Klaus Töpfer fordert mehr Einmischung von Erneuerbaren-Branche

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Klaus Töpfer, IASS-Direktor, Umweltminister a.D. und Ex-UNEP-Direktor, hat die Erneuerbaren-Branche zur Einmischung in die Diskussion um das neue Design des Strommarkts aufgerufen. In seiner Keynote beim 15. Forum Solarpraxis in Berlin sagte er: „Ich habe noch keine Stellungnahme der Erneuerbaren-Energien-Branche zum Grünbuch gesehen. Wenn Sie sich nicht melden, können Sie sich nicht beschweren, dass andere entscheiden.“

Als UNEP-Direktor in Afrika habe er gelernt, so Töpfer, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien notwendig sei, und zwar aus rein wirtschaftlichen Erwägungen. Entwicklung sei vorsorgende Friedenspolitik, das habe bereits in der Enzyklika Populorum Progressio von Papst Paul VI. gestanden. Für Deutschland forderte er, es müsse gezeigt werden, dass man den Standard eines Technologielandes erhalten und gleichzeitig in großem Umfang erneuerbare Energien einführen könne.

„Wir müssen alles daran setzen, dass die Technologie international wettbewerbsfähig bleibt.“ Töpfer verwies auf das seinerzeit von ihm initiierte Energieeinspeisungsgesetz und die Visionen von damals, aber man könne „nicht eine solche Veranstaltung machen und Hermann Scheer nicht erwähnen“. Damals habe eine Kilowattstunde Solarstrom etwa zwei Euro gekostet, aber die Wette war: je mehr in erneuerbare Energien investiert werde, desto mehr Marktöffnung geschehe, und das entscheide über die Lernkurve.

"Jetzt sind wir bei 10 Cent mit sinkender Tendenz."

In Afrika höre er immer wieder Anerkennung: "Wenn Ihr nicht angefangen hättet, hätten wir keine Chance gehabt. Die Erwartung dort ist eine konkrete Utopie (unter Hinweis auf Ernst Bloch), nämlich ein Preis von 6 Cent; bei 3.000 Sonnenstunden ist das machbar, Insellösungen bieten dabei massive Vorteile. Da müssen wir hin“, hört Töpfer immer wieder. Dazu bräuchten die Länder aber den Beleg, dass es bei uns weiter gehe.

CO2-Vermeidung

Töpfer hält die Erneuerbaren bereits aus rein wirtschaftlichen Gründen für notwendig: "Auch ohne Klimafrage hätten wir in die erneuerbaren Energien hineingehen müssen – sonst hätte es über kurz oder lang Verteilungskämpfe gegeben. Heute sei dringend beides wichtig: Techniken, die wirtschaftliche Entwicklung ermöglichten und CO2-Entlastung böten. Wir müssten das bei uns belegen. Da mache es Probleme, wenn wir zwar bei 30 Prozent Erneuerbare seien, gleichzeitig aber die CO2-Werte anstiegen.

Töpfer plädierte unmissverständlich dafür, das Ordnungsrecht einzusetzen, "um alte Kohlekraftwerke aus dem Markt heraus zu bekommen". (Töpfers IASS und dasDIW haben bereits Grenzwerte für alte Kohlekraftwerke vorgeschlagen.)

Die Technik sei heute so weit, dass es immer attraktiver werde, wenn Menschen ihre eigene Energie erzeugten – Eigenverbrauch sei aktuell wie nie. Das Merit-Order-System sei ein grenzkostenorientiertes System – in diesen Markt komme jetzt eine grenzkostenfreie Technik hinein, das schaffe Probleme. Die Konsequenz seien Flatrates. Noch gebe es eine zusätzliche Unterstützung für den Eigenverbrauch: Die weitere Entwicklung von Speichermöglichkeiten, kleine dezentrale Speicher.

Marktdesign –Töpfer fordert Einmischung der EE-Branche in die Politik

Töpfer vermisste die politische Intervention der Erneuerbaren-Energien-Branche: „Ich habe noch keine Stellungnahme der Erneuerbaren-Energien-Branche zum Grünbuch gesehen. Wenn Sie sich nicht melden, können Sie sich nicht beschweren, dass andere entscheiden.“ Es sei dringlich, dass aus der Branche heraus gefragt werde, was zu erwarten sei, wenn aus dem Grünbuch ein Weißbuch werde.

Wir hätten jetzt einen Strompreis von 26-28 Cent je Kilowattstunde – im Ausland werde "dies für etwas für reiche Leute gehalten". Die 9 Cent für Erneuerbare verdanken wir den Investitionen in Forschung und Entwicklung in der Vergangenheit. Früher seien Forschung und Entwicklung nie über den Preis finanziert worden. Aber jetzt werde die Umlage auf eine immer kleiner werdende Größe verteilt: jeder Eigenverbraucher vermindert die Zahl derer, die bisher zur Bezahlung der Entwicklung beigetragen haben. Daher sei der Vorschlag aus dem IASS für einen Innovationsfonds gekommen. "Jetzt, wo alle Versicherungen händeringend nach Investitionen suchten, legen wir immer noch um – und das für 20 Jahre. In der Pharmaindustrie wird für jedes neue Medikament ein Patent beantragt, dadurch kommt es zu anderen Preisen, um die Entwicklung zu refinanzieren."

Keine Angst vor China

Wir sollten uns laut Töpfer "über alles freuen, was China auf diesem Sektor macht". Es gebe kein Wirtschaftswachstum ohne Erneuerbare, also müsse China "alle Energie-Techniken nutzen, auch weiterhin Fossile, allerdings mit abnehmender Tendenz – weniger wegen des Klimawandels, sondern wegen der Wasserintensität – Kohle und Atomenergie sind sehr wasserintensiv. Wir profitieren mit davon; wir produzieren die Maschinen für die Modulproduktion, die nächste Generation werden wir ebenfalls entwickeln."

Töpfer stellte die Frage in den Raum: Was machen die USA, was Japan? Denen falle der Einstieg jetzt leicht, sie könnten kostenlos auf die hochkostenintensive Entwicklung zurückgreifen. Aber "niemand kann verlangen, dass die Chinesen CO2 senken und zu Hause keine erneuerbaren Energien produzieren – China ist 18mal größer als Deutschland." Wir bräuchten dort Stabilität; niemand solle der Meinung sein, da werde uns der Rang abgelaufen. Daher muss die Energiewende wirklich klappen – unter intensiver Beobachtung des Auslands", so Töpfer weiter. (Gerhard Hofmann)

Die Zusammenfassung der wesentlichen Punkte von Töpfers Keynote stammen von Gerhard Hofmann (Agentur Zukunft,solarify.eu). Er stellte dankenswerter Weise seine Aufzeichnung zum Nachdruck zur Verfügung.

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