Für Astronergy kam Conergy-Übernahme „just in time“

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„Just in time“ war das Schlagwort des Tages in Frankfurt (Oder). „Just in time“ hatte der chinesische Modulhersteller Astronergy, eine hundertprozentige Tochter der Chint-Gruppe mit Hauptsitz in Hangzhou, kurz vor Weihnachten 2013 die hoch automatisierte Modulfertigung der insolventen Conergy erworben. Nach Aussagen von Thomas Volz, Geschäftsführer der Astronergy GmbH, endete die Verkaufsverhandlung in einer Marathonsitzung bei einem Notar in München – über den gezahlten Kaufpreis herrscht Stillschweigen – und wäre die letzte Verhandlungsrunde nicht mit Erfolg gekrönt, hätte die insolvente Conergy Solarmodule GmbH am nächsten Tag die Modulfertigung in Brandenburg dicht machen müssen. Dies hätte wohl auch ein Ende der Verkaufsbemühungen bedeutet.

Am Dienstag wird die Übernahme, die formell am 1. Januar 2014 erfolgte, gefeiert und anwesend ist auch der Chairman of the Board, Cunhui Nan, der sogar seine Familie zu den Feierlichkeiten mitgebracht hat. Wie Nan während der Pressekonferenz deutlich macht, hat er vor genau 30 Jahren in China die Chint-Gruppe gegründet, die inzwischen zu den 100 größten Privatunternehmen in China zählt. Mit über 30.000 Mitarbeitern weltweit hat Chint im vergangenen Jahr einen Umsatz von 30 Milliarden US-Dollar erzielt. Im Vergleich dazu ist die Solartochter Astronergy mit 4000 Mitarbeitern und einem Umsatz im Jahr 2013 von 810 Millionen US-Dollar direkt klein.

Für die 210 Mitarbeiter in Frankfurt (Oder) kam die Rettung nicht nur „just in time“, sondern der Käufer scheint auch beste Voraussetzungen mitzubringen, um im harten Wettbewerb langfristig zu bestehen. Darauf kommt es nämlich jetzt an, dem Käufer zu beweisen, dass sich der Kauf gelohnt hat und dass die brandenburgische Produktionsstätte sich zum Sprungbrett in den europäischen Markt entwickeln kann. Chairman Nan nennt auch die zentrale Lage der Fertigung in Frankfurt (Oder) und dass diese Lage für andere Bereiche der Chint-Gruppe ebenfalls Vorteile bieten würde.

Die Gelegenheit, die Modulproduktion mit einer Gesamtkapazität von 300 Megawatt zu erwerben, bot sich zu genau zur richtigen Zeit an. Astronergy hatte im letzten Quartal 2013 seine heimische Produktion mit einer Gesamtkapazität von einem Gigawatt (Zell- und Modulproduktion) komplett ausgelastet und suchte nach weiterer Kapazität, in erster Linie um die eigene massive Projektpipeline vornehmlich in China zu bedienen. Astronergy betreibt 1,2 Gigawatt an Photovoltaik-Anlagen weltweit und hat in Europa bereits einige Großanlagen in Betrieb. So passte die hochmoderne Fertigung in Brandenburg sehr gut zu den Erweiterungsplänen der Chinesen, die somit auch unter den EU-Mindestpreisen für chinesische Solarmodule bieten können.

Volz zufolge „hat das Werk in Frankfurt (Oder) die Gelegenheit geboten, dieses Leck zu schließen“, denn sonst hätten die EU-Mindestpreise den europäischen Markt für Astronergy weitgehend abgeschottet. So liegt der EU-Mindestpreis für Astronergy bei 0,57 Euro pro Watt, der derzeitige Marktpreis aber um die 0,54 Euro.

Neue Perspektiven in Europa

Mit der Übernahme des Conergy-Werks eröffnen sich also neue Chancen für Astronergy, nicht nur in Europa, sondern auch anderswo, wenn bestimmte europäische Institutionen an einem Solarprojekt beteiligt sind. „Made in Germany“-Module sind etwa eine zwingende Voraussetzung für eine Exportfinanzierung durch die deutsche Hermes. So wird das Conergy-Werk demnächst bis nach Chile liefern, weil Hermes die Finanzierung dieses Exportgeschäfts sichergestellt hat.

Für die Belegschaft in Frankfurt (Oder) ist das ein gewaltiger Wandel. Vor etwas mehr als einem halben Jahr musste Conergy in Hamburg den Insolvenzantrag stellen. Nun sind bereits drei von fünf Produktionslinien rund um die Uhr in Betrieb und mit etwas Glück kommen bis Ende Juni noch die restlichen zwei Linien dazu. Astronergy hat ebenfalls das Labor von Conergy übernommen und stellt klar, dass Frankfurt (Oder) auch auf der Forschungs- und Entwicklungsseite seinen Beitrag leisten wird. Alleine der hohe Automatisierungsgrad der Modulproduktion ist für die Chinesen eine Art Teststrecke, um neue kostensparende Verfahren auszuprobieren und einzusetzen.

Die Kostensituation in den Griff zu bekommen, ist überhaupt das Kernthema für Thomas Volz. Können die Brandenburger dies sicherstellen, ist die Basis für weitere Entwicklungen am Standort Frankfurt (Oder) geschaffen. Mit Astronergy und Chint haben sie einen schlagkräftigen Partner gewonnen, der mit einem internationalen Netzwerk viel Potenzial für langfristiges Wachstum bietet. (Eckhart Gouras)

Mehr zur Zukunft der Modulproduktion am Standort Deutschland finden Sie auch in unserer nächsten Ausgabe von pv magazine Deutschland. Sie erscheint am 4. März.

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