Pro und kontra Mindestimportpreise geht weiter

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Bis zum Frühjahr 2017 hat die EU-Kommission Zeit für ihre Entscheidung, ob sie das seit Dezember 2013 geltende Undertaking weiter- oder auslaufen lässt. Dazu haben sich zwei Organisationen klar positioniert und werben immer wieder für ihre Haltung in Brüssel. EU Prosun beantragte die Auslaufprüfung in Brüssel ebenso wie das ursprüngliche Anti-Dumping- und Anti-Subventionsverfahren gegen die chinesischen Photovoltaik-Hersteller und hält einen Schutz der europäischen Modul- und Zellhersteller weiterhin für alternativlos. Auf der anderen Seite stehen Vereinigungen wie Solarpower Europe und in Deutschland speziell SAFE, die immer wieder für ein Ende der Handelsbeschränkungen für die chinesischen Photovoltaik-Hersteller eintreten.

Am Mittwoch ging der Kampf nun in eine neue Runde. EU Prosun schickte eine Liste mit 150 Handwerksbetrieben an die EU-Kommission nach Brüssel, die sich ausdrücklich für eine Fortsetzung der Anti-Dumpingmaßnahmen in Europa aussprechen. Zusätzlich habe sich auch der Fachpartnerbeirat von Solarworld, der 800 unabhängige Installationsfirmen in Deutschland und 1300 in Europa vertritt in einem separaten Schreiben an Brüssel wandte und sich für weiteren Schutz gegen Dumping ausgesprochen. Solarpower Europe wiederum schickte einen Brief an die EU-Handelskommissarin Celilia Malmström. Darin wird um ein Ende der geltenden Handelsmaßnahmen in Europa gebeten. Mehr als 400 Firmen aus ganz Europa haben dieses Schreiben unterzeichnet.

Beide Seiten sehen dabei großen Zuspruch für ihre Position. „Die Zahl der europäischen Unternehmen, die sich gegen die Handelsmaßnahmen aussprechen, ist atemberaubend“, sagt Jochen Hauff aus der Führung von Solarpower Europe, der zugleich für Baywa re arbeitet. Die Unterzeichner kämen dabei aus allen Bereichen der Wertschöpfungskette. Im pv magazine vorliegenden Schreiben des Fachpartnerbeirats von Solarworld heißt es dagegen: „Dumping hilft niemandem, außer dem, der sich dadurch auf unfaire Weise Marktanteile erkauft. Kurzzeitige Mitnahmeeffekte werden durch Verlust der Angebotsvielfalt und Verunsicherung bei den Kunden langfristig teuer bezahlt.“ Eine Rückkehr zu „Wildwest“-Zeiten wie vor der Einführung der Anti-Dumping-Maßnahmen sei keine Lösung.

Der Fachpartnerbeirat schlägt Solarworld daher der EU-Kommission eine Fortsetzung der Anti-Dumping-Maßnahmen mit deutlich längerer Laufzeit vor. Das Undertaking war im Dezember 2013 für zwei Jahre in Kraft gesetzt worden und verlängerte sich anschließend für den Zeitraum der Auslaufprüfung. Der Fachpartnerbeirat will zudem einen für alle transparenten Mindestpreis. Bislang wird dieser von der EU-Kommission ermittelt, aber nicht öffentlich gemacht. Er liegt derzeit bei 56 Cent pro Watt für Solarmodule aus China. Die Installationsbetriebe sprechen sich dafür aus, den Mindestimportpreis an den realen technischen Fortschritt zu koppeln. Ein Vorstoß, der auch schon von anderer Seite an die EU-Kommission herangetragen wurde. Außerdem sollten Verstöße und Umgehungen konsequent geahndet werden, damit am Ende nicht die ehrlichen Unternehmen die Verlierer seien, heißt es in dem Schreiben.

Bei Solarpower Europe erwartet man hingegen, dass mit einem Ende der Mindestimportpreise wieder ein neues Wachstum für die gesamte Photovoltaik-Wertschöpfungskette in Europa entfacht werden könnte. Die Handelsbeschränkungen hätten für europäische Photovoltaik-Unternehmen zum Verlust tausender Arbeitsplätze in der Fertigung geführt, die mit einem Ende der Maßnahmen zurückgewonnen werden könnte, erklärte Christian Westermeier von Solarpower Europe, der auch für Wacker Chemie arbeitet.

Milan Nitzschke, Präsident von EU Prosun und Sprecher von Solarworld, hält naturgemäß wenig von der Forderung nach einem Auslaufen des Undertakings. "Wenn jetzt erneut von Importeuren oder dem Verband Solarpower Europe eine Beendigung der Anti-Dumpingmaßnahmen gefordert wird, ist das an Zynismus kaum zu überbieten. Hier geht es um fundamentale Wettbewerbsregeln“, sagt er.

Auch das von Solarpower Europe angeführte Argument, dass die Mindestimportpreise für den rückläufigen Photovoltaik-Zubau in Europa verantwortlich sein sollen, stimme so nicht. „Wir haben seit Juli in Europa einen Modulpreisverfall von rund 20 Prozent erlebt, ohne das deswegen der Markt gewachsen wäre. Grund für die Investitionszurückhaltung sind nicht die Preise sondern politische Instabilitäten. Immer mehr Mitgliedsstaaten haben Förderungen gekürzt und sogar Abgaben auf Solarstrom eingeführt. Hinzu kommt, dass durch restriktive Ausschreibungsverfahren der Zubau künstlich begrenzt wird", so Nitzschke weiter. Sebastian Berry von Solarpower Europe, der auch für den britischen Projektierer Solarcentury arbeitet, geht hingegen davon aus, dass mit einem Ende der Anti-Dumpingmaßnahmen der europäische Photovoltaik-Markt wieder zu einem nachhaltigen Wachstum zurückkehren werde. Er fürchtet zudem ernsthafte Auswirkungen auf das Erreichen der Klimaziele in Europa durch den Photovoltaik-Handelsstreit.

Seit etwa anderthalb Jahren kämpfen Solarpower Europe und EU Prosun in Brüssel für ihre Sicht der Dinge. Die Solarbranche scheint beim Thema Mindestimportpreis tief gespalten. Milan Nitzschke appelliert daher: "Die europäische Solarbranche sollte sich lieber geschlossen für bessere Rahmenbedingungen und klare Regeln einsetzen, anstatt dass sich ein Teil daran abarbeitet, das internationale Handelsrecht außer Kraft zu setzen und damit die heimische Industrie aus dem Markt zu treiben." (Sandra Enkhardt)

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