Gastkommentar von Eicke R. Weber: Kosten für die Stromerzeugung werden nicht steigen

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Es stimmt, dass die Erneuerbare-Energien-Gesetz-Umlage um rund 1,6 Cent steigt, von 3,7 Cent pro Kilowattstunde (kWh) auf 5,3 Cent/kWh. Bei einem Strompreis um 24 Cent/kWh entspricht dies sieben Prozent Steigerung. Dazu kommt ein Anstieg von anderen Umlagen wie Netzentgelt (0,6 Cent/kWh), so dass sich in der Tat Preissteigerungen von zehn Prozent und mehr aufsummieren können. Derartige Preissteigerungen sind ärgerlich und bereiten Haushalten mit knappem Budget Schwierigkeiten. So erschallt schnell der Ruf nach einem Abbremsen der Energiewende, der Zubau der Erneuerbaren gehe viel zu schnell.

Dabei sollten wir nicht vergessen, was die Früchte der Energiewende sein werden: Heute gewinnen wir Dreiviertel unseres Stromverbrauchs aus importierten Brennstoffen wie Öl, Steinkohle und Gas, der Verarbeitung von importiertem Uranbrennstoff in Kernreaktoren, sowie auch einem Anteil heimischer Braunkohle. 25 Prozent stammen aus der heimischen Stromerzeugung basierend auf erneuerbaren Energien, besonders Wind, Solarenergie, Wasserkraft und Biomasse, und wir sind stolz darauf, dass wir dies rascher erreicht haben als erwartet.

Wenn wir diesen Anteil nicht weiter erhöhen, bleiben wir abhängig von künftigen Preissteigerungen, von den politischen Problemen des Imports aus instabilen Regionen ganz zu schweigen. Dazu kommt natürlich das Hauptproblem unserer Generation, die Beherrschung des Klimawandels, ausgelöst durch die immer stärker zunehmende Veränderung der Zusammensetzung unserer Atmosphäre, besonders des besorgniserregenden Anstiegs von Kohlendioxid weit über die Maximalwerte der letzten Millionen Jahre hinaus.

Weiterer beherzter Fortschritt im Zubau der erneuerbaren Energien verspricht uns dagegen, möglichst rasch diese Ära der fossilen Energien durch die Umstellung auf erneuerbare Energien zu verlassen.

Neben dem Zubau der erneuerbaren Energien sind dazu natürlich flankierende Maßnahmen erforderlich, wie erhöhte Effizienz im Umgang mit Energie, Entwicklung und Ausbau von Energiespeichern, Verstärkung der Netze sowie auch deren Umstellung auf intelligente Netze. Darin wird den Verbrauchern Strom zum jeweils gültigen Preis verkauft. Großer Verbrauch kann so auf die Zeiten des niedrigsten Preises verlegt werden.

In meinem Institut, dem Fraunhofer ISE, haben wir detailliert untersucht, wie die Stromgestehungskosten heute und nach einer angenommenen Umstellung auf 100 Prozent erneuerbare Energien sein werden. Die Analyse zeigt eindeutig, dass die Stromerzeugungskosten nicht höher als heute sein werden: Statt der Kosten von Brennstoff entstehen nur noch Kosten der Abschreibung und des Unterhalts der entsprechenden Anlagen. Dagegen können wir mit Sicherheit annehmen, dass die Strompreise in Deutschland ohne Energiewende durch die Verknappung der fossilen Brennstoffe bedeutend höher sein würden als heute.

Was können wir tun, um den höheren Strompreisen in der Umstellungsphase zu begegnen, in der die meisten der Investitionskosten anfallen für Erzeugung, Verteilung und Speicherung des Stroms aus erneuerbaren Quellen?

Sicherlich ist der erste Schritt der sorgfältigere Umgang mit Strom: Der Stand-by Modus von Fernseher und anderen Geräten kann durch Steckerleisten mit Schalter ausgeschaltet werden. Leuchten, die noch nicht mit stromsparenden Birnen ausgestattet sind, sollten nur so kurz wie möglich genutzt werden. Ebenso elektrische Heizer, schlimme Stromfresser. Wasch- und Spülmaschine können kostenbewusst genutzt werden.

Schließlich aber wird auch der sparsamste Haushalt noch einen erheblichen Stromverbrauch haben. Hier hülfe ein neuartiger Stromtarif: ein geringer Strompreis für den Grundbedarf jedes Haushalts und rasch steigende Stromkosten für die Energieverschwender, mit Ausnahmen beispielsweise für Nachtstromspeicherheizungen. Es ist absurd, dass unsere heutigen Stromtarife den Haushalten mit großem Stromverbrauch geringere Strompreise pro kWh bieten als sparsamen Haushalten.

Mit diesen Maßnahmen ließe sich der Effekt der zunächst steigenden Stromkosten in der Energiewende abfedern, bis wir in zehn bis zwanzig Jahren mit einer Stromversorgung überwiegend aus erneuerbaren Quellen das Gelobte Land stabiler Strompreise aus erneuerbaren Quellen erreichen, die bedeutend niedriger sein werden, als wir es in Fortsetzung des bisherigen Trends erleben würden.

– Der Autor ist seit 2006 Direktor des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg und Inhaber des Lehrstuhls für Physik / Solarenergie an der Fakultät für Mathematik und Physik und an der Technischen Fakultät der dortigen Albert-Ludwigs-Universität. –

Die Erstveröffentlichung des Kommentars erfolgte in der Badischen Zeitung am 8. Dezember.

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