Photovoltaik-Anlagen in Deutschland: Investitionen aus den Jahren 2011 und 2012 entwertet?

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Eine Photovoltaik-Anlage in Betrieb genommen und dabei den Hinweisen der Clearingstelle EEG gefolgt? – Das schien bislang eine sichere Sache zu sein. Die jüngsten Entscheidungen der Oberlandesgerichte Naumburg und Nürnberg zum Inbetriebnahmezeitpunkt bei PV-Anlagen erinnern einen nun daran, dass die Clearingstelle EEG im Regelfall nur unverbindliche Meinungen äußert. Die Gerichte jedenfalls bilden sich ihre eigene. Für manches PV-Projekt erweist sich das jetzt als fatal. Sollte diese Rechtsprechung vom BGH nicht verworfen werden, sind die absehbaren Auswirkungen für alle Beteiligten gravierend.

 

Netzbetreiber

Einstweilen ist davon auszugehen, dass stichtagsnah errichtete PV-Anlagen aus den Jahren 2011 und 2012 einer Überprüfung durch den Netzbetreiber unterzogen werden. Der Netzbetreiber muss dabei die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns anwenden (§ 347 HGB). Für die betroffenen Netzbetreiber heißt dies zunächst, die fehlerträchtigsten Zeiträume zu identifizieren und den rechtlich zutreffenden Prüfungsmaßstab anzuwenden. Sofern die Netzbetreiber Fehler feststellen, werden sie sich an die Anlagenbetreiber wenden und Auskunft und ggf. Erstattung der Überzahlung begehren. Wer als Verantwortlicher bei einem Netzbetreiber im Bewusstsein der Problematik nicht handelt, dem droht, sich wegen Untreue strafbar zu machen (§ 266 StGB).

 

Anlagenbetreiber

Die betroffenen Anlagenbetreiber müssen sich überlegen, wie sie auf etwaige Nachfragen reagieren. Die Augen zu verschließen, zählt nicht. Wer falsche Angaben macht, riskiert ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugs (§ 263 StGB). Zudem müssen Anlagenbetreiber versuchen, sich schadlos zu halten – sei es bei Beratern, Lieferanten, Generalunternehmern oder Handwerkern. Letztere haben regelmäßig einen bestimmten Zeitpunkt der Inbetriebnahme vertraglich zugesagt. In erster Linie heißt dies: Sachverhalt aufklären, Beweise sichern, ggf. verjährungsunterbrechende Maßnahmen ergreifen und Ansprüche geltend machen.

 

Finanzierer

Zu den Leidtragenden der neuen Rechtsprechung zählen auch die finanzierenden Banken. Sie haben die Einspeisevergütung als Sicherheit für die Kreditgewährung betrachtet. Nunmehr müssen sie feststellen, dass die PV-Anlage weniger erlöst als ursprünglich angenommen. Zudem wird sich die Bank unmittelbaren Rückforderungsansprüchen ausgesetzt sehen, sofern sie die Einspeisevergütung nicht bloß für den Anlagenbetreiber eingezogen hat, sondern auf eigene Rechnung, nachdem ihr zuvor die Ansprüche hierauf abgetreten worden waren. Die Finanzierer derartiger PV-Projekte müssen auf der Grundlage ihrer vertraglichen Vereinbarungen prüfen, welche Rechte sie geltend machen können. Dies kann z.B. die Stellung von zusätzlichen Sicherheiten oder die Beendigung des Kredit-Engagements bedeuten.

 

Generalunternehmer

Letztlich werden alle Beteiligten bestrebt sein, etwaige Fehler beim Generalunternehmer zu lokalisieren. Dieser ist üblicherweise das finanziell schwächste Glied und muss sich seinerseits bemühen, den Anspruchsumfang zu reduzieren. Ein Weg wäre, ein Verschulden in Abrede zu stellen. Es ist allerdings unklar, ob der Hinweis, man habe auf die Spruchpraxis der Clearingstelle EEG vertraut, trägt. Insofern ist auch der Rückgriff bei rechtlichen Beratern und deren Versicherungen zu prüfen.

 

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Die Autoren Peter Nagel und Christian Cappel sind Rechtsanwälte der Kanzlei METIS. Dies ist eine auf Wirtschaftsrecht spezialisierte Rechtsanwaltssozietät mit Sitz in Frankfurt am Main. Die Kanzlei ist eine unabhängige Alternative zu Großkanzleien. Sie berät vorwiegend in den Bereichen Gesellschaftsrecht, M&A, Arbeitsrecht, Prozesse und Schiedsverfahren, Compliance, Finanzrecht, Immobilienrecht und Erneuerbare Energien. Weitere Informationen finden Sie unter:www.metis-legal.de

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