristige Reihen über 20 oder 30 Jahre zu nutzen. Andererseits dürfen Sie Trends durch den Klimawandel oder geänderte Umwelteinflüsse nicht übersehen und müssen deshalb auch kürzere Zeiträume betrachten. Was ist Ihre Empfehlung?

Wir empfehlen, lange Zeitreihen von 15 Jahren und mehr zu nutzen, aber wir leiten unsere Kunden an, sich nicht nur an Durchschnittswerten zu orientieren. Stattdessen nutzen wir die kompletten Langzeitdaten, um die Wetter- und Klimaveränderungen zu finden, die die nächsten 20 Jahre, also die Laufzeit des Kraftwerks, beeinflussen werden. Wir bei Vaisala benutzen dafür Daten von Satellitenbildern die stündlich aktualisiert werden und inzwischen fast 20 Jahre zurückreichen und wir modellieren eine vollständige Ertragskurve, um die wahre Schwankungsbreite der potentiellen Solarproduktion des Projektes zu verstehen.

Unsere Datenbank enthält auch Daten, die die Veränderungen in der Atmosphäre durch Luftverschmutzung, Erosion, Landwirtschaft und so weiter zeigen. Und wir verfolgen diese Änderungen in Zeit und Ort, um die Auswirkungen auf Projektstandorte zu ermitteln. So beobachten wir beispielsweise in Zentralindien von 2008 bis heute eine starke Zunahme der Aerosole, die die Einstrahlung mindern. Wenn Sie nur auf die langjährigen Durchschnittswerte schauen, entgeht Ihnen diese Entwicklung. Auch in Bezug auf die Klimaveränderungen sind wir als Firma sehr aufmerksam. Aktuelle Forschungen lassen aber darauf schließen, dass der Klimawandel erst in 50 Jahren das Wetter so stark beeinflusst, dass es Auswirkungen auf die Erträge von Solarkraftwerken haben wird. Das liegt also noch weiter in der Zukunft als die Laufzeit der meisten Kraftwerke ist. Trotzdem beobachten wir diese Studien und werden sie in Zukunft in unsere Daten einfließen lassen.

Das schriftliche Interview führte Michael Fuhs.

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