Solar-Hybrid-Anwendungen als Ausweg für leidende EPCs

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pv magazine: Die klassischen EPC-Unternehmen haben es in Deutschland gerade schwer. Zwar wird es nun Ausschreibungen für Photovoltaik-Freiflächenanlagen geben, doch das Volumen ist begrenzt. In welchen Bereichen sehen sie Alternativen für deutschen EPC-Unternehmen?

Thomas Hillig: Neben netzgekoppelten industriellen Eigenverbrauchsanlagen sind Solar-Diesel-Hybrid-Anlagen in netzfernen Gebieten für deutsche EPC-Unternehmen interessant. Normalerweise ist die Photovoltaik in diesem Bereich besonders wirtschaftlich, da sie hier an teurem Dieselstrom gemessen wird.

Dafür müssen Sie aber eher im Ausland aktiv werden oder gibt es auch in Deutschland lohnende Bereiche für Solar-Diesel-Hybridanlagen?

In Deutschland sind in der Tat fast aller Verbraucher ans Stromnetz angeschlossen. Wir finden hier in erster Linie Pilotanlagen, die Herstellern oder EPCs zu Testzwecken dienen. Nur vereinzelt wurden Solar-Diesel-Hybrid-Anlagen für kommerzielle Zwecke gebaut, bspw. auf abgelegenen Inseln oder Berghütten.

Thomas Hillig hat im vergangenen Jahr die Online-Plattform THEnergy zum Thema „Erneuerbare Energien im Bergbau“ ins Leben gerufen. (Foto: Thomas Hillig)

In welchen Branchen lohnen sich solche Anwendungen am meisten?

Typische Zielbranchen sind Hotellerie, Landwirtschaft, Lebensmittelindustrie, Telekommunikation, Entsalzung, ländliche Elektrifizierung und als Königsdisziplin der Bergbau.

Warum ist der Bergbau die Königsdisziplin?

Bergwerke haben häufig einen sehr hohen Energieverbrauch, was große Photovoltaik-Anlagen im zweistelligen Megawatt-Bereich ermöglicht. Zudem sind sie in der Regel abgelegen. Transportkosten erhöhen den effektiven Dieselpreisen. Auf der anderen Seite ist die Restnutzungsdauer der Minen häufig unsicher und der Entscheidungsfindungsprozess bei Bergbauunternehmen eher langwierig.

Was bedeutet effektiver Dieselpreis?

Der effektive Dieselpreis umfasst Transport, Steuern und Abgaben, Lagerkosten und Verluste durch Diebstahl.

Müssen EPC-Firmen besondere Fähigkeiten mitbringen, um im Solar-Diesel-Hybridmarkt aktiv zu werden oder sind da keine speziellen Voraussetzungen von Nöten?

Die Integration der Photovoltaik in bestehende Anlagen ist technisch anspruchsvoller als der Bau von netzgekoppelten Anlagen. Know-how im Bereich von Dieselgeneratoren und im Optimalfall auch Kenntnisse der Produktionsprozesse spielen eine wichtigere Rolle. Zudem gewinnt der Vertrieb an Bedeutung: Gewerbliche Verbraucher müssen proaktiv überzeugt werden. Da Kunden häufig in abgelegenen Gebieten angesiedelt sind, werden moderne Vertriebsansätze, idealerweise Internet unterstützt, immer wichtiger. Insgesamt ist Differenzierung besser möglich als für klassische EPC-Leistungen. Hierzu zählt auch Erfahrung in den lokalen Zielmärkten.

Sollten sich die Unternehmen dann lokale Partner vor Ort suchen, um solche Projekte zu akquirieren und umzusetzen?

Zentral von Deutschland sind sowohl Akquise als auch Umsetzung kaum zu bewältigen. Derzeit drängen viele Unternehmen in den Markt für Solar-Diesel-Hybrid-Anlagen. Schnelle Referenzen können klare Vorteile bringen. Lokale Partner vor Ort sind in aller Regel auch die kostengünstigere Option im Vergleich zum Eröffnen von eigenen Niederlassungen.

Wovon hängt die Attraktivität von Solar-Diesel-Hybridanlagen ab? Spielt der Modul- oder der Dieselpreis eine größere Rolle?

Der Modulpreis spielt hier nur eine untergeordnete Rolle. Hauptkriterien für die Vorteilhaftigkeit von Solar-Diesel-Hybrid-Anlage sind der effektive Dieselpreis, das Lastprofil, die verbleibende Nutzungsdauer, die Sonneneinstrahlung, der verfügbare Platz und die Dauer des Entscheidungsfindungsprozesses. Außerdem ist zu berücksichtigen, ob in absehbarer Zeit mit einem Netzanschluss zu rechnen ist.

Haben Sie vielleicht noch einen Geheimtipp für die EPCs?

Keine klassische Branche, sondern Solar auf kleineren Inseln. Hier sind die Transportkosten für Diesel besonders hoch. Auf Inseln wurden in der Vergangenheit bereits einige Solar-Diesel-Hybrid-Anlagen gebaut. Dies ist allerdings nur die Spitze des Eisberges, die Potenziale sind immens. Die Vertriebskosten sind aber auch überproportional hoch. Zur Unterstützung der Unternehmen starten wir in Kürze eine neue Plattform zu Thema „Erneuerbare Energien auf Inseln“.

Das Interview führte Sandra Enkhardt.

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