EU will Energie- und Klimapolitik neu ausrichten

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Am Mittwoch treffen sich in Brüssel die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedsstaaten. Auf dem Gipfel sollen auch Beschlüsse zur Energie- und Klimapolitik gefasst werden. Die EU wolle sich künftig darauf konzentrieren, „erschwingliche Energie“ zu erzeugen, zitiert die „Süddeutsche Zeitung“ aus dem Entwurf der Beschlüsse. Dies sei wichtig um Jobs und Wachstum zu schaffen. Daher solle künftig die Förderung erneuerbarer Energien kostenorientiert umgebaut, andere Technologien zur Energieerzeugung unterstützt und die Klimapolitik neu ausgerichtet werden, soll es weiter in dem bereits zwischen den Regierungen abgestimmten Entwurf heißen.

Die EU geht damit anscheinend auf Forderungen aus der Industrie ein, die immer wieder die stark steigenden Energiepreise als Wettbewerbsnachteil anprangern. In einem offenen Brief an den irischen Regierungschef Enda Kenny, der derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, moniert Markus Beyrer, Chef des Verbandes der europäischen Industrie (Business Europe), dass die Strompreise für die Industrie in der EU bis zu dreimal höher seien als in den industriellen Bundesstaaten in den USA. Auch habe sich der Abstand in den vergangenen zehn Jahren signifikant vergrößert. Diese Behauptung ist mit Blick auf die Entwicklung der Industriestrompreise und der  allgemeinen Börsenpreise in Deutschland kaum belegen. Während die Energiekosten für Privathaushalte in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen sind, blieb der Industriestrompreis weitgehend stabil. Er sei auch mit dem im US-Bundesstaat Kalifornien vergleichbar, sagt Dirk Morbitzer, Geschäftsführer von Renewables Analytics.

Erst im Januar verkündete die Strombörse EEX in Leipzig, dass der Börsenpreis auf den niedrigsten Stand seit 2005 gesunken sei. Dabei ist die Einspeisung von erneuerbaren Energien gerade in Deutschland in den vergangenen Jahren massiv gestiegen. Es sind die Erneuerbaren wie Photovoltaik und Windkraft die die Preise purzeln lassen. Von den fallenden Börsenstrompreisen wiederum profitiert aber nicht der private Stromkunde, sondern vor allem die Industrie, die ihre Energie direkt an der Börse einkauft.

Business Europe behauptet nun aber in seinem Schreiben an die EU-Ratspräsidentschaft, dass gerade die Förderung der erneuerbaren Energien massive Auswirkungen auf den Preis habe. Durchschnittlich sei sie im Jahr 2011 für eine Preissteigerung von 13 Euro je Megawattstunde verantwortlich gewesen. Die Fördersumme habe dabei 37 Milliarden Euro betragen. Diese Summe werde sich bis 2020 auf 50 Milliarden Euro steigern, schreibt Beyrer weiter. Auch der Emissionshandel und der weitere Anstieg der CO2-Zertifikatspreise spiele bei den Preissteigerungen eine Rolle. Business Europe fordert so auch von der EU einen Ansatz, der einerseits die allgemeinen Energiepreisentwicklungen weltweit berücksichtigt. Auf der anderen Seite sollte die EU ihre Politik nun darauf ausrichten, auch Technologien wie Schiefergas oder Energieeffizienz mehr zu unterstützen.

Die EU ist weitgehend auf diese Forderungen eingegangen. Die SZ zitiert noch weiter aus dem Entwurf, wobei die EU-Kommission wohl eine Unterstützung für die Stahlindustrie plant.  Die EU-Mitgliedsstaaten sollten Maßnahmen erwägen wie "das zeitweise Einfrieren von Steuern und Abgaben über zwei Jahre" oder die Ausnahme energieintensiver Unternehmen von Abgaben für grüne Energien oder den Ausbau der Netze, heißt es laut Zeitungsbericht in einem Entwurf. Außerdem wolle der deutsche EU-Energiekommissar Günther Oettinger noch eine Initiative zur Förderung von Schiefergas starten.

Grüne kristisieren Pläne

Die Grünen sehen die Pläne der EU-Regierungschefs sehr skeptisch. "Wenn billige Kohle, Atomenergie und Schiefergas europäische Prioritäten sind, ist das eine Rolle rückwärts in die Vergangenheit", sagte Claude Turmes von den Grünen im Europaparlament. Auch er verwies auf das Beispiel Deutschland, wo Unternehmen derzeit weniger für Energie zahlten als noch 2007/2008. Hintergrund sei, dass eine Vielzahl an Unternehmen von der EEG-Umlagezahlung weitgehend befreit ist und daher die Kosten auf die privaten Haushalte abwälzt. Setze die Industrie jetzt sogar einen allgemeinen Preisdeckel durch, müssten private Verbraucher sich einstellen, auch die Milliarden Euro für den geplanten Netzausbau alleine zu zahlen, so Turmes weiter.

EU-Energiekommissar Oettinger kämpft schon lange für eine Harmonisierung der Förderung erneuerbaren Energien in Europa. Dahinter verbirgt sich zugleich ein Angriff auf das EEG, das Oettinger und viele Liberale gern durch ein Quotenmodell ersetzt sehen würden. (Sandra Enkhardt)

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