Kontroverse Debatte: Grüne Wirtschaft und der IHK-Kammerzwang

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Dass es die IHK-Vertreter am vergangenen Montag bei der Podiumsdiskussion zum Thema „IHK und Energiewende: Ist der Kammerzwang für die Grüne Wirtschaft noch tragbar?“ des Landesverbandes für Erneuerbare Energien in Nordrhein-Westfalen (LEE) und dem Bundesverband für freie Kammern (bffk) nicht leicht haben würden, war allen Beteiligten schon vorher klar. Umso erfreulicher war die Teilnahme nicht nur der IHK-Hauptgeschäftsführer aus Bochum und Wuppertal auf dem Podium, sondern auch weiterer IHK-Vertreter im mit über 70 Personen gut gefüllten Saal, die sich dem kontroversen Dialog stellten und auch deutlich machten, dass sich diese Bereitschaft zum Dialog nicht auf den Abend im Düsseldorfer Palais Wittgenstein beschränken würde.

Aber der Reihe nach. Moderator Jürgen Zurheide (WDR) stimmte mit kurzen Gesprächen die Podiumsteilnehmer und das Publikum auf den Abend ein. Dr. Nina Scheer, Bundestagsabgeordnete der SPD, Mitglied der Koalitions-Verhandlungsgruppe zum Thema Energiepolitik, die extra für den Abend aus Berlin eingeflogen war, gab dabei einen kurze Überblick über das Ergebnis der Verhandlungen und ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass auch sie sich mehr für die Erneuerbaren gewünscht hätte. Klaus Schulze-Langenhorst, Geschäftsführer der SL NaturEnergie Unternehmensgruppe und stellvertretender Vorsitzender des LEE NRW, knüpfte daran unmittelbar an, indem er dem Wunsch Nachdruck verlieh, dass Abgeordnete wie Nina Scheer mehr Gehör in der SPD finden mögen. Er bemängelte, dass insbesondere die Stellungnahmen des IHK-Dachverbandes DIHK unausgewogen seien und auch im Hinblick auf den mit der Energiewende beschlossenen Systemwechsel eine Richtungsweisung vermissen ließen. Die Stellungnahmen würden zudem die unterschiedlichen Meinungen zum Thema, die in den verschiedenen IHK-Bezirken durchaus vorhanden seien, nicht widerspiegeln.

Als erster IHK-Vertreter, machte der Hauptgeschäftsführer der IHK Mittleres Ruhrgebiet Helmut Diegel deutlich, dass er sich der Verpflichtung zu einer ausgewogenen Stellungnahme durchaus bewusst war. Er erklärte gleich zu Beginn, dass seine Äußerungen an diesem Diskussionsabend selbstverständlich keine offiziellen Stellungnahmen der IHK sein könnte, weil sie ja nicht in den Gremien abgestimmt seien. Gleichzeitig wies er aber nachdrücklich auf die aus seiner Sicht demokratischen Strukturen und Abläufe in der IHK hin. In der IHK Mittleres Ruhrgebiet gäbe es eine Beschlusslage, die die Veröffentlichungen zum Thema „Erneuerbare Energien“ rechtfertigten. Überhaupt sehe er inhaltlich insgesamt gar nicht so viele strittige Positionen innerhalb dieses Themas zwischen den Kammern und der Branche der Erneuerbaren. Auch dem Hauptgeschäftsführer der IHK Wuppertal-Solingen-Remscheid, Michael Wenge, war es ein Anliegen, deutlich zu machen, dass man innerhalb der IHK durchaus einen Blick für die Belange der Erneuerbaren habe. Er verwies dabei auf einen in seinem IHK-Bezirk ansässigen Windkraftkomponentenhersteller. Dass der konstruktive Dialog zwischen den Kammern und Kritikern in den letzten Jahren durchaus zu gegenseitigem Respekt geführt hat, unterstrich Wenges freimütige Äußerung, dass etliche Reformen in den IHKn in den letzten Jahren durchaus eben auch ein Verdienst der Kammerkritiker seien.

Als bffk-Geschäftsführer habe ich zu Beginn zweierlei deutlich gemacht. Dass der bffk von seinen Mitgliedern hinsichtlich konkreter wirtschaftspolitischer Themen kein Mandat hat und sich also solcher Stellungnahmen auch enthält. Dass aber auch in den Kammern ein so erheblicher struktureller Mangel an Demokratie vorherrscht, dass eine Interessenvertretung schon aufgrund mangelnder Legitimation ein Problem sei. Die Vorstellung, es gäbe in der Wirtschaft ein Gesamtinteresse, sei eine Fiktion. Insbesondere aber würden auf der Ebene der Zusammenschlüsse der Kammern die rechtlichen Regeln der Interessenvertretung durch die Kammern missachtet.

In der anschließenden Diskussion wurden diese Thesen kontrovers diskutiert und durch eine Vielzahl von Beispielen konkretsiert. Dabei zeigte sich, dass es in den IHKn durchaus punktuell gelingt, die Branche der Erneuerbaren bei der Meinungsbildung einzubinden. Gleichzeitig wurde aber auch deutlich, dass diese punktuellen Fortschritte die aus Sicht der Branche notwendigen strukturellen Reformen nicht ersetzen können. An dieser Stelle gehörten die Kammer-Funktionäre dann wie erwartet tatsächlich zu den ganz wenigen im Saal, die den Kammerzwang nicht als Teil des Problems betrachteten.

Dass aber bei diesem Thema in der aktuellen politischen Konstellation keine großen Veränderungen zu erwarten sind, machte die Antwort von Nina Scheer auf die Frage nach ihrem Engagement gegen den Kammerzwang im Bundestag deutlich. Denn sie ließ keinen Zweifel daran, dass die Kritiker der IHK-Strukturen auch in der SPD-Fraktion in der Minderheit seien.

Beim kleinen Empfang nach der Diskussion wurde aber deutlich, dass sich die Besucher des Abends an einer Stelle einig waren. Der Dialog lohnt sich. Dies zeigte sich auch daran, dass die anwesenden IHK-Vertreter sehr offensiv auf die Kritiker zugingen und das persönliche Gespräch über den Abend hinaus anboten.

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