Sicherheitsparameter in der Batteriespeicher-Übersicht

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„Die Sicherheit von Lithium-Ionen Speichersystemen ist deshalb so wichtig, da es keine eigensicheren Lithium-Ionen Zellen gibt – auch Lithium-Eisenphosphat ist nicht eigensicher“, sagt Martin Rothert, Leiter Produktmanagement Residential der Business Unit Off-Grid & Storage bei SMA. Er ist einer der Experten, die pv magazine bei derBatteriespeicher-Marktübersicht beraten haben.

Eigensicher bedeutet, dass im System „kein unsicherer Zustand aufritt“ wenn nur ein Fehler besteht. Das heißt, ein Bedienfehler oder der Ausfall eines Bauteils darf nicht zu einem unkontrollierten gefährlichen Ausfall des gesamten Systems führen. Auch wenn es das für einzelne Zellen nicht gibt, für ganze Speichersysteme ist das Ziel erreichbar.

Um etwas mehr Klarheit zu schaffen, haben wir in unserer Batteriespeichersystem-Übersicht 2015 Sicherheitsparameter abgefragt.

Das geht derzeit nur partiell. Denn es gibt viele Details zu beachten, will man ein sicheres System bauen, und vor allem: es führen viele Wege nach Rom. So sind zum Beispiel manche Batteriezellen mit einem so genannten Current Interuption Device ausgestattet, die den Stromfluss unterbrechen, wenn eine Berstsicherung anspringt. In der letztjährigen Marktübersicht hatten wir das abgefragt. Das gibt zusätzliche Sicherheit für den Fall, dass eine Batteriezelle überladen wird. Diese zusätzliche Sicherheit kann aber auch durch andere Maßnahmen erreichen.

„Es gibt einfach viele Punkte, bei denen man aufpassen muss“, erklärt Alexander Hirnet, technischer Direktor bei Varta Storage, „und die nicht allen klar sind“. Einer davon ist zum Beispiel die Lithiumplatierung. Bei tiefen Temperaturen oder hohen Strömen scheidet sich metallisches Lithium auf den Elektroden ab. Das kann zu einem Kurzschluss führen, wenn nicht geeignete Maßnahmen ergriffen werden. Doch welche Maßnahmen die richtigen sind, können Nicht-Experten – dazu zählen Endkunden aber vermutlich auch die meisten Installateure – nicht einschätzen.

Das gilt für die meisten Details. Wie kompliziert die Einschätzung ist, zeigt der 23 Seiten starkeSicherheitsleitfaden, den Experten von Verbänden, Instituten und Herstellern im zweiten Halbjahr 2014 erarbeitet haben. Darin ist beschrieben, was nötig ist, damit ein System nach heutiger Auffassung sicher ist. Der hintere Teil beschreibt, welche Normen dazu eingehalten werden müssen.

Daher ist es für die pv magazine Marktübersicht nicht sinnvoll, einzelne Details abzufragen. Wir haben uns in der diesjährigen Marktübersicht daher darauf beschränkt, die Konformität mit relevanten Normen abzufragen.

Es ist relativ einfach zu behaupten, dass ein Gerät dem Sicherheitsleitfaden oder einer bestimmten Norm entspricht, auch wenn das nicht der Fall ist. Daher fragen wir ab, ob die Angaben durch ein unabhängige Institution wie die diversen TÜVs oder den VDE zertifiziert sind und wenn ja, durch welche.

Die Abfragen im einzelnen:

Sicherheitsleitfaden: Anfang des Jahres von Verbänden, Instituten und Herstellern erarbeitet, enthält er viele Details die beschreiben wie ein sicheres System aussehen sollte. Anlass für den Leitfaden waren die Tests des Karlsuher Instituts für Technologie. Das Instituthatte an fünf anonym gehaltenen Batteriespeichern Sicherheitsproblee festgestellt.

Für nicht-Experten ist es bisher nicht einschätzbar, ob ein System die allgemein anerkannten Voraussetzungen erfüllt, dass der Betrieb sicher ist. Das liegt daran, dass Speichersysteme so komplex sind und Normen aus etlichen Bereichen ineinander greifen. Der Leitfaden beschreibt zum einen, wie sich die Beteiligten ein sicheres System vorstellen und erlaubt zum anderen, dass Prüfinstitute die Konformität eines Systems mit dem Leitfaden prüfen und bestätigen. Dabei wird wiederum auf etliche Normen verwiesen.

Das Ziel: wenn die Konformität eines Systems nach dem Leitfaden geprüft ist, soll der Kunde sicher sein, dass das System den gängigen Sicherheitsanforderungen genügt. Zusätzlich zum Leitfaden muss ein System auch noch andere Standards und Gesetze berücksichtigen wie etwa die Niederspannungsrichtlinie und das Batteriegesetz.

Als wir die Hersteller nach den Angaben die diesjährige Marktübersicht angefragt haben, diskutierten beteiligte Prüfinstitute noch über die Prüfpläne, so dass die meisten Hersteller noch keine Konformität mit dem Leitfaden bestätigen konnten. Daher haben wir die Hersteller gefragt, ob sie noch dieses Jahr nach dem Leitfaden prüfen lassen wollen.

Das ist bei vielen Herstellern der Fall, aber nicht bei allen. Es gibt durchaus Kritik daran, dass hier ein zusätzlicher Test verlangt wird, der viel Geld kostet, vermutlich in der Größenordnung bis zu 50.000 Euro, je nach dem, wie viele Test man schon gemacht hat. Ein Kritikpunkt ist auch, dass er nicht den Status eines international gültigen Zertifikats hat. Inhaltliche Kritik an den im Leitfaden dargelegten Anforderungen gibt es dagegen wenig. Auch diejenigen, die nicht danach prüfen lassen wollen, halten die Regelungen für sinnvoll und geben an, teilweise noch darüber hinaus zu gehen.

Da es noch kaum Nachweise zum Leitfaden gibt, fragen wir Zertifizierungen zu weiteren Normen ab.

DIN EN 62619: Das ist die so genannte Batterienorm, die als Entwurf vorliegt, nach dem aber bereits zertifiziert werden kann. Sie gilt international für Lithium-Ionen-Batterien, bei Batteriespeichersystemen also für den Batterieteil. Wenn eine Batterie dieser Norm entspricht, ist sie für sich sicher und auch gegen eine Reihe äußerer Fehler geschützt. Einige Hersteller, die diese Norm noch nicht erfüllen, geben an, dass sie den Prüfaufwand nur einmal treiben wollen und bis zur Verabschiedung der endgültigen Norm warten wollen, die diesen Sommer kommen könnte.

Ob die Batterie selbst eigensicher ist, wenn die Norm eingehalten wird, hängt jedoch auch davon ab, was der Hersteller angibt. Wenn Batterien einzeln in Verkehr gebracht werden, müsste das aber der Fall sein, es sei denn der Batteriehersteller schränkt die Nutzung darauf ein, dass nur bestimmte Ladegeräte benutzt werden dürfen.

Beschäftigt man sich mit diesem Thema, fallen die Kennziffern vieler verschiedener Normen. Andere Hersteller ziehen zum Beispiel noch andere Normen heran. So erfüllt der Smart Energy von SMA eine andere VDE Prüfbestimmung für Lithium-Speichersysteme, die VDE-ST-Li-ESS-001:2013/03. Sie verweist wiederum auf die Normen DIN EN 50272-2 2001 und die IEC 61010-1 2010. Die DIN EN 50272 ist eigentlich für Blei- und Nickel-Cadmium Batterien entwickelt worden und nicht für die für Lithium-Ionen-Akkus relevanten Sicherheitsanforderungen. Sie wurde herangezogen, da die neue Batterienorm zum Zeitpunkt der Markteinführung noch nicht einmal als Entwurf veröffentlicht war. Jetzt würden die Tests gemacht, die für die Batterienorm nötig sind. Andere Hersteller verweisen wiederum auf die Anwendungsregel VDE VDE-AR-E 2510-50, die ebenfalls die Sicherheitsanforderungen für stationäre Lithium-Batteriespeichersysteme definiert und als Entwurf vorliegt, allerdings anders wie die Din 62619 keine international gültige Norm ist.

Die Diskussion um die verschiedenen Normen, die nur für Batteriespezialisten nachvollziehbar ist, macht wiederum deutlich, warum der Leitfaden für Kunden sehr sinnvoll ist, um Transparenz zu schaffen.

DIN EN 62109: Diese Norm legt die Sicherheitsanforderungen für die Leistungselektronik von Wechselrichtern und Leistungsumrichtern in Photovoltaik-Systemen fest, so SMA-Experte Martin Rothert. Sie schließt also explizit Batteriesysteme ein, wenn der Batteriewechselrichter direkt mit einem PV-System gekoppelt ist. Darüber, wann das der Fall ist, scheint es unterschiedliche Ansichten zu geben. Einige Hersteller in der Speicherübersicht geben an, dass auf ihre Systeme die Norm nicht anwendbar sei. Relativ klar scheint die Sachlage zu sein, wenn das System auch im Inselbetrieb arbeiten kann, in dem die Photovoltaikanlage den Speicher lädt, auch wenn kein Stromnetz vorhanden ist. Wenn ein Hersteller in diesem Fall argumentiert, dass es keine Verbindung zur Photovoltaikanlage gebe, kann er auch die USV Norm Din EN 62040 anwenden. „Einen großen Unterschied bezüglich der Sicherheit sehe ich hier aber nicht“, sagt Martin Rothert.

ISO 9001: Kauft ein Batteriespeicher-Hersteller einzelne Batteriezellen ein und baut daraus selbst die Batterie, ist er für die Qualität der Batterieproduktion verantwortlich und muss die der Produktion der eingekauften Zellen überprüfen. Die ISO 9001 ist die Qualitätsmanagement Norm für die Produktion. Das Qualitätsmanagement ist bei Batterien und insbesondere bei der Batteriezellenfertigung besonders wichtig, da bei Abweichung von den Spezifikationen die Funktion und Sicherheit gefährdet ist. Da auch die ISO 9001 insbesondere bei Zelllieferanten manchmal nur draufsteht und nicht drin ist, haben wir noch nach zusätzlichen Maßnahmen gefragt, mit denen ein Batteriehersteller die Qualität der von ihm eingekauften Zellen prüft.

Streit um Zertifizierungen

Bezüglich der Zertifizierungen gibt es allerdings auch etliche Reibereien. Zum Beispiel über die Frage, wer testen darf. So hat sich als erstes die Sonnenbatterie vom akkreditierten Prüfinstitut Primara bestätigen lassen, dass ihre Systeme dem Sicherheitsleitfaden für Lithiumionenbatterien entspricht. Hinter vorgehaltener Hand regen sich andere darüber auf, weil zwischen den Zertifizierern noch keine Prüfpläne abgestimmt worden seien und ihre Prüflabore die Konformität daher noch nicht bestätigt haben.

„Für eine Bescheinigung der Einhaltung der Schutzziele braucht es aus unserer Sicht keine eigene Prüfnorm, wie das einige Institute und Marktteilnehmer fordern. Bei der Niederspannungsrichtlinie VDE-AR-4105 ist das ja zum Beispiel auch nicht notwendig“, sagt Christoph Ostermann, Geschäftsführer der Sonnenbatterie. Die Sonnenbatterie hat sich im übrigen auch an der Entwicklung des Leitfadens beteiligt.

Andere Industrieexperten, die schon lange im Batteriegeschäft sind und viel Erfahrung haben, beklagen sich darüber, dass das Prüfen und Testen auch ein großes Geschäft geworden ist. Von mehreren Seiten war bei der Recherche zu hören, dass sie – wie sie sagen – manchen Prüflaboren das Know How erst beibringen und dann dafür noch Geld bezahlen müssten. Andererseits haben natürlich auch die Industrievertreter Interessen. Keiner bestreitet, dass ohne den Druck von außen zumindest nicht alle Hersteller die Mindestanforderungen einhalten werden, denen inhaltlich ja alle zustimmen. (Michael Fuhs)

In derJuniausgabe von pv magazine finden Sie eine ausführliche Marktübersicht mit Einträgen von über 50 Firmen und ausführliche Analysen dazu. Die vollständigen Daten zur Übersicht finden ab 8.6. in unsererOnline-Batteriespeicher-Datenbank. Auf derBatteriespeicher Themenseite finden Sie zusätzliches Material zum Heft.

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